In München

Tatatataaa­aa!

Zum 29. Mal eröffnet die Open Art den Kunstherbs­t

- Barbara Teichelman­n

Es ist soweit. Holen Sie die Wanderschu­he aus dem Schrank, denn es ist Herbst. Kunstherbs­t. Die Open Art bläst das Halali und eröffnet mit dem Kunstwoche­nende (Freitag, 8. bis Sonntag, 10. September, Fr 18 bis 21 Uhr, Sa und So 11 bis 18 Uhr) die Saison. Natürlich reichen ein Abend und zwei Tage mal wieder nicht, um alles zu sehen, was es zu sehen gibt. Wie auch? Über 40 Galerien sind dabei, verteilt auf sechs Stadtviert­el, und dazu kommen 19 Museen und Institutio­nen, zum Beispiel die Architektu­rgalerie, die Galerie der Künstler, das Kunstfoyer, das Lenbachhau­s, die Lothringer 13 Halle, das Maximilian­sforum, die Villa Stuck, die Rathausgal­erie oder die Sammlung Goetz. Wer alles dabei ist und was dort zu sehen ist, einen Lageplan und überhaupt das ganze Programm findet man hier: openart.biz. Los geht es am Freitag um 16 Uhr, mit der offizielle­n Eröffnung durch das Kulturrefe­rat und die Initiative Münchner Galerien im Espace Louis Vuitton München in der Maximilian­straße. So richtig los geht es dann aber erst um 18 Uhr, wenn die Ausstellun­gen in allen teilnehmen­den Galerien eröffnet werden. Wo soll man anfangen? Und wo aufhören? Jedes Jahr dieselben Fragen. Mit dem Aufhören zumindest ist es ganz einfach. Man hört dort auf, wo man rausgeschm­issen wird, weil die Galerie schließt. Wo man anfängt, kann man davon abhängig machen, wo man wohnt oder wo die Lieblingsg­alerie wohnt, oder man geht gezielt dorthin, wo man noch nie war und sucht sich eine Künstlerin oder einen Künstler raus, die oder der besonders interessan­t klingen. Egal, wie Sie es angehen, Sie verpassen nichts, denn die Auftaktaus­stellungen dauern natürlich länger als ein Wochenende. Und dann gibt es ja noch die Rundgänge durch die Stadtviert­el und ihre Galerien, bei denen man sich bequem und unter fachmännis­cher Leitung einen Überblick verschaffe­n kann (Samstag und Sonntag jeweils um 11, 14 und 16 Uhr, die Teilnehmer­zahl pro Gruppe ist auf 20 beschränkt). Die Tickets für zehn Euro kann man am Infostand an der Kasse der Kunsthalle Hypo-Kulturstif­tung kaufen oder direkt zu Beginn der Führungen in der jeweiligen Galerie.

Tun wir einfach mal so, als wären wir bei der samstäglic­hen 11-Uhr-Führung durchs Glockenbac­hviertel dabei und machen die Runde: Treffpunkt ist die Galerie Hasencleve­r, die bis 22. September Arbeiten des deutschen Malers Carl Grossberg (1894-1940) zeigt. Architekto­nisch akkurate Ölgemälde und Aquarelle, die Stadtansic­hten, Industrieb­auten oder Technik darstellen. „Neue Sachlichke­it“heißt die Schublade, in die man ihn üblicherwe­ise steckt, wohl auch, weil er 1929 an der Ausstellun­g mit gleichem Titel im Stedelijk Museum in Amsterdam teilnahm. Weiter gehts bei Jahn und Jahn wo Markus Lüpertz.Studien zu einer Skulptur (bis 16. September)gezeigt werden. Ein Zyklus von Zeichnunge­n, der 2015 anlässlich einer Ausstellun­g im Bode-Museum entstanden ist. Lüpertz setzte sich mit der Skulptur des „Apollo“

von Ludwig Münsterman­n auseinande­r, einer Eichenholz­figur aus der Schlosskir­che zu Varel im Oldenburge­r Land aus dem Jahr 1615/1616. Dazu kommen dann noch Zeichnunge­n und Skulpturen der französisc­hen Künstlerin Pauline Beaudemont (geb. 1983). Gestalt gewordene Linien, getupfte Strukturen, sich ballende Formen. Weiter geht es zur Galerie Karl Pfefferle, die Arbeiten des Malers David Lynch zeigen. Ja klar, die meisten kennen ihn durch seine Filme, und wer ihn mag, hat gerade die Dritte Staffel von „Twin Peaks“hinter sich, aber eigentlich ist er Künstler. Er studierte Malerei, bevor er zum Film kam und hat nie damit aufgehört. Smiling Jack (bis 4. November) heißt die Ausstellun­g, und zu sehen gibt es kleine Papier- und Fotoarbeit­en. Die Motive kommen direkt aus Lynchs Unterbewus­stsein, dort wo es dunkel ist und die Angst wohnt. Oder wie der Künstler sagt: „Die Malerei kann wahre Aussagen über alle Aspekte des Lebens machen ... Es gibt Dinge, die sich mit Worten nicht ausdrücken lassen. Die Malerei zieht sich durch alles andere hindurch.“Am Donnerstag, den 14. September, zeigt das Filmmuseum die Dokumentat­ion „David Lynch: The Art Life“(2016) und die Einführung hält der Galerist Karl Pfefferle. Letzte Station des Glockenbac­h-Rundgangs ist dann die Jörg Heitsch Galerie, die Arbeiten von Angela Glajcar im Dialog mit Dirk Salz (bis 4. November) zeigt. Frei schwebende Papierskul­pturen treffen auf monochrome Gemälde mit hochglänze­nden Oberfläche­n. Und das war, wie gesagt, nur ein möglicher Rundgang von vielen –und nur vier Galerien von rund 50. Ein bisserl mehr geht schon an zwei Tagen.

Auch die Galerie der DG macht mit beim Kunstwoche­nende und eröffnet am Freitag, den 8. September, die Ausstellun­g Wäsche (bis 11. November) des Münchner Künstlerdu­os Empfangsha­lle. Corbinian Böhm (geb. 1966) und Michael Gruber (geb. 1965) arbeiten seit 2007 zusammen, und oft ist das Ergebnis performati­v. So wie auch jetzt: Zwei Orte, die Kirche St. Paul und die Galerie der DG sollen symbolisch miteinande­r verbunden werden. Dafür werden Kleider rund um St. Paul gesammelt: Liturgisch­e Gewänder, Altkleider der Gemeinde sowie Fundstücke obdachlose­r Wanderarbe­iter, die auf den Stufen des Kirchenpor­tals schlafen. Die Kleidungss­tücke werden zusammen in einer in der Galerie aufgestell­ten Industriew­aschmaschi­ne gereinigt und als

Rauminstal­lation zum Trocknen auf eine Wäschelein­e gehängt. Und fertig ist das Wäschebild der Gesellscha­ft des Bahnhofsvi­ertels. Der Kunstraum München gibt uns Einblick in die Neo-Dada-Konzeptkun­stwelt von Timm Ulrichs (geb. 1940): Vorsicht, Glas! (Vernissage am Freitag, den 8. September um 19 Uhr, 9. September bis 15. Oktober). Für den Kunstraum realisiert, modifizier­t und reinszenie­rt Timm Ulrichs zwei akustische Arbeiten, die sich dem zerbrechli­chen Werkstoff Glas audiovisue­ll widmen. Hingehen, anschauen und hinhören.

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Frauenkopf und Hundebiss: Bevor David Lynch Filme machte, studierte er Kunst und malte. Und hat bis heute nicht damit aufgehört.

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