KINO Das Glück jagt hinterher
Viel Liebe, viel Wahnsinn, tolle Doks
Verluste. Leningrad. Boris‘ (Alexey Rozin) und Zhenyas (Maryana Spivak) Ehe steht vor dem Aus. Zhenya ist mit dem reichen Anton (Andris Keishs) liiert. Boris und Masha (Marina Vasilyeva) erwarten ein Kind. Außen vor ist der zwölfjährige Sohn Alyosha (Matvey Novikov). Der weiß, dass er von beiden Eltern nicht geliebt wird. Und verschwindet spurlos. Nun müssen die beiden Ex-Partner gemeinsam handeln. Andrey Zvyagintsevs herzzerreißendes Meisterwerk Loveless ist, wie schon seine früheren Filme (zuletzt „Leviathan“), großes, faszinierendes Kino. Hier: Eine bittere Erzählung über Lieblosigkeit und Liebesentzug. Wahrhaftig. Ohne Klischees. Und eine bitterböse Darstellung der desolaten russischen Gesellschaft. (Ab 15.3.)
Zum Sterben schön. Arthur (Josef Hader) fliegt nach Amsterdam, weil’s da aktive Sterbehilfe gibt. Claire (Hannah Hoekstra) will sich das Leben nehmen. Zufällig begegnen sich die beiden im Hotel, sind schwerst genervt, dann voneinander angezogen. Distanz und Nähe, Zynismus und Melancholie, Versuche, wahren Gefühlen freien Lauf zu lassen … Einfach schön zum Zuschauen, wie die beiden in der feinfühligen, schwarzhumorigen Tragikomödie Arthur & Claire, Regie Miguel Alexandre (Buch zusammen mit Josef Hader nach einem Theaterstück von Stefan Vögel) zurück ins Leben finden. Josef Hader auf den Leib geschrieben. Hannah Hoekstra brilliert an seiner Seite. (Ab 8.3.)
Was für ein Abschied! Harry Dean Stanton ist am 15. September 2017 mit 91 Jahren gestorben. In John Carroll Lynchs wunderbarem Debüt Lucky spielt er einen alten Mann, der allein in einem Wüstenkaff lebt. Yogaübungen am Morgen, Quizsendungen schauen, Frühstück im Diner, Zigaretten kaufen, abends in der Stammbar eine Bloody Mary trinken … Als Lucky einen Schwächeanfall erleidet, wird es Zeit, über Leben und Tod nachzudenken, das geht ihm gegen den Strich. Aber Lucky findet seine kleine Philosophie. Großartiger Abgang von Harry Dean Stanton! (Ab 8.3.)
Schreckensherrschaft. Der Gefreite Willi Herold (Max Hubacher) wird 1945 als Wehrmachts-Deserteur gejagt. Er findet eine Hauptmannsuniform und schlüpft in die zugehörige Rolle. Sammelt versprengte Soldaten um sich (u.a. Milan Peschel und Frederick Lau) und steigert sich in einen wahnwitzigen Machtrausch. Übernimmt das Kommando in einem Strafgefangenenlager, lässt Häftlinge exekutieren, terrorisiert mit seiner „Kampfgruppe“Land und Leute. Robert Schwentkes horribles (und formidables) Endzeit-Drama Der Hauptmann beruht auf einem authentischen Fall. Großartige Darsteller. Besonders wertvoll. (Ab 15.3.)
The Kids are alright. Die sechsjährige Moonee (Brooklynn Prince) wächst in einem Motel in Orlando / Florida auf. Stellt, unter gelegentlicher Aufsicht des Motelmanagers Booby (Willem Dafoe), allerhand Unfug an. Während ihre junge Mutter Halley (Bria Vinaite) jeden Tag unterwegs ist, um die 38 Dollar Miete fürs Zimmer zusammenzukriegen. Sean Bakers empathische Mutter-Tochter-Story The Florida Project ist spannendes Independent-Kino (vom Regisseur des berühmten iPhone-Dramas „Tangerine L.A.), eine locker erzählte, authentische Milieuschilderung. (Ab 15.3.)
