AUSSTELLUNGEN Gegenwartsbetrachtungen
Zeitgenössischer Schmuck, die Villa Stuck feiert, Pop-Art und Porträtkunst
Münchens Augen machen blingbling. Das liegt an den Schmuckausstellungen, die jetzt laufen. Den Anfang machte die Sonderschau Schmuck (alle Infos unter: ihm.handwerk-design.com), die noch bis zum 13. März auf der internationalen Handwerksmesse zu sehen ist. Für die diesjährige Ausstellung haben sich 912 Goldschmiede beworben. 65 Künstler aus 21 Ländern hat Hans Stofer, ehemaliger Leiter der Schmuckklasse am Royal College of Art in London, ausgewählt. Am stärksten vertreten ist Deutschland, gefolgt von Japan, Argentinien und den Niederlanden. Ein eigener Schmuck-Stadtplan (Download hier: ihm.handwerk-design.com) mit allen wichtigen Terminen und Veranstaltungen weist den Weg durch die Stadt, die zum Treffpunkt für Sammler, Galeristen und Kuratoren aus aller Welt wird. Kein Wunder also, dass viele Museen und Galerien auf zeitgenössischen Autorenschmuck setzen. Die Neue Sammlung in der Pinakothek der Moderne zum Beispiel erinnert mit Jablonec ’68 (10. März bis 3. Juni, Katalog) an das 1. Gipfeltreffen von Schmuckkünstlern aus Ost und West, das vor 50 Jahren im nordböhmischen Jablonec stattfand. Dem Prager Frühling sei Dank. Während des vierwöchigen Symposiums entstanden experimentelle Arbeiten aus Silber mit Glas, Schiefer oder Halbedelsteinen. Die Schmuckobjekte haben sich in dem nordböhmischen „Museum für Glas und Schmuck“bis heute erhalten – und werden jetzt erstmals wieder der Öffentlichkeit gezeigt. Wer damals dabei war? Manaba Magomedova aus Russland zum Beispiel, Bruno Martinazzi aus Italien, Hermann Jünger aus Deutschland oder Othmar Zschaler aus der Schweiz. Bis heute werden sie als Begründer des Autorenschmucks gefeiert. Noch eine Ausstellung hat die Neue Sammlung auf die Beine gestellt und die Klasse für Freie Kunst / Gold- und Silberschmieden an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg eingeladen, ihre Arbeiten in der Pinakothek
der Moderne zu präsentieren. Under the Stairs. Tableau Vivant (10. März bis 3. Juni) zeigt junge Schmuckkunst von Studenten. Kreppband, Acrylglas, Kunstharz, Kunststoff, Geweih, Messing, Eisen, Buchenholz oder Silikon, es wird geschmiedet, geschnitzt, gewickelt, auch der 3D-Drucker kommt zum Einsatz – allein die Materialien und Techniken machen klar, wie groß die experimentelle Bandbreite ist.
Und weil’s so bequem ist und draußen kalt, bleiben wir noch ein Weilchen in der Pinakothek der Moderne. Als Beitrag zum Jubiläumsjahr 2018 „Wir feiern Bayern“hat sich das Architekturmuseum der TU München mit dem Wohnungsbau beschäftigt. Und zwar „im Kontext politischer Maßnahmen sowie wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen.“Eine historische Aufarbeitung verschiedener Raumkonzepte und architektonischer Lösungen als Spiegel der jeweiligen Lebensverhältnisse. Zugegeben, das klingt etwas trocken. Ist es aber nicht. Schließlich beschäftigt sich die Ausstellung Wohnungen, Wohnungen, Wohnungen! (15. März bis 21. Mai) mit einer Frage, das immer aktuell ist und uns alle angeht: Welche Aspekte, haben den Wohnungsbau bis heute beeinflusst?
Die feiert! Und zwar sich selbst und das zu Recht. 50 Jahre Museum Villa Stuck. Na und wie feiert ein Museum? Mit einer Ausstellung natürlich. Betreff: Schicksal Villa Stuck – Das Neue Atelier Franz von Stucks (9. März bis 6. Mai, Katalog). Franz von Stuck war ein erfolgreicher Künstler. Und eben dieser Erfolg und die Aussicht auf Großaufträge brachten ihn zum Bau eines großen und architektonisch wegweisenden Ateliergebäudes. Es gab sogar einen konkreten Anlass, und das war die große Plastik der pfeilschießenden Amazone, die er 1912/13 im Auftrag der Stadt Köln noch im Gigantensaal der Münchner Akademie modellierte. Um solche Projekte künftig nicht mehr auslagern zu müssen, plante er den Neubau als Ergänzung seiner Künstlervilla. Als kleiner symbolischer Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten zieht diese Amazone aus dem Vorgarten zurück in das Ateliergebäude, wo sie auf weitere Skulpturen und Malerei trifft. Aber das ist noch nicht alles, was die Villa Stuck vorhat: „Im ‚White Cube‘ des Ateliergebäudes wird ein neuer, frischer Blick die Werke Stucks in die Gegenwart transformieren. Eines der größten Künstlerateliers seiner Zeit wird damit erstmals in seiner ursprünglichen Funktion und Disposition gezeigt.“Wir sind auf jeden Fall gespannt, wie sich der Raum verändert, wenn die großen Nordlichtfenster geöffnet werden und die Atelierräume mit Licht fluten.
So und jetzt noch flott rüber ins Lenbachhaus. I’m a Believer (ab 20. März) zeigt Pop Art und Gegenwartskunst. Ausgangspunkt sind klassische Positionen von Andy Warhol, Thomas Bayrle, Ulrike Ottinger und Hannsjörg Voth. Von Sigmars Polkes „German Pop“über Stephen Shores Fotografien nordamerikanischer Vorstädte geht es dann bis in die Gegenwart. Hier trifft man auf Hans-Peter Feldmann, Isa Genzken, Judith Hopf, Daniel Man oder Pietro Sanguineti. Außerdem gibt es eine der weltweit größten Sammlungen von Gemälden von Maria Lassnig zu sehen, Miriam Cahns Arbeiten für die documenta 14 und eine der letzten Malerei-Installationen der Amerikanerin Amy Sillman. Und Gerhard Richter und Sigmar Polke und-und-und. Hingehen und selber schauen.
Athene ist die Göttin der Weisheit, des Kampfes, der Kunst und des Handwerks. Also ist es nur konsequent, dass die Glyptothek Arbeiten der Münchner Meisterschule für Holzbildhauerhandwerk zeigt. Unter dem Dach der Athene (14. März bis 3. Juni, Katalog) zeigt 24 skulpturale Porträts aus verschiedenen Materialien wie Holz, Gips, Ton oder Beton und dazu 19 grafische Studienarbeiten. Aufgabe der Abschlussklassen war es, sich gegenseitig zu porträtieren. Ein schöner Gegenpol zur klassischen antiken Porträtkunst.