Giftige Festtags-Plörre
Diese Künstler spucken zum Jahresende noch mal dazwischen
Wer sich so einen albernen Schnauzer zwirbelt, muss doch einfach lustig sein. Bei Horst Lichter lohnt der zweite Blick –und ein genaueres Hinhören. Nur weil er in fast jeder zweiten deutschen Kochshow am dampfenden Herd steht, möchte man mit ihm auch mal über den Tellerrand hinausgehen. Tatsächlich ist sein München-Besuch genau das richtige Nachdenkprogramm für die besinnliche Zeit – bittersüß abgeschmeckt und herb euphorisierend. Immerhin hat der selbsternannte Hotte mehr Seiten, als er gemeinhin zeigt. Zwei Hirnschläge und einen Herzinfarkt hat er bereits überlebt. Kein Wunder, dass er sein mindestens zweites Leben in vollen Zügen genießt. „In der Lebenskürze liegt ja bekanntermaßen auch die Würze“, sagt der Lichtermann. Und hat damit vermutlich ziemlich Recht. Seine „Keine Zeit für Arschlöcher! ... Hör auf dein Herz“-Lesung groovt seine Zuhörer auf die staaden Tage ein. „Nee, watt schön!“(Schlachthof, 20.12.)
Ein „Wenn’s denn sein muss: Frohes Fest“kann sich übrigens sogar Oliver Kalkofe abbringen. Der XXL-Zyniker, der sich so gerne kopfüber im TV-Urschlamm suhlt, lädt zu einer ganz besonderen, sicher aber nicht besinnlichen Bescherungsfeier. Dafür hat er im Sack ein Best-of seiner „Mattscheiben“des vergangenen Jahres mitgebracht. Feine Schundstücke und prickelnde Trash-Perlen also. Nicht ganz unwichtiger Zusatznutzen: Beim geschmacksfreien Wichteln können die scheußlichste, unbeliebtesten Weihnachtsgeschenke gleich mitgebracht und mit Oliver Kalkofe ausgetauscht werden. (Matthäser Filmpalast, 20.12.)
Mit scharfem Satireblick schaut natürlich auch Andreas Rebers auf die Festtage. Und da darf bei ihm ebenfalls Popkultur- und Medienkritik nicht fehlen. „Wir leben in einer Zeit, in der für viele junge Menschen Halloween und Silvester die wichtigsten christlichen Feiertage sind“, stänkert er. Kein Wunder, in der Weihnachtszeit laufen die besten Filme im Fernsehen – jene mit dem kleinen Lord, der kleinen Fischer-Helene und dem kleinen Silbereisen. Außerdem natürlich: der Bundespräsident und „Stirb langsam“. Allerdings: „Wenn ‚Stirb langsam‘ Karfreitag gezeigt wird, kommt am Heiligen Abend ‚Terminator‘“, weiß Rebers aus langer Beobachtung. In seinem Jahresabschluss-Solo „Weihnachten mit Onkel Andi“lässt er viele Freunde auftreten – darunter den niedersächsischen Fliesenleger, Frau Flüchtling aus Syrien, Paddy O’Shonassey aus Irland und jede Menge Clowns, die den Leuten das Leben schwer machen wollen. (Lustspielhaus, 22.12.)
Vor allem mit Letzteren kennt sich Lisa Catena bestens aus. Die scharfzüngige Schweizerin verbeißt sich gerne in der Wade der aktuellen Politik. Und sie stellt zum Jahresende die großen Existenzfragen: „Was bedeutet es für den Berufsstand des Satirikers, wenn mittlerweile die meisten Länder von Komikern und Clowns regiert werden?“. Es wird „grenzwertig“. So heißt auch das Programm. (Hofspielhaus, 16.12.)
Macht doch mal Platz, hier kommt ein Profi: Eine verbriefte und versiegelte „Diplom-Animatöse“ist bekanntlich Christine Prayon. Und diese Stärken will sie natürlich auch im gleichnamigen Bühnensolo ausspielen. Sie weiß, wie man hochprofessionell die schlechtesten Witze erzählt. Natürlich kann auch sie einige Präsidenten imitieren. Schön zu singen, ist für sie selbstverständlich. Und darüber hinaus macht sie sich nackig, um so viel Haut wie möglich zu zeigen. Das ist doch mal eine ziemlich amtliche Ansage. (Lach- und Schießgesellschaft, 22.12.)
Wer sich nicht nur auf eine Fachkraft verlassen möchte, weil die Festtage ja auch besondere Feierlichkeiten sind, der darf beim Weihnachtsbrettl nicht fehlen. HofspielhausIntendantin Christiane Brammer herself, Barbara Dorsch, Vroni von Quast und Moses Wolff legen sich dafür mächtig ins Zeug. Beziehungsweise in den Teig. Und in die Bratensoße. (Hofspielhaus, 18.12.)
Leise den Schnee rieseln, den Wein glühen und die Plätzchen knirschen lassen die ImproKönner von Bühnenpolka. Saisongerecht heißt ihr aktuelles Angebot „Merry Polka“. Und dort werden wichtige Fragen geklärt: Wie viel Alkohol verträgt ein Familienfest? Und wem gibt Weihnachten den letzten Rest? Über die genaue Rezeptur der Ungenießbarkeiten entscheidet wie üblich das Publikum vor Ort. (Hofspielhaus, 22.12.)