LOKALES Wachtelbrust mit Blumen
Das Restaurant Schapeau im Hotel Torbräu am Isartor möchte gehobene deutsche Küche im Jugendstil-Ambiente servieren.
Hier ging es ab im alten München: liest man den historischen Roman „Der Wachsmann“vom Rosenheimer Autor Richard Rötzer, war das Tal anno 1319 mal eine richtige Wirthausmeile, in der schwer getrunken und geschlemmt wurde. Gut 150 Jahre später eröffnete auch schon das älteste Hotel Münchens, die „Thaltor-Herberge“am Isartor. Johann Nepomuk Mayr, Urahn der heutigen Betreiber Werner und Andreas Kirchlechner, führte das Haus ab 1903, sein Kaffeehaus war ein beliebter Ort für „intelligenten Austausch“. Nach verschiedenen Pächterwechseln war hier vor Jahren auch das „La Famiglia“von H’ugo’s- und Tambosi-Wirt Ugo Crocamo beheimatet, die Schwester führte den beliebten Italiener. Seit sieben Jahren betreiben die Kirchlechners das Restaurant und Café nach aufwendigem Umbau wieder selbst und hatten mit dem SchuhbeckSchüler Sascha Santen einen gelungenen Einstieg mit gehobener, bayerischer Küche, ganz im Stil des Meisters aus Waging. Im Lokal wurde eine Zwischendecke entfernt, so dass der Raum fast wieder an das einstige Jugendstil-Kaffeehaus erinnert. Die Bar zieren nicht nur berühmte Motive Gustav Klimts, sondern sie lädt mit Chaiselongues und einem Stutz-Flügel, der wohl nur zum „Swing Brunch“benutzt wird, auch zum gemütlichen Verweilen ein. Daneben sollen schwarzweiße Sportfotografien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts historischen Charme vermitteln, davor sind mehrere Flaschen und Gläser als Weinempfehlung drapiert. Auch wenn die einzelnen Details nur schwer zusammenpassen und oft eher wie aus einem Möbelhaus statt aus einem Antiquitätenladen wirken, hat das Schapeau eine recht eigene Atmosphäre zwischen Kaffeehaus, Hotellounge und Restaurant. Das gilt auch für die Küche des seit rund fünf Jahren amtierenden Küchenchefs Martin Scheller – oft mehr, aber auch mal weniger gelungen versucht er sich den Anforderungen einer gehobenen deutschen (Hotel-)Gastronomie zu stellen.
Kürbis mit Zugabe
Wir beginnen mit dem Business Lunch: an einem Wochentag um 13 Uhr ist die Lokalität zu einem Drittel besucht, einige ältere Damen trinken bereits Kaffee und laben sich am Kuchenbuffet, seit Konditormeister Werner Kirchlechner Mitte der 70er Jahre sein Café am Isartor im Torbräu eröffnete, verbinden Kenner und Genießer das Haus mit süßem Backwerk höchster Qualität. Hotelgäste und Damen auf Shopping Tour bestimmen das Bild, natürlich sind auch hungrige Büroleute aus der Umgebung vor Ort. Auf der Karte steht ein Kalbsragout mit geschnittenen Semmel- oder böhmischen Knödel (13,80) und KürbisRavioli mit gemischten Pilzen, Pinienkernen und Kräutern (9,80). Das wirklich gelungene Kalbsragout war eher ein Gulasch in einer schön sämigen Soße, die nicht unangenehm nach Wein schmeckte. Die Ravioli waren eher geschmacksneutral, klar, der leider inflationär verwendete Kürbis ist nicht gerade als gustatorisches Wunder bekannt und lebt auch hier von der Zugabe. Die Pilze hatten schönen Biss, auch war der Teller apart angerichtet mit Kräutern, Parmesanspänen und Blüten – leider trübte die übermäßige Verwendung von Olivenöl etwas den Genuss.
Verliebter Wirsing und müder Wein
Bei einem weiteren Besuch an einem verregneten Freitagabend im Februar, saßen wir relativ verloren mit zwei weiteren Hotelgästen im hinteren Teil des Restaurants. Normalerweise wäre mehr los, meinte der freundlich bemühte Kellner. Die kräftige und schön konzentrierte Rinderconsommé mit Blutwurstravioli und Gemüseperlen (9,90) wärmte auf genussvolle Art und Weise. Raffinierter wurde es mit einer roten Linsensuppe mit Kokosschaum und gebackenen Schweinebäckchen (8,90), ein Hauch exotische Küche in gelungener deutscher Variation. Bei der Wachtelbrust mit Allerlei von den Beeten (16,90) ist dem Küchenchef zumindest optisch die Fantasie in Richtung Malen nach Zahlen durchgegangen: der mit roter und gelber Beete, violetter Beete-Creme und diversen Salaten und Blüten verzierte Teller sah zwar lustig aus, die leider noch etwas zu rot statt rosa gegarte Wachtelbrust konnte jedoch nicht richtig überzeugen. Das rosa gebratene Duroc-Schweinefilet (23,90) mit einem guten, vielleicht ein bisschen arg verliebt gewürzten Wirsing dann schon eher, wenn nicht fast kalte Fritten von der Steckrübe und ein nicht vorhandener Wacholderrahm (wurde durch eine Soße ersetzt, die wie eine recht salzige Balsamico-Reduktion schmeckte) für wenig kulinarisches Entzücken sorgten. Das galt auch für den dazu servierten 2013 Ahr-Schiefer, Pinot Noir vom Weingut Brogsitter an der Ahr, (0,2l zu 9,80), ganz ehrlich, der Wein wirkte müde und dafür zu teuer, konnte weder vom Preis noch von der Qualität her mit vielen verkosteten Spätburgundern von der Ahr mithalten. Der Lugana von der Tenuta Roveglia (0,2l zu 9,80) war zwar auch kein Schnäppchen, schmeckte aber ganz ordentlich. Obwohl wir die Teller nicht ganz aufgesessen hatten, war an diesem Abend kein Platz mehr für Dessert, das muss man vielleicht einmal bei Kaffee und dem hochgelobten Kuchenbuffet nachholen. Fazit: Leider kann die Qualität der Küche nur zum Teil mit dem Anspruch und den Preisen mithalten, obwohl der Chefkoch offensichtlich bei manchen Gerichten sein Handwerk versteht. Etwas weniger Blüten, dafür mehr Raffinesse, vielleicht auch eine wöchentlich wechselnde Abendkarte – irgendwie wirkt das ganze Restaurant ein bisschen müde wie der servierte Rotwein. Eigentlich schade, denn aus der Lokalität könnte man mehr machen als nur ein vom Jugendstil beeinflusstes Kaffeehaus.
Schapeau im Hotel Torbräu Tal 41, 80331 München Tel.: 089/24 23 44 00, täglich von 11 bis 23.30 Uhr, www.schapeau.de