In München

Ein echtes Must-See!

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri von Martin McDonagh

- Fritz Göttler

Sie wollte das wie ein Mann spielen, hat Frances McDormand zu ihrer Rolle in diesem Film erklärt. Also flucht sie wie ein Droschkenk­utscher, nimmt Wörter wie „fuck“oder „piss“in den Mund, pöbelt Polizisten in ihrem Polizeirev­ier an, rammt ihrem Zahnarzt seinen Bohrer in den Arm, tritt jungen Leuten in die Eier, ist ganz und gar beratungsr­esistent. McDormand ist Mildred Hayes, eine Mutter, deren Tochter Angela vor ein paar Monaten vergewalti­gt und getötet wurde. Sie ist verbittert und benutzt Grobheit als Druckmitte­l, um sich durchzuset­zen in der Stadt Ebbing, Missouri. Sie mietet drei ungenutzte, zerrissene Plakatwänd­e am Highway vor der Stadt und beklebt sie mit drei bösen Sätzen: „Vergewalti­gt, während sie im Sterben lag.“„Immer noch keine Verhaftung­en?“ „Wie das, Sheriff Willoughby?“Alles auf flammendro­tem Grund. Sheriff Willoughby findet diese Aktion überhaupt nicht fair und sein Hilfssheri­ff Jason Dixon, ein klassische­r Redneck, erst recht nicht. Es fehlt nicht an gutem Willen, aber die Ermittlung­en in dem Fall sind mühsam. Das Schema good mother – bad cop gilt nicht unbedingt. Martin McDonagh hat in Irland Jahrzehnte lang erfolgreic­he Theaterstü­cke geschriebe­n. „Three Billboards“ist sein dritter Film, nach „Brügge sehen ... und sterben?“, 2008, und „7 Psychos“, 2012. All seine Stücke und seine Filme besitzen die gleiche Mischung aus Härte und poetischer Sanftheit, aus skurrilem Melodram und rüder Gewalt. Woody Harrelson ist der Sheriff, und Sam Rockwell ist Jason, die beiden tauchten bereits unter den „7 Psychos“auf. Als McDonagh diesen Film drehte, war das Script zu „Three Billboards“bereits geschriebe­n. Der Film hat bei seiner Erstauffüh­rung auf dem Filmfestiv­al in Venedig im vorigen Herbst und dann bei seinem Start in den USA das Publikum gespalten – der eine Teil war gepackt von seiner melodramat­ischen Wucht, der andere fand das schrecklic­h, diese hinterwäld­lerische Macho-Atmosphäre in der kleinen Stadt. Bei den Golden Globes vor einigen Wochen wurde der Film viermal ausgezeich­net, unter anderem Frances McDormand als beste Hauptdarst­ellerin in einem Drama. Womöglich hat sie nun auch Chancen, wenn in einigen Wochen die Oscars vergeben werden. Einen ersten bekam sie bereits vor zehn Jahren für „Fargo“, da war sie der Sheriff – und schwanger dazu. „Three Billboards“ist ein harter, kompromiss­loser Film. Aber bei aller Unversöhnl­ichkeit entwickelt er doch immer auch Spuren von Sympathie für die Cops, macht ihre Einsamkeit deutlich. Und Willoughby tut sein bestes, um die Exzesse seines Hilfssheri­ffs zu zügeln. Neben der Furie Mildred und ihrem krassen Fall von Mutterlieb­e gibt es plötzlich auch eine zärtliche Variante von Vaterliebe – der Sheriff und seine kleinen Kinder. Auch ihm rutscht – sorry, Kids – beim Abendessen mal ein Fluch raus. Er hat Krebs, das ist kein Geheimnis in der Stadt. Irgendwann spürt man, es gibt ein stilles Einverstän­dnis zwischen den beiden – über die Fragen von Verlust und Liebe, Leben und Tod. Ich wollte diese Rolle wie ein Mann spielen, sagt Frances McDormand. Sie hat einen bestimmten Mann vor Augen, John Wayne.

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Erstmal: Feuer unter den Hintern

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