In München

Heißes Pflaster

Schwarze Power und Sex gegen Geld

- Rainer Germann

Die gute Nachricht vorweg: HBO hat eine 2. Staffel von The Deuce bestellt und damit ereilt der Serie nicht das Schicksal der anfangs ebenfalls gefeierten 1. Staffel von „Vinyl“, die aber trotz Produzente­n Mick Jagger und Martin Scorsese vom Sender eingestell­t wurde. Wahrschein­lich interessie­ren sich halt mehr Leute für Sex und Koks als für Glamrock und Koks. In der nicht nur mit James Franco in einer Doppelroll­e als ungleiches Gangster-Barmann-Brüderpaar und Maggie Gyllenhaal als ehrgeizige Prostituie­rte hervorrage­nd besetzten Dramaserie, die nach dem „heißen Pflaster“um den Times Square Anfang der Siebziger benannt ist, geht es um den Siegeszug der kommerziel­len Pornoindus­trie, wie er von George Pelecanos und David Simon („The Wire) großartig erzählt wird. Großartige Bilder und Schnitte sowie ein perfekt passender Soundtrack runden das Vergnügen ab.

Der Roman von Dave Eggers ist ein Bestseller, auch weil er wohl Aldous Huxleys „Brave New World“für die Generation Y darstellt. Klar, dass The Circle (Universum) von James Ponsoldt mit einem Starcast um Emma Watson und Tom Hanks verfilmt wurde, sollte der Film doch die Millionen Leser in die Kinos locken, was nur zum Teil gelang. Die Geschichte um ein junges Mädchen aus einfachen Verhältnis­sen, das sich beim namensgebe­nden Internetgi­ganten (eine Mischung aus Apple, Google und facebook) als ehrgeizige­s Versuchska­ninchen einer modernen Tracking-Technologi­e ausbeuten lässt, verzichtet nicht auf IT-Campus-Klischees und kann dem Buch wenig Erbauliche­s hinzufügen. Schade drum.

Das Lebensgefü­hl einer verlorenen Generation in 1990er Jahren wollte Larry Clark auf radikale und schockiere­nde Weise mit „Kids“einfangen, auch im selben Milieu angesiedel­ten „Ken Park“standen wieder junge, weiße Skater auf der Suche nach dem ultimative­n Kick im Mittelpunk­t der mit expliziten Sex- und Gewaltszen­en aufgeladen­en Handlung. Nun verlegte er mit The Smell Of Us (Capelight) wieder ein ähnliches Sujet nach Paris, doch irgendwie will das Ganze trotz Handyund GoPro-Bilder von Kamerafrau Hélène Louvart („Pina“), die dem Ganzen einen modernen Look verleihen sollen, nicht mehr so richtig zünden. Wenn jugendlich­e Prostituti­on für Geld, Drogen und dem Adrenalink­ick vor zwanzig Jahren noch das Feuilleton schockiert­e – heute wirkt Clarks Film fast schon nostalgisc­h.

„Black Panther“hat in den USA bereits über 428 Millionen Dollar eingespiel­t und ist der Beweis dafür, dass es Möglichkei­ten gibt, facettenre­iches afro-amerikanis­ches Kino auch im Comic- und Action-Genre zu zeigen. Luke Cage (Marvel/Netflix) ist eine weitere Comicadapt­ion, allerdings nicht in einem mysteriöse­n Land in Afrika sondern auf den Straßen Harlems angesiedel­t. Das ehemalige Gang-Mitglied Cage (Mike Colter), im Comic heißt er noch Carl Lucas/Power Man, wurde mit einem Serum infiziert und erhielt dabei seine Superkräft­e. Aus einem ruhigen Undercover-Leben wurde nichts, denn zusammen mit der Staatsanwä­ltin Misty Knight (Simone Missick) ist er schon bald im Einsatz gegen den skrupellos­en Gangster „Cottonmout­h“(Mahershala Ali), der Harlem fest im Griff hat. Starkes schwarzes Serien-Gangster-Kino meets Action-Comic. Geht doch.

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