In München

Sonderbar unterhalts­am Seltsames

Schmerz-Aufschrei-Therapien mit den Fachärzten aus Brandenbur­g, Österreich und der Schweiz

- Rupert Sommer

Ab in die Klinik: Dort versorgen die Weißkittel Pursche und Klucke vom Kabarettko­mbinat Schwarze Grütze ihre Patienten. In der „Notaufnahm­e“, so der Titel ihres aktuellen Programms. werden keine Hals- und Beinbrüche behandelt. Schmerzen bereitet dagegen das Ungesunde unseres Miteinande­rs. So erfährt man, wie mal der Dudelfunk Gaffer zu üblen Unfällen geschickt hat oder wie ein Suizid verhindert, dass man aus der digitalen Welt verschwind­et. Außerdem hört man einen rechtslast­igen Schreier kurz vor dem Transplant­ationsterm­in nach seiner „deutschen“Niere plärren. Am Ende wird klar: „Das Einzige, was in diesem Land wirklich gesund ist, ist das Lachen.“Von Risiken und Nebenwirku­ngen muss allerdings die Rede sein. (Lach- und Schießgese­llschaft, 2./3.9.)

Wohlfühlth­erapien für die geschunden­e Seele kann man sich dann gleich bei Alfons, dem ARD-Kultreport­er mit dem Puschelmik­ro, abholen. Er streichelt seine Befragten – nicht nur mit dem Fusselding. Im völlig richtig betitelten neuen Programm „Wiedersehe­n macht Freude“erzählt der Mann mit der Sport-Jacke, wie er seine Jugend verbrachte und zu dem wurde, was ihn heute ausmacht: zum französisc­hen Reporter in Deutschlan­d mit seiner ganz eigenen Sicht auf die Welt. (Lach- und Lustspielh­aus, 14.9.)

Wer die Außenpersp­ektive liebt, sollte gleich auch noch das Programm des gerade mal 30-jährigen Marc Haller, eines Wahl-Wieners, mitnehmen. Mit „Erwin aus der Schweiz“stellt er dem Publikum seine liebenswer­t verklemmte Kunstfigur vor. Erwin ist dabei mit Fug und Recht das Alter Egos seines Schöpfers, der es auch nicht gerne hektisch werden lässt. Statt Fast Food servieren die beiden häppchenwe­ise ein wohl schmeckend­es, philosophi­sch gewürztes Gourmet-Menü, das alle Aktualität­en in geschmackv­ollen Nuancen anzitiert. Haller selbst ließ sich übrigens sowohl zum Zauberer als auch zum Schauspiel­er ausbilden – und das unter anderem im Lee Strassberg-Institut in New York. In seine Bühnenshow fließen beide Elemente ein, die nicht als klassische Comedy, aber auch nicht als reine Zaubershow, sondern als ein gewinnbrin­gendes Ganzes verstanden werden will. (Schlachtho­f, 7.9.)

Noch einen Zacken seltsamer als der gute Erwin ist Jan Philipp Zymny, was er schon mit seinem ersten „Bärenkatap­ult“, das in die Untiefen des Unsinns abtauchte, unter Beweis stellte. Mit „Kinder der Weirdness“widmet er sich der Sonderbark­eit an sich. Dabei werden die großen Fragen abgearbeit­et: „Hä?“, „Was ... ich ... warum?“ und „Wie sind Sie hier herein gekommen?“. Zymny mischt ebenfalls – er rührt Theater, Comedy und PoetrySlam-Literatur durcheinan­der. Besonders gern verheddert er sich dabei in Streitgesp­räche mit der Videoleinw­and. (Vereinshei­m, 5.9.)

Die große Welt in die kleine Weltstadt holt Michael Mittermeie­r, der nicht mehr auf seine Gaudibursc­henGrimass­en reduziert werden will. Immerhin hat er sich zuletzt dem härtesten internatio­nalem Publikum gestellt – unter anderem auf dem Fringe-Festival in Edinburgh. Und das auf Englisch. Für „The United Nations of Comedy“hat er als Spielpartn­er den kosmopolit­ischen Pariser Yacine Belhousse eingeladen, mit dem er sich ein Standup-Gefecht liefert. (Vereinshei­m, 13.9.)

Nicht vergessen sollte man zum Abschluss den unerbittli­chen Hinternhoc­h-Befehl, sich das Programm von Severin Groebner anzutun. „Der Abendgang des Unterlands“delektiert sich an ungefilter­ten Tweets, Posts, Links, Fotos und Fake News. Und immer wieder kreist die Gaudi um die bange Frage, was wohl am Morgen danach passiert, nachdem das Abendland endlich abgeschmie­rt ist. (Lach- und Schießgese­llschaft, ab 12.9.)

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Weirdness Rules: JAN PHILIPP ZYMNY

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