6ON ,UST &RUST UND 2ªUSCHEN
%S SIND ZWEI 7OCHEN DIE GUTE +ONDITION 3CHMERZTOLERANZ UND FRISCHE 5NTERWªSCHE VERLANGEN
Eh klar, das ganz große LiveKabarett mit den Aufgedirndelten, Aufgespritzten und Abgefüllten findet dieser Tage im Freien und in den überfüllten Festzelten statt. Doch nicht jede schätzt es bekanntlich, wenn ihm ins Bier gespuckt oder das Hendl vom Tisch getanzt wird. Wie gemütlich die Wiesn trotz allem ist, das hat sich Moses Wolff zu seinem Lebensthema gemacht. Aber zum Glück erzählt er davon mehrere Maßkrugweitwürfe entfernt. „Wiesnliebe, Jux und Heiterkeit“heißt der „alpine Abend“mit den beiden Schwabinger Schaumschlägern Christoph Theussl und Moses Wolff. Einen Tag vor dem Anstich lassen sie hier die gute Laune schon mal vorwärmen. Gemeinsam blicken sie über die voralpine Wiese und entdecken dabei viele unterscheidende Feinheiten zwischen den Bergvölkern aus Österreich und Bayern. (Einstein Kultur, 15.9.)
„Sauba eigschenkt“heißt das alljährliche Volksfestprogramm von Josef Pretterer und seinen grandios muffigen Pappfiguren, das man auch in diesen Oktoberfestzeiten nicht verpassen darf. Er schwadroniert süffig von der Sauferei – so berauschend, dass davon sogar Antialkoholiker und Wiesnphobiker besoffen werden. Not to be missed, wie der Altbaier sagt. (Fraunhofer, ab 16.9.)
Chris Boettcher ist ebenfalls Experte, immerhin hat er mit „10 Meter geh‘“schon das Kunstwerk eines zeitlosen Wienshits geschrieben. Außerdem weiß er natürlich, wie man die Massen über das Radio in Wallungen versetzt. „Schluss mit frustig!“ist allerdings sein ganz intimes SchnellWirk-Stimmungsaufhellprogramm, für das er empfiehlt, dem Therapeuten einfach mal ein paar Jahre Urlaub zu gönnen, den Computer wegen der Katastrophenmeldungen aus dem Fenster zu werden und die Dopamin-Pillen in den Sondermüll zu befördern. „Lach kaputt, was dich kaputt macht“, lautet Chris Boettchers Gag-Wellness-Behandlung. (Lach- und Schießgesellschaft, 20.9.)
Natürlich kann man dann auch gleich in die Rikscha von André Hartmann steigen und sich in seinem Oktoberfest-Spezial an den schönsten Sehenswürdigkeiten vorbeiradeln lassen. Rischka Kleidermann hat diesmal zwölf Promi-Gäste auf dem Fahrgastsessel. (Hofspielhaus, 23.9.)
Eine feucht-fröhliche Reise durch die Geschichte des flüssigen Goldes verspricht am selben Ort ein paar Tage zuvor der Schauspieler und Kabarettist Harald Helfrich. Er referiert zusammen mit seiner kongenialen Bühnenpartnerin Ozzy Thompson über die Themen, die derzeit die Stadt in (angesäuertem) Atem halten: das Wiesnlied, die Preißnmaß, die Sperrstunde oder den unerwartet späten Einkehrschwung. Poetisch-literarische Schmankerl aufgeschäumt im Bierkrug. Nicht ohne Grund heißt das Motto: „Hopfen und Malz – mir gfallt’s!“(Hofspielhaus, 16.9.)
Besonders viel über die Eigenheiten der oft so fremden Heimat und ihrer seltsamen Bräuche erfährt man übrigens aus dem Mund des „Marokkaners Deines Vertrauens“. So nennt sich der ehemalige „Staatsfreund Nr. 1“, der Komiker, Kabarettist und Fernsehmoderator Abdelkarim, in seinem zweiten Programm. Er spricht fließend Ghetto-Slang und politisch überkorrektes Deutsch und scheut sich nie, den Klischees entschieden zu widersprechen. Ein echtes Argument für einen Ausflug ins Umland! (Spielbank Bad Wiessee, 17.9.)
Man möchte gar nicht ahnen, wie Kurt Krömer, die frechste Schnauze Berlins (neuerdings mit ebenso frechem Schnauzer!), auf die eitlen Lustbarkeiten zu Füßen der Bavaria reagieren würde. „Heute stimmt alles“behauptet der langjährige ARD-Chefkomiker zwar im neuen Programm. Misstrauen darf
man ihm dabei aber auf jedem Fall. Knochentrocken knallt er die Pointen von der Rampe. (Prinzregententheater, 15.9.)
Nicht in ein Folklore-Mieder zu pressen ist ja dann auch Carolin Kebekus, die selbsternannte „Alpha Pussy“von Köln. Im gleichnamigen Programm knöpft sie sich wieder einmal die Macho-Mächtigen vor. Unverfroren und direkt von der Bronx am Rhein. (Circus Krone, 28.9.)
Eine tiefschwarze Jugend in Bayern hat Simon Pearce geprägt – und nicht trübsinnig gemacht. Im Gegenteil: Derzeit strotz der „Eddie Murphy aus Puchheim“, wie ihn die Kollegen vom „Freisinger Tageblatt“titulierten, geradezu überschwänglich vor Lebensfreude: „Pea®ce on Earth!“lautet seine Devise und der Titel des neuen Solos. (Vereinsheim, 28.9.)
