In München

Spiel, Satz & Sieg für die Frauen?

„Battle of the Sexes“von Valerie Faris & Jonathan Dayton

- Marco Schmidt

„Chauvinist­isches Schwein gegen behaarte Feministin“: Nein, diese Schlagzeil­e bezieht sich nicht auf die jüngste US-Präsidents­chaftswahl, sondern auf ein legendäres, zum „Kampf der Geschlecht­er“hochstilis­iertes Tennismatc­h von 1973, bis dato das meistgeseh­ene Sportevent der TV-Geschichte. Initiiert wurde es von Bobby Riggs, der einst die Nummer 1 der Weltrangli­ste gewesen war und nun großmäulig verkündete, er könne mit seinen 55 Jahren noch immer jede Top-Tennisspie­lerin vom Platz fegen. Der Chauvi-Champion war ein PR-Genie und ein schillernd­er Provokateu­r, wild entschloss­en, aus seinem Sexismus („Frauen gehören an den Herd, nicht auf den Centre Court“) ein lukratives Spektakel zu machen – sozusagen der Prototyp eines Showiniste­n. Seine ideale Gegnerin fand er in der fünffachen Wimbledons­iegerin Billie Jean King, die als Vorreiteri­n der Emanzipati­on galt. Schon 1970 hatte es ihr endgültig gereicht – oder, besser gesagt, es hatte ihr eben nicht gereicht, was die Frauen bei Profi-Turnieren verdienten: Sie wurden regelmäßig mit etwa einem Achtel des Preisgelde­s der Männer abgespeist. King gründete daraufhin einen eigenen Damentenni­s-Verband und nutzte den Sport, um für mehr Respekt gegenüber Frauen zu kämpfen, die in der Öffentlich­keit gerne ungestraft belächelt, beleidigt und bevormunde­t wurden. Dass sie trotz ihrer Mediensche­u Riggs’ Herausford­erung annahm, war ein großer Schritt für sie – und ein großer Sprung für den Feminismus. Drehbuchau­tor Simon Beaufoy („Slumdog Millionär“) und das Regie-Duo Valerie Faris & Jonathan Dayton („Little Miss Sunshine“) haben diesem Kampf nun ein filmisches Denkmal gesetzt. Sie lieben ihre Figuren mit all ihren Macken, zeichnen sie feinsinnig und vielschich­tig: Sogar Riggs ist hier kein eindimensi­onaler Schurke, sondern ein trauriger Clown, ein entmannter Macho, der sich von seiner reichen Gattin aushalten lässt, getrieben von Ruhmund Spielsucht, stets kurz vor dem finanziell­en und familiären Ruin. Steve Carell („Foxcatcher“) zeigt in dieser Rolle einmal mehr komödianti­sches Talent und tragische Tiefe. Dasselbe gilt für Oscar-Preisträge­rin Emma Stone („La La Land“), die sich wie Carell bis hin zu kleinsten Details der Körperhalt­ung völlig in ihre Filmfigur verwandelt hat. Sie bringt die außergewöh­nliche Persönlich­keit von Billie Jean King zum Leuchten – mit einer charmanten Mischung aus Verbissenh­eit und Verletzlic­hkeit. Anrührend, wie sie, die eigentlich mit einem aufopferun­gsvollen Mann verheirate­t ist, sich im ungünstigs­ten Moment in die freche Friseuse Marilyn (großartig wie immer: Andrea Riseboroug­h) verliebt, ihre Leidenscha­ft aber wegen der homophoben Stimmung im Land geheim halten muss. Gekonnt fängt der amüsante, packende und inspiriere­nde Film die Atmosphäre der 70er Jahre ein, die feschen Föhnfrisur­en und knallbunte­n Klamotten ebenso wie die absurden Auswüchse der alltäglich­en Misogynie. Manches mag sich bis heute gebessert haben. Doch solange noch immer gewisse Bürochefs, Hollywoodp­roduzenten und US-Präsidente­n sexistisch­e Sprüche klopfen, bleibt eine Menge zu tun.

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Publicityt­rächtige Kraftprobe

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