Um Himmels willen. Tommaso ist ein eitler Weißkittel. Kümmert sich wenig um Frau und Tochter. Ist aber stolz auf Sohn Andrea, der Medizin studiert. Nun verändert sich der Bub aber zusehends, vielleicht ist er ja schwul? Viel schlimmer: Er will plötzlich Priester werden. Das liegt an Don Pietro, einem charismatischen Jugendverderber, dem Atheist Tommaso das Handwerk legen will. Se dio vuole – Um Gottes Willen ist eine temporeiche, in Italien sehr erfolgreiche Komödie von Eduardo Falcone (Theatiner, OmU, ab 15.3.)
Über den Kopf. Wächst Luisa (Lina Beckmann) ihr Liebesleben und ihr Job als Paartherapeutin. Ihre Ehe mit Richard (Charly Hübner) ist fad, im Vergleich zur Affäre mit Leopold (Benno Fürmann). Da spaltet sie sich einfach auf: Tauft ihre kindlich-naive Doppelgängerin „Ann“, überlässt ihr Richard und vergnügt sich mit Leopold. Richard aber findet immer mehr Gefallen an Ann. Was Luisa auch wieder nicht recht ist … Lola Randls überkandidelte Verwechslungskomödie Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer? hat einen spannenden Ansatz, allein, die Ausführung enttäuscht. (Ab 8.3.)
Aufbruch. Marleen (Jella Haase), Anfang 20, wohnt noch zu Hause. Ihre Eltern (Juliane Köhler und Uwe Ochsenknecht) machen ihr das Leben schwer. Gibt es doch den supertollen Bruder Erik (Matthias Schweighöfer), der einfach alles richtig macht: Bergsteiger, Surflehrer, Weltreisender, Buchautor … Marleen packt ihr Ränzel und haut ab. Unterwegs verhilft ihr Ben (Marc Benjamin) zur Erkenntnis, dass es gar keiner großen Ziele bedarf, um glücklich zu sein. Vielmachglas heißt das Roadmovie von Florian Ross. (Ab 8.3.)
Himmel. Geburtshelferin Maria Magdalena (Rooney Mara) soll heiraten, weigert sich. Wird exorziert. Schließt sie sich Jesus von Nazareth (Joaquin Phoenix) an. Und zieht mit den anderen, darunter Petrus (Chiwetel Ejiofor) und Judas (Tahar Rahim) nach Jerusalem. Der von Garth Davis inszenierte Maria Magdalena erzählt ein Bibel-Bio-Pic mit einer treu ergebenen Hauptfigur. (Ab 15.3.)
Kampf. Lara Croft (Alica Vikander) mag das Erbe ihres Vaters nicht annehmen. Sie glaubt nicht an dessen Tod, und macht sich auf Spurensuche, die sie auf eine Insel vor der Küste Japans führt, wo er ein geheimnisvolles Grabmal entdeckt hatte. Tomb Raider ist ein Fantasy-Abenteuer, basierend auf einem Computerspiel von 2013. (Ab 15.3.)
Waffenfreunde! Sarah Winchester (Helen Mirren), Witwe des Waffenfabrikanten, fühlt sich von den gequälten Seelen all der Getöteten verfolgt. Und baut an einem riesigen, labyrinthischen Gebäude, um sie zu verwirren. Dr. Price (Jason Clarke) soll sie auf ihren Geisteszustand untersuchen. Muss allerdings lernen, dass die alte Dame Recht hat. Winchester – das Haus der Verdammten ist ein Horrorthriller von Michael und Peter Spierig. (Ab 15.3.)
Ein Mann sieht rot. Als bei einem Raubüberfall seine Frau (Elisabeth Sure) getötet und seine Tochter (Camila Morrone) schwer verletzt haben, geht Dr. Kersey (Bruce Willis) auf Rachefeldzug in der Verbrecherwelt Chicagos. In den a-sozialen Medien wird er wie ein Held gefeiert. Detective Raines (Dean Norris) dagegen will den Doktor stoppen … Nun kommt Eli Roths fragwürdiges Selbstjustiz-Drama Death Wish nicht nur zum völlig falschen Zeitpunkt. Es ist auch noch lieblos heruntergedreht. (Ab 8.3.)