Mit der guten Laune tut sich dagegen „La Signora“bekanntlich etwas schwer. Ihre miese Stimmung und allerlei Gewaltphantasien lässt sie zum Glück üblicherweise stressabführend an ihrer Quetschkommode ab. Nun zieht Carmela de Feo mit „Die Schablone, in der ich wohne“wieder mit ihrem tastenreichen Gefährten, dem Akkordeon, über die Lande. Im neuen Programm gesteht sie unerwartet offen, dass sie sich ihr Leben als Showgirl einst deutlich einfach vorgestellt hatte. Nach jedem mehr oder weniger erfolgreich absolviertem Auftritt stellt sie sich die bange Frage: „War das jetzt der Durchbruch, oder ist es nur der Blinddarm?“Diesmal schwingt sie sich zu Anführerin auf: Sie möchte die untoten Hausfrauen auf ihrem Showboot zur Weltrettung entgegenschippern. Ein feiner Zug. (Lach- und Schießgesellschaft, 25.9.)
Und auch Stefan Erz kam natürlich bei der Zuteilung von Selbstbewusstsein, sonnigen Gemüts und Strahlelaune einst etwas zu kurz. Zu viele üble Erfahrungen hat er als Klein-, Mittelund Großkünstler auf den Showbühnen gemacht. Nun möchte er wenigstens dem Nachwuchs etwas weitergeben – bei seiner „Gesangsstunde“. Darin werden erst einmal wichtige Grundlagen geklärt: „Angst davor, sich beim Singen in der Öffentlichkeit zu blamieren?“, fragt Erz seine Schützlinge. „Zu Recht!“. Er lässt mit vielen Fallbeispielen seine Schüler – und den Lehrer selbst – leiden. Zum Glück aber gibt es immer wieder die Komik zu entdecken, die allem innewohnt, was man mit Leidenschaft tut. Ein weiser Mann! (Schlachthof, 16.9.)
Ebenfalls einen erhellenden Musikunterricht verspricht die „große Schlägerparade d’Erfolgsmusik“, zu der das Ensemble Vocal Recall einlädt. Die einzige Boygroup weltweit mit Frau tingelt dabei ebenso unerschrocken wie schonungslos durch die Top Ten der vergangenen 300 Jahre. Liebevoll werden dabei die größten Charterfolge der Geschichte von ihrem unnötigen inhaltlichen Ballast befreit und mit Satzgesang neu vermischt. Erfrischend! (Schlachthof, 27.9.)
Musikkabarett der etwas gehobeneren Anspruchsklasse bietet Günther Stolzar in seinem Solo „Stolzaroper – Ein Bariton am Klavier“. Dabei arbeitet sich der dramatisch Bärtige durch Arien am Klavier, die von Narrenfreiheit, Flausen, Sehnsucht, Gänsehäuten und Lachtränen geprägt sind. (Hofspielhaus, 15.9.)
Und wenn wir schon bei den Ausgehtipps mit Abitur sind: Horst Evers möchte im neuen Programm „Der Kategorische Imperative ist keine Stellung beim Sex“dezidiert von Anstand und Moral erzählen. Das kann ja heiter werden. (Lach- und Schießgesellschaft, 28.9.)
Sven Kemmler und Lisa Eckhart wissen: „Seit Adam in Evas Apfel biss, gibt es nur ein Thema, das die Welt im Innersten trennt. Es ist das ewige Spiel zwischen den Geschlechtern, das Götter stürzte und unsterbliche Werke schuf.“Doch den Gauklern und Hofnarren wollen die beiden im Programm „Die Nymphe und der Finstere Förster“das größte Bühnenmotiv nicht überlassen. Sie wissen, dass es jenseits von Kitsch und Klischee mehr Dinge zwischen Mann und Frau gibt, als sich die Schulweisheit träumen lässt. Denn, wen juckt schon, ob Cäsar oder Kleopatra den Triumphwagen besser einparkte? (Lach- und Schießgesellschaft, ab 27.9.)
Theatrales Kabarett ist die Spezialität von Alexander Ligl und Martin Pölcher, die sich schon lange von der legendären „Valtorta“Truppe kennen. Sie spielen in „Parole 73“einen Reigen von Charakteren durch, die im ganz feinen Stil ihr Leben verpfuschen. Außerdem erfährt man ganz nebenbei Erhellendes über Schusswaffen, chinesisches Essen, das Innenleben von Spionen und die Geheimnisse einer perfekten Ehe. (Heppel & Ettlich, 22.9.)
Fast ein wenig ernst – auf jeden Fall sehr ernst gemeint – erklingt die Empfehlung zum Schluss: Die große Schauspielerin Johanna Bittenbinder und ihre nicht minder großartige Tochter von der Musikgruppe Bittenbinder stehen für „Kennen Sie das Fräulein Pollinger?“gemeinsam auf der Bühne. Dafür bringen sie die Lebenswelten von Frauen aus den 20er Jahren mit jenen von hier und heute zusammen. Im Zentrum stehen dabei HorváthTexte, den sein Fräulein Pollinger als Muse küsste. (Fraunhofer, 15.9.)