Olli Dittrich
80 Autoren aus dem In- und Ausland feiern mit den Münchner das große Literaturfest vom 15. November bis 3. Dezember
Wenn man ein Leselustprogramm in so kompetente Hände legt, kann eigentlich nichts schief gehen. Vom 15. November bis 3. Dezember steigt an diversen Orten der Stadt, vor allem rund um die Gravitationszentren im Gasteig und im Literaturhaus am Salvatorplatz, wieder die schönste Jahreszeit für Bücherwürmer und Leseratten. Im Zentrum der Großveranstaltungsreihe mit den kafkaesk ineinander verschlungenen Reihen, deren innere Logik sich nur Sherlock-HolmesSpürfüchsen erschließt, die aber einfach nur überwältig wie ein fetter Schmöker, mit dem man ein Date für ein Regenwoche ausgehandelt hat, steht eine echte Münchnerin: Doris Dörrie, längst nicht nur als Filmemacherin, sondern natürlich auch selbst Autorin und feine Stimmgabel für die Schwingungen unruhiger Zeiten, kuratiert die forum:autoren-Reihe.
Dörrie hat sich das schön vieldeutige Motto „Alles echt. Alles Fiktion“gewählt und wirft damit Fragen auf, die sich mit dem Stellenwert von Wahrheit und Fiktion in der Literatur, aber auch mit Fake News in Film und Medien beschäftigen. Was bedeutet es für die Literatur, wenn die Sehnsucht nach Echtem, Wahren, Authentischen, dem radikal Autobiografischen immer stärker in den Vordergrund rückt und das Verbürgte wichtiger wird als die Fiktion? All das möchte Doris Dörrie ergründen. Und selbstverständlich wird sie Antworten liefen, immerhin hat sie nicht nur Autoren aus der ganzen weiten wie nahen Welt eingeladen. Sondern auch der Dokumentarfilm bekommt diesmal eigenen Raum: Die Filmemacherin Maya Reichelt hat in Kooperation mit der HFF und unterstützt vom DOK.fest ein Programm mit künst- lerischen Dokumentarfilmen auf dem Literaturfest zusammengestellt. Zudem wird es einschlägige gespräche und unter anderem einen Workshop zum Thema „Film lesen“geben.
Kopfkino stellt sich ohnehin automatisch ein, wenn die großen Gäste die Hallen füllen. Rund 80 Autoren werden für das gesamte Fest in München erwartet – darunter die Büchner-Preisträger Marcel Beyer und F.C. Delius, der Pulitzer-Preisträger Colin Whitehead sowie der Deutsche-Buchpreis-Träger Frank Witzel. Die Riege der internationalen Stars wird von Salman Rushdie angeführt, der sich aktuell und zeitgemäß mit der Witzfigur Donald Trump angelegt hat. Außerdem kommen Deborah Feldman, Ken Follett, Catherine Millet, Péter Nádas und die schon länger in Innsbruck lebende Spanierin Elia Barceló.
Aus heimischen Landen sind diesmal mit Olli Dittrich und Wigald Boning zwei telegene Humoristen zu Gast. Außerdem dürfen natürlich Schwergewichte wie der langjährige „Mister Tagesthemen“Ulrich Wickert, aber auch Literaturstars wie Sven Regener, Robert Menasse, Sebastian Fitzek, Ingo Schulze, HannsJosef Ortheil, Nora Gomringer oder Klaus Theweleit nicht fehlen. Ein gern gesehener Unterhalter ist auch Kinder- und JugendbuchErfolgsautor Paul „Das Sams“Maar, flankiert von Ursula Poznanski und Andreas Steinhöfel, ebenfalls aus dem „jungen“Fach.
Besonders unmittelbaren Kontakt nicht nur zu den Autoren, sondern zu ihren Neuerscheinungen, die sich praktischerweise ja oft auch als WeihnachtsgeschenkIn-vestitionen empfehlen, knüpft man auf der Münchner Bücherschau im Gasteig. Dort präsentieren sich die Verlage in den Foyers mit ihrem aktuellen Herbstprogramm und damit mit der erschlagenden Zahl von über 20.000 Neuerscheinungen.
Besonderes Schmankerl für alle Literaturfans, die gern mal ins Reden kommen: Mit der Bar Panoptikum gibt es im Literaturhaus einen zentralen Festival-Treffpunkt. Das Panoptikum ist gestaltet wie eine Filmkulisse – unter anderem mit einem Wachsfigurenkabinett, das an das „Alles Echt. Alles Fiktion“-Motto anknüpft. Alles fazinierend!