Vergeltung. Nach dem Anschlag aufs World Trade Center schicken die
USA eine 12-köpfige Elite-Einheit nach Afghanistan, die dort ein Bündnis mit der Nord-Allianz schließen soll. Gefährlich, erschwert durch kulturelle Ahnungslosigkeit, fehlende Ausrüstung usw. Jerry Bruckheimer und Nicolai Fuglsig erzählen in ihrem patriotischen Action-Drama Operation: 12 Strong von der historisch verbürgten Mission. Mit dabei beim Helden-Epos sind u.a. Michael Shannon, Michael Peña, Trevante Rhodes und Chris Hemsworth. (Ab 8.3.)
Jane Goodall konnte schon in den 1960ern zeigen, dass Schimpansen hoch intelligente und sozial agierende Wesen sind. Und wurde eine weltweit berühmte Tierforscherin und Umweltaktivistin. Brett Morgen widmet ihr mit Jane ein großes, bewegendes Porträt. (Ab 8.3., Premiere im Filmtheater Sendlinger Tor, Do 8.3.)
Metropolitan Museum of Modern Art! Ist nur eines von vielen Bauwerken des mittlerweile 95-jährigen irisch-amerikanischen Architekten Kevin Roche. Die Doku Kevin Roche – Der stille Architekt von Mark Noonan zeigt, dass Architektur fürs demokratisch soziale Miteinander durchaus möglich ist. (Ab 8.3.)
Ein ganzer Tag. Mit der Sonne einmal um die ganze Welt zieht die BBC-Doku Unsere Erde 2. Faultiere, Pinguine, Zebras, Pottwale, Erdmännchen, Affen … über drei Jahre recherchiert und erarbeitet von Peter Webber, Richard Dale und Fan Lixin. Eindrückliche bis fantastische Bilder von 39 Kamerateams, kommentiert von Günther Jauch. (Ab 15.3.)
Die fünf Freunde George, Julian, Dick, Anne und Hund Timmy müssen mit ihrer Tante (Bernadette Heerwagen) zu einer Hochzeit fahren. Wie langweilig! Glücklicherweise lernen sie den kauzigen Marty Bach (Jacob Matschenz) kennen, der behauptet, sein verstorbener Vater habe ein vollständig erhaltenes Dinosaurierskelett entdeckt. Als Marty ein Foto mit einem versteckten Zahlencode gestohlen wird, wird es spannend. Fünf Freunde und das Tal der Dinosaurier heißt das mittlerweile fünfte Kinderabenteuer um die EnidBlyton-Kids. (Ab 15.3.)
UND AUSSERDEM: (siehe auch Film ABC)
Weil die Rote Armee anrückte, nahmen sich hunderte Einwohner der Kleinstadt Demmin das Leben. Neonazis nutzen die Tragödie heute für alljährliche Aufmärsche. Martin Farkas erforscht in seiner Doku Über Leben in Demmin Vergangenheit und Gegenwart. (Preview im Monopol am Mi 14.3., dann ab 22.3.)
Gulio und Claudio sind ein gemeinsam gealtertes Liebespaar. Der bettlägerige Claudio ahnt nicht, dass Gulio allmählich das Geld ausgeht. Gulio pflegt ihn rührend … Für Dich soll’s ewig Rosen geben heißt das romantische Drama von Cesare Furesi. (Nur MonGay, 15.3.)
Silke Abendschein porträtiert in ihrer Doku El septimo sentido die spanischen Tänzerinnen Avatâra Ayuso, Alejandra Banjo und Eugenia Morales. Die eine ist Choreographin, die zweite freie Tänzerin, die dritte leitet eine Ballettschule. (Werkstattkino, ab So 11.3.)
Inspiriert von den grausamen Taten eines Serienkillers treibt Ramanna selbst sein Unwesen in der indischen Metropole Mumbai. Ein kokain- und sexsüchtiger Polizist ist ihm auf den Fersen. In Anurag Kashiraps Thriller Psycho Raman betreiben Täter und Verfolger ein faszinierendes Spiel. (Werkstattkino, ab 12.3.)