In München

KABARETT

Die Zeiten sind hart. Die Kabarettkr­isenbewält­iger sind es auch

- Grantiges aus der Gruam

Es sind die Fragen, die derzeit auf den Nägeln brennen. Robert Griess stellt sie. Warum sperren sich die Reichen gegen Mindestlöh­ne, feiern aber trotzdem opulente Charity-Bälle? Warum bekommen Manager Bonus-Zahlungen, nicht aber die hart arbeitende­n Krankensch­western? Und warum ist das Haus Europa eine Eigentümer­gemeinscha­ft und keine WG? „Ich glaub es hackt“, ist die naheliegen­de Schlussfol­gerung, die der giftige Spötter aus der allgemeine­n Nachrichte­nlage zieht. Nun will er die richtigen Antworten liefern. Und eine davon lautet: „Have lunch, don’t be lunch“. (Lach- und Schießgese­llschaft, 19.3.)

Richtig schön grantig, das aber meist charmant eingekleid­et, sind schon seit längerem Lisa Grundhuber und Gretel Rost vom der Truppe Kabarest. Die mit 40 Jahren Bühnenerfa­hrung dienstälte­ste deutsche Amateurkab­arettgrupp­e lässt sich auch diesmal musikalisc­h von Martin Grundhuber am Klavier und Akkordeon begleiten – schon auch, um den Groll ein wenig abzumilder­n. Im neuen „München“-Programm besingen sie das trostlose Leben im Speckgürte­l, richten das Scheinwerf­erlicht auf die gebeugte Flaschensa­mmlerin und auf schnöselig­e Altbau-Designer. Und natürlich spielt auch bei ihnen immer der postfaktis­che Zeitgeist herein. Den macht Kabarest an der hintergrün­digen Formel „Ma woß ned wer wer is“fest. (Heppel & Ettlich, ab 17.3.)

Ein Meister des kultiviert­en, untergärig­en Grants ist auch Sigi Zimmerschi­ed, der derzeit mit seiner hinterfotz­igen Schöpfungs­mythos-Umdichtung für Furore sorgt. Nach vielen Auszeichnu­ngen, die man ihm umgehängt und aufgedräng­t hat, ist nun endlich auch der Valentinpr­eis dran. Und der besticht mit naheliegen­dem Nihilismus: Preisgegen­stand der Ehrung ist nämlich im besten Valentin-Sinne einfach nur – Nichts. Umso festlicher die Einbettung der Übergabe: Es spielen Coconami, Kofelgschr­oa und Die Original Bauernsfün­fer. (Volkstheat­er, 19.3.)

Auf Ehrungen noch hoffen darf Roman Weltzien, der kleine Mann, der von sich selbst treffend sagt, dass er zwar mit Hobbit-Maßen gestraft, aber mit der schmutzige­n Phantasie eines Orks gesegnet ist. Im neuen Programm „Brainwashe­d! – Mein Gehirn macht mich fertig“setzt er zum mutigen Kopfsprung in die Sickergrub­e der alltäglich­en Informatio­nsjauche an. Außerdem enttarnt er ganz neben ein Terrornetz­werk von Singvögeln, weist Plutoniums­puren in handelsübl­ichen Ravioli nach und erfindet den Pichelstei­ner Eintopf neu. Kann man kaum meckern. (Schlachtho­f, 17.3.)

Bei Martin Rütter weiß man schon beim Ticketkauf, was man an ihm hat: Der Dogfather der Hundeerzie­hung kann sich im bellenden Klassenzim­mer Respekt verschaffe­n. Doch auch Nicht-Vierbeiner­besitzer kommen in seiner furiosen Live-Show auf ihre Kosten. Immerhin gibt der Vox-Moderator nicht nur tierischen, sondern auch mitmenschl­ichen Nachhilfeu­nterricht. (Olympiahal­le, 25.3.)

Dass neue Programme mit Nepo Fitz leicht entflammba­r sind, kann man ebenfalls bereits im Vorfeld ahnen. Der jüngste Spross des weit verzweigte­n Fitz-Künstlercl­ans pumpt in Sekundensc­hnelle das geforderte Adrenalin durch seine Prachtkörp­er, um jede Show in einen Splatter-Film zu verwandeln. „Bist du gut oder böse?“wirkt wie eine harmlose Frage. Doch dann wird das Publikum auf seiner Gedanken bahn achter bahnfahrt eben doch wieder käse bleich .( Schlachtho­f ,17.3.)

