Sylvie Schenk
Schnell, dein Leben (C.H. Beck)
Es ist nicht wirklich überraschend, wenn man mit über 70 sein Leben Revue passieren lässt. Dann aber doch. Dann eben, wenn man es so macht wie Sylvie Schenk in ihrem Altersroman, dem man getrost unterstellen darf, dass er auch viel von der in Frankreich geborenen Autorin weiß. Es ist eine Art Autobiografie in der denkbar ungewöhnlichsten Form: Angesprochen wird ein Du – wie in einem Tagebuch. Und das ist vielleicht die ehrlichste, aber auch befremdlichste, gelegentlich sogar irritierend naive Form, mit sich selbst und den Widersprüchen der Existenz in den Dialog zu treten. Tatsächlich bleibt sehr viel offen in der Erzählung einer Frau, die als Mädchen in der französischen Provinz, in den sehr abgelegenen Alpen, aufwuchs. Der Aufbruch in die weitere Welt bot ihr erst ihr Studium – und dann Johann, ein Austauschstudent aus Deutschland. Ihn heiratete sie. Sie gründete ein Familie, arbeitete in der neuen Heimat als Lehrerin – und begann erst spät zu schreiben. Doch was man über dieses Du erfährt, wird zunehmend ungemütlich. Und das hat vor allem mit dem typisch deutschen Verstummen und einer brutalen, lange geheim gehaltenen Familiengeschichte zu tun. Was den Roman ungewöhnlich macht, ist der Stilwille, sich in einer fremden Sprache und einer eigenwilligen Denkweise einzunisten. Und die Rasanz eines fast atemlosen Erzähltempos, das schon im Titel anklingt. Kaum ein Kapitel ist länger als zwei Seiten. Was nicht aufgeschrieben wird, verschafft sich dazwischen umso lauter Gehör.