Better Call Sokrates
Kant, Eckhart, Schopenhauer, Kierkegaard, Wittgenstein. Schon die Namen vieler Philosophen, in deren Reihe so arrogant selten Frauen auftauchen, versprechen wenig Geschmeidiges, Schönes, Unterhaltsames. Eher brausen einem dampfmaschinenhafte Satz- und Titelungetüme durch den Kopf. Damit errichten diese Brainsters gigantische Elfenbeintürme, gefühlte Denktempel, deren Zutritt strengstens beschränkt ist auf einige selbst ernannte Hohegrübler. Ähnlich wie Wilhelm Weischedel, der sich ihren wichtigsten Hirnwürmern über deren irdischen Alltag angenähert hat (Die philosophische Hintertreppe), durchbrütet Alain de Botton ihre Staubmagneten auf Lebenshilfetauglichkeit und schabloniert sie auf eine Gegenwartssituation aus seinem eigenen Erfahrungsrepertoire. Sechs Philosophen – sechs tröstliche Stimmen für sechs Monikamustermannprobleme. Call Sokrates bei Unbeliebtheit, Epikur bei Geldmangel und Schopenhauer bei Liebeskummer. Come again? Schopenhauer mit seinem beethovensauerem Litso und den fledermausohrigen Haarbüscheln, als wäre er auf dem besten Weg, sich in Graf Draculas Klavierlehrer zu verwandeln? Vor lauter ROFL den Teppich gebügelt. Sounds like Diättipps von Helmut Kohl. Wuthering prejudice! „Die dunkelsten Denker können paradoxerweise am ehesten Mut zu sprechen“, behauptet Botton. Schopenhauer beklagte, dass seine Denkkollegen die Liebe ignorierten. „Man sollte sich darüber wundern, dass eine Sache, welche im Menschenleben durchweg eine so bedeutende Rolle spielt, von den Philosophen so gut wie gar nicht in Betracht bezogen wird ...“Die philosophische Annäherung an Leiden, mit denen die meisten Menschen irgendwann einmal konfrontiert sind, nimmt diesen Leiden durch Perspektivwechsel die subjektive Note. Wie ein spockifizierter Wissenschaftler Liebe in Chemie verwandelt, so entgeheimnist Schopi das Romantikgeplänkel als einen Trick der Natur, auf den hereinzufallen weniger unserem persönlichen Glück dient als vielmehr der Optimierung unserer biologischen Art. Und wie Botton den Philosophen Seelenpflaster stibitzt, so entlockt er den Hörern Neugierde auf die Philosophie und die wunderbare Kunst des Denkens. So gesehen auch ein wertvoller Beitrag zur Arterhaltung.