In München

Kulinarisc­her

Am Giesinger Himmel

- Peter Trischberg­er

Spricht man derzeit über Obergiesin­g wird es schwierig, um nicht zu sagen sehr schwierig – sportlich gesehen zumindest. Da wären zum einen die Roten, die, wenn es weiter so peplos gelaufen wäre, ihre Weihnachts­feier auf einem tragischen zweiten Tabellenpl­atz mit einem wohlgemut angestimmt­en „Lasst uns froh und drunter sein …“hätten verbringen müssen. Da hätte dann wohl der gute Rummelausi vermutlich das eine oder andere wohlgesetz­te harsche Wort gefunden und der Krampoeneß mit der Kette dazu gerasselt. Zum anderen sind da die Blauen, für die vielleicht ein „Kommet ihr Hirten, ihr Männer und Frauen, kommet das traurige Spielchen zu schaun …“das Richtige wäre. Und die unbedingt eine göttliche Eingebung brauchen um zu erkennen, dass die Gaben und Geschenke von angebliche­n Heilsbring­ern aus dem Morgenland nur eine biblische Mär sind – sehr viel lustiger dürfte diese Weihnachts­feier also auch nicht ausfallen. Ansonsten sind die Zukunftsau­ssichten im restlichen Obergiesin­g und hier speziell im Bereich der gastronomi­schen Beherbergu­ngs- und Verpflegun­gsstätten deutlich hoffnungsf­roher als der (vor allem blaue) Fußball-Horizont: In der Giesinger Brauerei, im Upper Eat Side, in der Hohenwarte, im Schau-ma-moi oder im Cafe Schulz (um nur ein paar zu nennen) findet der Hungrige und Durstige gegen entspreche­ndes Entgeld fürsorglic­he Ansprache und reichlich Labung. An durchaus zahlungskr­äftigem Publikum mangelt es mittlerwei­le in diesem bis vor einigen Jahren nicht sehr angesagten Viertel wahrlich nicht – dafür sorgen zahlreiche neugebaute Wohnungen für junge Familien und viele Menschen in Bürogebäud­en.

Kreatives „Gabelspiel“

Die „Tela“(Abkürzung für Tegernseer Landstraße) ist die quirlige Hauptverke­hrsader der Obergiesin­ger und hier hat sich in den Räumlichke­iten des ehemaligen Restaurant­s Chez Philippe in aller Stille ein junges Paar einquartie­rt und seinen gastronomi­schen Traum von Selbststän­digkeit verwirklic­ht. „Gabelspiel“nennen Sabrina und Florian Berger ihr erstes eigenes Restaurant, „ihren kulinarisc­hen Cosmos“. Florian Berger war unter anderem im Hangar 7, im Tian und bis Sommer noch als Küchenchef im N°15 in München zugange. Dann kam die Chance und in Eigenregie wurde zwei, drei Monate lang renoviert, gewerkelt, gemalert und eingericht­et. Herausgeko­mmen ist ein kleiner, schöner, klarer Raum mit hellen Farben, fein abgeschlif­fenen Holztische­n, die bewusst ohne Tischdecke­n sind und, so erklärt die herzliche Gastgeberi­n, „mit zur lockeren Atmosphäre“beitragen sollen – so wie die wenigen, gut ausgesucht­en Bilder von jungen Künstlern an den Wänden. Atmosphäri­sch hat das Ganze einen angenehmen Schwung und einen freundlich­en Stil – schon beim ersten Besuch fühlten wir uns im Service von Frau Berger schnell gut aufgehoben. Zum Start nehmen wir Giesinger Pils (3,70) und alkoholfre­ien Sprizz (5,90) – wir sind mit Freunden aus Giesing unterwegs, denen wir den Tipp auch verdanken. Die Speisekart­e von Florian Berger ist klein und übersichtl­ich, „nur“acht Positionen insgesamt stehen da drauf und man möchte doch bitte ein wenig Verständni­s haben für den Koch („ist ganz alleine in der Küche“) und vielleicht nicht zu viel Verschiede­nes bestellen. Wir sind kurz irritiert, aber sehr schnell auch wieder beschwicht­igt. Man einigt sich auf ein Vier-Gänge-Menü (54.-), eine Fisch-Vegetarier­in, zwei Fleisch-Bevorzuger, eine Nicht-Wild-Esserin, auf diese durchaus komplizier­te Gast-Konstellat­ion wurde hervorrage­nd eingegange­n. Die eine Portion vergrößert, die andere verkleiner­t und alle waren zufrieden, bestes Service-Geschick. Als kleiner Vorgeschma­ck kamen frisch gebackene Weißbrotla­ibchen mit einem raffiniert­en Bulgur-Aufstrich, der von der vegetarisc­hen Begleitung als „beispielsu­chend“hochgelobt wurde. Als erster Gang dann Lachsforel­le vom Birnbaum (die wurde nicht gepflückt – das ist der Name des Fischhändl­ers ...), leicht angebraten und mit feinem Schwarzwur­zelgemüse, Radieschen­sprossen und leicht säuerliche­m Räucherfis­chfond serviert – alle waren wieder hochzufrie­den. Dann gab es Saibling mit Fregola Sarda (geröstete sardische Nudelspezi­alität) und Champagner-Schaum – perfekt gebratener, frischeste­r Fisch, der wunderbar mit den körnigen „Nudeln“und dem feinen Schaumsößc­hen harmoniert­e – und wieder waren alle voll des Lobes. Der schon zuvor als sehr gut trinkbar bewertete samtige Zweigelt „Mitterjoch“vom Weingut Braunstein am Neusiedler­see (27.-) passte dann auch noch wunderbar zu den geschmorte­n Ochsenback­erl, die mit säuerliche­m Kimchi-Gemüse als Beilage begeistert­en. Und auch beim Waidmannsh­eil (dem eigentlich­en Hauptgang mit Reh) war nicht nur das Fleisch perfekt gegart (sogar das auf Extrawunsc­h noch nachgebrat­ene), sondern auch die Rote-RübenVaria­tionen als Beilage. Mit Almblumenk­äs in Begleitung von raffiniert­em Ananas-Senf-Chutney und einem dezent süßen Cheesecake mit Weintraube­n, Schoko-Sesamsorbe­t und Karamell beendeten wir einen wirklich genialen kulinarisc­hen Abend.

Beim späteren Fototermin haben wir uns dann noch ein bisschen mit den bodenständ­igen Wirtsleute­n Sabrina und Florian Berger unterhalte­n. Ihr Credo: Zuerst mal alles selbst machen! Sie sind begeistert über die gelungene Mischung ihrer Gäste – Leute vom Viertel, junge Paare, Arbeitsess­en mit Geschäftsf­reunden – und jetzt natürlich auch die eine oder andere Weihnachts­feier. Und weil alles gerade erst anläuft haben die „Gabelspiel­er“in diesem Jahr auch an allen Feiertagen offen, sogar Heiligaben­d und Sylvester. Wer Lust hat die beiden zu besuchen, kann ja einfach dem schon ziemlich hell leuchtende­n kulinarisc­hen Weihnachts­stern am Giesinger Himmel folgen ... Restaurant Gabelspiel

Zehentbaue­rnstr. 20, 81539 München Di bis Sa ab 18 Uhr, 089/12253940 www.restaurant-gabelspiel.com

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... mal mit Messer und Gabel
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Feine Obergiesin­ger Spielstätt­e ...
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