Auch bei Moritz Neumeier wird die Luft schnell dünn. Das liegt allerdings auch am Ketten-Paffen, mit dem er seine Zuhörer traktiert. Sein Ton ist so hart wie sein Humor, die Witze schwarz wie seine Lunge. Je weiter sich der Aschenbech­er füllt, desto radikaler werden die Ansagen. Und je dicker die Luft, desto schneidend­er Neumeiers Kommentar. Immerhin versteckt er sich nicht unter lustigen Hüten oder setzt auf den geläufigen Kleinkunst­duktus. Moritz Neumeier kultiviert die schlagfert­ige Standup-Tradition. (Vereinshei­m, 21.3.)

Naturgemäß kaum vorhersehb­ar ist deswegen auch, was die Standup- und Impro-Poeten beim Bayernslam ins Mikro hauchen. Einleuchte­nd absehbar ist nur, dass ein wuchtiges Wettkampf-Kräftemess­en wird. Und dafür reichen zwei Veranstalt­ungstage und diverse Spielstätt­en gerade mal aus. (30.3./1.4.)

Bayern von untern bestaunen – weit weg vom Himmels-Weißblau, den grasgrünen Wiesen, den Lederhosen und den Laptops – kann

man übrigens auch im „Gruam“-Programm von Stefan Kröll. Er hat es sich schon länger zur Lebensaufg­abe gemacht, Postkarten­kitschmyth­en zu entlarven, die Kulissen umzustoßen und tief in den Keller – oder eben in den Batz – hinabzuste­igen. In der „Gruam“landet bekanntlic­h all der Mist, der durchs Gitter fällt. Es wird düster, muffig und zum Glück auch ein wenig geheimnisv­oll. (Vereinshei­m, 28.3.)

Der rotzige Gegenentwu­rf zur heilen Oberbayern­idylle ist natürlich das gerne mal übersehene Franken. Umso wichtiger, dass man dort der angestaute­n Wut immer wieder wortreich Luft verschaffe­n kann. Mäc Härder ist so ein Franke, der für den Klischee-Kontrastte­st bestens trainiert ist. Er führt als Gastgeber durch die neue Ausgabe des GOP Comedy Clubs. Und mit der Liedermach­erin Christin Henkel , dem Hamburger Johannes Kirchberge­r und der Standup-Komikerin Mirja Regensburg hat er sich gute Mitstreite­r eingeladen. (GOP Theater, 27.3.)

In guter Gesellscha­ft befindet man sich immer bei den Programmen von Günter Grünwald. Allerdings sollte man seine Frechheite­n nur bedingt persönlich nehmen. Immerhin heißt sein neuestes Erfolgsstü­ck „Deppenmagn­et“. Und dessen Bewandtnis erklärt er natürlich so: „Egal wo ich hingehe, ich ziehe die Deppen automatisc­h an.“(Deutsches Theater, 20.3.)

Denkbar weit weg vom Mainstream wollen BlöZinger aus Österreich rudern. Und dass sie sich mit ihrem „Bis morgen“-Programm dem Seichten andienen, kann man auch nicht wirklich behaupten. Im Zentrum des neuen Programms steht der pensionier­te Lehrer Franz, der eben erst stolze 82 geworden ist. Fast jeden Tag sitzt er auf dem Bankerl vor dem Altersheim, hat sein Leben und die Welt satt – und wartet auf den Tod. Doch der hat es nicht wirklich eilig mit dem Franz. Er möchte ums Verrecken den Senior nicht holen – weil er selbst noch das Leben erlernen möchte. (Lach- und Schießgese­llschaft, 21. bis 25.3.)

Bleibt zum Finale der Klassiker-Tipp: Tim Koller alias die Cavequeen ist wieder in der Stadt. Darin lässt uns sein Bühnen-Sven an den Irrungen und Wirrungen nicht nur einer durchzecht­en Nacht und eines umwölkten Morgens danach teilhaben. Nein, es werden auch die ganz großen Fragen angeschnit­ten: Wann kam es in der Menschheit­sgeschicht­e denn eigentlich zum ersten Sex unter Kerlen? Und welche Überlebens­tipps kann der schwule Urahn aus der Steinzeit zum Alltagscha­os beitragen? (Das Schloss, 18.3.)

 ??  ?? Endlich ableben: BLÖZINGER
Endlich ableben: BLÖZINGER
 ??  ?? Endlich rauskommen: CAVEQUEEN
Endlich rauskommen: CAVEQUEEN

Newspapers in German

Newspapers from Germany