Édouard Louis
Im Herzen der Gewalt (S. Fischer)
Traumata. Édouard geht am Weihnachtsabend nach einem Essen bei Freunden nach Hause. Wird von einem jungen Mann angemacht. Nimmt ihn mit in seine Wohnung. Sie reden, haben Sex zusammen, scheinen sich gut zu verstehen. Bis die Stimmung kippt und Reda brutale Gewalt anwendet, gegen die sich Édouard nicht zu wehren weiß. Fast ein Jahr benötigt Édouard, um diese traumatische Erfahrung zu verarbeiten. Anfangs redet er von nichts anderem, ist wie besessen von dem Unbegreiflichen, später berichtet er seiner Schwester darüber, die seine Schilderung wiederum ihrem Mann erzählt, während Édouard ihr unbemerkt zuhört. Und sich seine Gedanken macht über ihre Interpretation und seine Erinnerung, über Selbstbild und Fremdbild ... Irritationen, die ihn schon seit der Befragung durch die Polizisten intensiv beschäftigen. Beschreibt, analysiert das Begehren, Rassismus, Kindheitsmuster, die erlernte Gewalt – die Körpererinnerung und die Verwandlung eigenen Erlebens durch die Rituale der polizeilichen Ermittlung. Ringt um eine erzählbare Geschichte, wehrt sich gegen simple Festschreibungen, hadert mit den mal irritierten, mal allzu wohlmeinenden Texten aller Anderen. Findet eine eigene Sprache. Seinen Text. Gewinnt seine Souveränität zurück. Ein faszinierendes Buch.