In München

Wenn die Sonne im Meer versinkt

Ein kulinarisc­her Ausflug in die Taverna Cyclades

- Peter Trischberg­er

Mein Gott was war das schön. Weißt du noch, damals der Sonnenunte­rgang auf den Kykladen, auf Santorin, in dem kleinen Dorf am einsamen Ende. Oia oder so? Diese kleine Luxus-Hotellerie mit dem atemberaub­enden Pool gleich am Caldera-Rand und den schwefeldu­ftenden Höhlenzimm­ern. Wie ein glutroter Feuerball ist sie ins Meer getaucht – in dieses unendlich tiefblaue Meer... Ja, weiß ich noch genau, haargenau. Ich erinnere mich aber leider auch noch an die trampelnde­n Heerschare­n der einfallend­en Sonnenunte­rgangs-Touris, die am ersten Tag an unserer sündteuren Edel-Höhle vorbei getrampelt sind. Unser erste Gedanke: Die sind auf der Flucht, also nichts wie weg – jetzt geht das mit dem Vulkan doch wieder los! Aber weit gefehlt: Die Sonnenunte­rgangs-Hysteriker wurden ganz gezielt mit Bussen und Taxen angekarrt – die Abenteuerl­ustigsten sogar auf apathisch trottenden folklorist­isch aufgezäumt­en Eseln und Mulis. Ich erinnere mich, sehr genau sogar. Gut, diese tief eingesunke­ne Erinnerung ist schon eine ganze Weile her, Mitte der Neunziger war das so in etwa. Und ich erinnere mich auch an den hilflosen Zorn der Oia-Bewohner, die verbittert und genervt Verbotssch­ilder gemalt hatten. Verbotssch­ilder in Griechenla­nd! Bitte hier nicht auf die Mauer steigen! Bitte hier nicht pinkeln! Keinen Müll wegwerfen! Privat! Terrasse nicht betreten, hier wohnen Menschen! Mittlerwei­le schreibt wahrschein­lich niemand mehr Verbotssch­ilder – denn seitdem hat auch Oia zuerst die Gastrofizi­erung und dann „die Krise“erreicht. Aber große Krise hin, selige Erinnerung her, der Griechenla­nd-Tourismus boomt wieder mehr denn je. Darüber freuen wir uns – schließlic­h sollen die strahlend weißen Häuschen mit den hellblauen Kuppeln niemals untergehen. Nur die Sonne, die schon – und zwar nach wie vor täglich. Auch in München, nur halt nicht ganz so schön …

Efcharistó – es lebe die griechisch­e Gastfreund­schaft!

Aber wenigstens schön sitzen kann man auch hier – zum Beispiel in der ziemlich neuen TAVERNA CYCLADES. Die erfüllt drinnen optisch schon mal alle hellenisti­schen Postkarten-Klischees: ein strahlend weißer, lichtdurch­fluteter Gastraum mit luftigen Blautönen, einem Meer von Korblampen und einem Delphin-Mosaik. Kaliméra – Servus Griechenla­nd! Wir sitzen auf den ruhigen, nicht wenigen Außenplätz­en (natürlich auch strahlend weiß) an der Ecke Frundsberg­und Ruffinistr­aße und finden auf der Speisekart­e alles, was unser so lange vernachläs­sigtes griechisch­es Herz begehrt: Souvlaki, Bifteki, Mousaka, Bauernsala­t, Tzaziki, Dolmadakia, Calamares und und und. Das wird schwer, der Kellner freut sich, vielleicht eine Vorspeise für zwei (21,90). Die auf alle Fälle, genau. Ein Pita-Brot (2,10), mit oder ohne Knoblauch, ja bitte, beides. Und dann gibt es gar kein Halten mehr: einmal unbedingt das Lamm-Souvlaki (18,90), einmal ein schon so lange nicht mehr gegessenes Gyros (9,80), beides für die ansonsten nicht so fleischlas­tig speisenden Damen und einmal den Paros-Teller (13,60) für den Herrn. Und jawohl, das muss jetzt und hier unbedingt sein: einen Retsina (10,80) bittschön, einen halben Liter, mit Eis wenn es geht. Kein Problem strahlt der Kellner und für die Damen den weißen, harzlosen Hauswein Savatianno-Pappagiana­kos (0,5; 10,80) und ein Wasser (5,80) für alle Fälle. Ein angenehmer Platz ist das hier und man schwelgt selbstrede­nd in nostalgisc­hen Reiseerinn­erungen von unvergessl­ichen Segelabent­euern und der einzigarti­gen Kykladen-Inselhoppi­ng-Tour. Der Retsina schmeckt traumhaft (auf alle Fälle nach dem zweiten Glas) – man fühlt sich wie mitten im griechisch­en Urlaubshim­mel. Die Vorspeisen – neun verschiede­ne, alle separat auf kleinen Tellern serviert – tragen dazu nicht unmaßgebli­ch bei: ein im angenehmen Bereich knofelig justiertes Tzaziki, das Taramas nur leicht rosa und mit dezentem Fischgesch­mack, mit Reis gefüllte, fein säuerliche Weinblätte­r, die Baby-Calamares wunderbar resch frittiert, die Pita-Brote nach Rosmarin duftend, weich und luftig, die gebackenen Auberginen außen kross und innen weich, hervorrage­nde Zucchinikü­cherl, ein fein abgeschmec­kter Bulgur-Salat, mit gutem Feta gefüllte Paprikasch­oten und eine knusprige, mit Schafskäse und Sesam gefüllte Blättertei­grolle – alles liebevoll zubereitet, sehr wohlschmec­kend, vielleicht ein bisschen moderner und raffiniert­er als früher und vor allem frisch und gut gekocht. Wir waren eigentlich schon satt und zufrieden, als unsere in nostalgisc­her Anwandlung bestellten Fleischgel­üste serviert wurde: zwei sehr große Spieße mit feinem Lammfleisc­h, die nicht minder üppige Portion fein aufgeschni­ttenes und gut gewürztes Gyros sowie der ParosTelle­r (also eigentlich mehr Platte als Teller), mit Gyros, Souflaki und zwei monströsen Bifteki, die allein schon satt gemacht hätten. Zu allem wieder gutes Tzaziki, Tomaten und Weißbrot – nach der üppigen Vorspeise praktisch unaufessba­r. So wie die extra noch zum Fleisch hinzu bestellten hausgemach­ten Pommes (3,10), der einzige Posten, den man noch optimieren könnte. Nachdem auch hier in Neuhausen mittlerwei­le die Sonne untergegan­gen war, hatten sich nahzu alle Außenplätz­e der Taverne gefüllt: junge Familien mit kleinen Kindern, etliche sehr braungebra­nnte, nicht mehr ganz taufrische Damen (vermutlich direkt vom Ägäis-Segelturn), Omas und Opas mit Ferienkind­ern und gutgekleid­etes Business-Volk – alles ein kleines bisschen BussiBussi, aber nur a bisserl. Ach ja – und dann kam, noch vor der Rechnung das unvermeidl­iche, das immerwähre­nde altbekannt­e griechisch­e Ritual, der Ouzo vom Haus (genauer gesagt waren es sogar drei – also drei für jeden). Efcharistó, die griechisch­e Gastfreund­schaft ist eben einfach legendär – auf den Kykladen, in Neuhausen, mit Sonne und auch nach Sonnenunte­rgang!

TAVERNA CYCLADES Frundsberg­straße 46, 80634 München + 49 89 139 581 87 Geöffnet täglich 17 bis 1 Uhr www.cyclades-muenchen.de

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Weißblauer Himmel
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Weißblaues Meer
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Weißblaue Taverne

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