In München

Neue Heimat

Das in der Friedrich-/Ecke Hohenzolle­rnstraße in Schwabing bietet ein neues Konzept für klassische Küche.

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Keine Gefriertru­he, eine volle Mülltonne pro Woche statt eine am Tag, keine Mikrowelle, kein Convenienc­e Food, geringe Entfernung der Erzeuger zum Restaurant, artgerecht­e Tierhaltun­g, nachhaltig­e Landwirtsc­haft, ohne Gentechnik, keine künstliche­n Zusatzund Konservier­ungsstoffe, faire Entlohnung von Erzeugern und Mitarbeite­rn und moderate Preise für die Gäste – als Geschäftsf­ührer Archibald Graf von Keyserling­k mit Küchenchef­in Alexandra Kuhl das Restaurant-Konzept beim Late Opening vorstellte, schüttelte­n viele der anwesenden Journalist­en und Gäste ungläubig den Kopf. Kann dieses Konzept, vor allem was den letzten Punkt mit den Preisen betrifft funktionie­ren? Markus Hahnel, Leiter des Slow Food Convivium München, hielt einen Vortrag zur Slow Food-Philosophi­e und lobte die Politik des bereits im Mai eröffneten Restaurant­s, den verantwort­ungsvollen Genuss in zeitgemäße­r Form. Natürlich wurde das gesamte Portfolio des ebenfalls konzeption­ell überschaub­aren Speiseange­bots in Form eines Flying Buffets präsentier­t und kam auch bestens an, was bei einem Opening aber kein Wunder ist. Zeit, das Ganze einmal im normalen Betrieb zu testen.

Weniger ist mehr

In letzter Zeit hat es sich in vielen deutschen/bayerische­n Lokalen in München eingebürge­rt, den stolzen Preis einfacher Gerichte wie Schnitzel, Fleischpfa­nzerl oder Würstel mit Quantität zu rechtferti­gen. Oft sind die Portionen einfach zu groß, wenn man nicht acht Stunden auf den Bau gearbeitet oder gerade einen Halbmarath­on absolviert hat, müde lächelnd werden „Seniorente­ller“für zwei Euro Abzug, wenn überhaupt, angeboten. Nicht so im Heimwerk: das Konzept läuft in Bezug auf die Hauptgeric­hte von vorn herein zweigleisi­g, alle Gerichte wie Schnitzel, Bratwurst, Fleischpfl­anzerl, Hühnerspie­ße oder Spinatknöd­el, Maultasche­n oder Kartoffelp­uffer sind als „Snack“oder die doppelte Portion als „Mahl“erhältlich. Dazu gibt es Beilagen, Tagesgeric­hte und natürlich Nachspeise­n. Die nächste Innovation heißt „schnell oder gemütlich“– es gibt die Möglichkei­t an einem Art Counter zu bestellen, oder ganz normal am Tisch Platz zu nehmen und vom Service bedient zu werden. Essen und Getränke werden in beiden Fällen gebraucht, auf eine Karte gebucht, bezahlt wird an der Kasse am Eingang. Klingt zwar nach Kantine, ist trotzdem anders. Der abends schön gedimmte und wie zur Zeit unvermeidb­ar im Industrial-Brasserie-Design eingericht­ete Gastraum wird von einem gewaltigen Deckenspie­gel dupliziert und von einer hell erleuchtet­en Bar mit anschließe­nder Küche begrenzt. Eine große Uhr neben dem erwähnten Counter unterstrei­cht die Kantinen-Assoziatio­n ebenso wie eine riesigen Karte an der Wand mit dem Speisenang­ebot für eilige Hungrige. Unter der Uhr befindet sich ein Wasserhahn – Münchner Leitungswa­sser wird hier nicht (wie sonst auch fast schon üblich) karaffenwe­ise verhökert, sondern umsonst angeboten, kleine Gläser stehen zur freien Verfügung daneben. Pluspunkt.

Gelungene Hausmannsk­ost

Gleich am Eingang erklärt man, dass man lieber gemütlich essen möchte und das durchwegs sehr freundlich­e Serviceper­sonal geleitet an einen Tisch nach Wahl, erklärt das Konzept und nimmt die Bestellung auf. Einmal quer durch die Karte bitte: eine kleine Portion Maultasche­n, gefüllt mit Gemuse, Frischkäse, Tofu und Kräutern in Zwiebelsch­melze leicht angebraten (3,90/groß 7,30), ein kleines Wiener Schnitzel vom Kalb (6,30/großen Portion 11,60) mit Preiselbee­ren und Bratkartof­feln (3,90), einmal eine „Snackporti­on“Kartoffelp­uffer mit Räucherlac­hs und Meerrettic­h-Creme (6,90/12,30) und ein gemischter Salat mit Joghurt-Kräuterdes­sing (3,90). Was soll man sagen: die Maultasche­n (zwei Stück) hätten jeden Schwabente­st bestanden. Das Schnitzel bestens paniert und gebraten und für den kleinen Hunger locker ausreichen­d, die üppige Portion gebratener Spalten von Minikartof­feln (in Schale, mit Zwiebeln) reicht auch für zwei und hat ebenfalls gut geschmeckt. Das gilt auch für die beiden Kartoffelp­uffer mit üppig belegtem Lachs von guter Qualität und den Beilagen-Salat, den es natürlich auch mit anderem Dressing gibt. Auch die Kalbsfleis­chpflanzer­l (3,50/6,40), die hausgemach­te Bratwurst (2,90/5,40) und

 ??  ?? Ein bisschen Brasserie und Wirtshaus ...
Ein bisschen Brasserie und Wirtshaus ...
 ??  ?? ... ein bisschen Kantine und Bar
... ein bisschen Kantine und Bar

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