Dazwischen
Absurdes zum Ausnüchtern, Film, Teppiche, Wortkunst und wieder Film
Es hat sich ausgeklingelt und geböllert. Weihnachten ist rum, das neue Jahr da. Aber noch sitzt man unschlüssig zwischen 16 und 17. Offiziell beginnt das neue am 1. Januar, subjektiv aber dauert es eben ein bisschen länger, bis man ankommt. Meist hat man ein paar Tage frei und baumelt so herum. Richtungslos, aber voller guter Vorsätze. Alt und neu liegen noch zu nah beieinander. Genauso ist es in der Kunst. Die „alten“Ausstellungen laufen noch und das Neue lässt noch auf sich warten. Und? Was kann man jetzt so dazwischen machen? Einiges.
Wo man immer sehr gut hingehen kann, wenn man das Gefühl hat, man wäre seelisch noch nicht wieder nüchtern, ist das Valentin Wer es kennt, weiß warum. Wer es nicht weiß, der sollte es schnell kennenlernen. Ganz unscheinbar sitzt es da oben im Turm des Isartors und bietet der Welt die Stirn. Mit blümeranten Albernheiten, Nerven zermürbenden Wortklaubereien und absurden Realitätsauflösungen. Man weiß ja, wie einzigartig einzig Karl Valentin und Liesl Karlstadt waren. Aber Wissen ist eben nur das eine. Hier im Musäum kann man das, was die zwei ausgemacht hat, auch erleben. Zum Beispiel in dem kleinen Kino im zweiten Stock. Reinsetzen, Welt vergessen und sich am Alten für das Neue stärken.
Und dann? Gehen wir zum nächsten Kino. Naja fast. Wir gehen ins Lenbachhaus zu Friedrich Wilhelm Murnau (bis 26. Februar). Wer Film liebt, muss in diese Ausstellung. Und ins Filmmuseum. Am Sonntag, den 8. Januar startet dort eine Retrospektive zu Murnau mit Live-Musik und dem Film „Der Gang in die Nacht“(alle Infos und Termine hier: muenchnerstadtmuseum.de). Bis zum 18. Februar laufen dort parallel zur Ausstellung 14 Filme von Friedrich Wilhelm Plumpe, wie Murnau noch hieß, als er 1888 in Bielefeld zur Welt kam. Gestorben ist er 1831 in Kalifornien und dazwischen hat er 21 Filme gedreht, von denen einige verschollen sind. Das Filmmuseum zeigt alle erhaltenen Filme in restaurierten Fassungen, begleitet von international renommierten Stummfilmmusikern. Das gibt’s nicht alle Tage. Den Künstlernamen „Murnau“legte er sich nach einem Sommer im oberbayerischen Ort Murnau zu. 1910 war das. Er war mit der Autorin Else Lasker-Schüler und den expressionistischen Blaue-Reiter-Künstlern befreundet. Denen war egal, dass er homosexuell war und Schauspieler werden wollte. Seine Eltern fanden beides nicht gut. Sein Interesse für den Expressionismus ist das Verbindungsglied zum Lenbachhaus, dem mit dieser Ausstellung eine Hommage an seine innovative Filmsprache gelungen ist. Man hat zeitgenössische Regisseure eingeladen, sich in Filmessays und Kurzfilmen mit Murnau zu beschäftigen. Alexander Kluge, Ulrike Ottinger, Guy Maddin und Evan Johnson, Luc Lagier und ein Team der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film untersuchen in insgesamt fünf Beiträgen jeweils ein Werk Murnaus mit filmischen Mitteln. Sehenswert.
Und jetzt? Reisen wir zum Dach der Welt. Aus dem Land des Schneelöwen. Kostbarkeiten aus Tibet 15. –20. Jahrhundert (bis 18. Juni) heißt die Ausstellung im Museum Fünf Kontinente. Schwerpunktthema sind: Teppiche.
Warum? Weil Teppiche wichtiger Teil der tibetischen Kultur sind. So gibt es zum Beispiel Teppiche zum Sitzen und Schlafen oder als Ausstattung für Reitpferde. Sie faszinieren durch die Vielfalt an Formen und Motiven und die Perfektion ihrer Technik. Besonders schön sind die „takyab“genannten Knüpfteppiche, die man den Pferden als Schmuck auf die Stirn bindet. Man nennt sie auch „Pferdejuwelen“, so wunderschön und farbenfroh sind diese kleinen Teppiche. Und natürlich gibt es auch einen kleinen gefährlichen Schneelöwen aus vergoldetem Kupfer, der beide Vordertatzen hebt und grimmig schaut.
Und jetzt? Ab in die Villa Stuck! Da läuft nur noch bis Sonntag, den 8. Januar die fulminant und bunt verspielte Werkschau Douglas Coupland. Bit Rot. Könnte sein, dass das Buch, mit dem er bekannt wurde, bei Ihnen im Buchregal steht: „Generation X“. Erschienen ist es 1991. Der Kanadier Douglas Coupland ist ein Hybrid aus Schriftsteller und bildendem Künstler. Wir Europäer haben zwar seine Bücher gelesen, seine Kunst aber kennen wir meist nicht. Das kann man jetzt ändern. Ein assoziativer Kosmos aus verschiedensten Arbeiten vermittelt Couplands Gedanken zu Themen wie Globalisierung, Terror, Internet, Popkultur oder sozialen Medien. Coupland sagt: „Meine Bücher beinhalten immer zu einem gewissen Teil Ideen für Installationen und Arbeiten [...]. Ausstellungsstücke werden zu einer Materialisierung von Wörtern und einige der Wörter in diesem Buch sind quasi die Entmaterialisierung von Ausstellungsgegenständen.“
Und jetzt? Gehen wir wieder ins Kino. Große Ereignisse werfen bereits ihre Schatten voraus. Das Warten hat ein Ende, das nächste Kino der Kunst Festival steht an. Am besten Sie streichen sich schon jetzt die fünf Tage vom 19. bis zum 23. April dick und rot im Kalender an. Es ist zwar noch ein bisschen hin, aber man kennt das ja: Irgendwann kommt das neue Jahr in Schwung und mal selber kaum mehr mit. Zum cineastischen Vorglühen startet bereits am 11. Januar eine Filmreihe im
Thema: Malerei und Film (alle Filme und Termine unter: kinoderkunst.de oder muenchner-stadtmuseum.de). Los geht es mit „Die Mühle und das Kreuz“von Lech Majewski, der letzte der insgesamt sieben Filme ist „Pollock“von Ed Harris. Zu jedem Film gibt es eine Einführung, und auch hier ist für Abwechslung gesorgt. Den Anfang macht Bernhard Maaz, der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, der Filmemacher Klaus Wyborny ist dabei, Ulrich Pfisterer, der Direktor des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, das Künstlerduo M+M, Heinz Peter Schwerfel, Künstlerischer Leiter des Kino-der-Kunst-Festivals oder der Maler Carsten Fock.