Wiebke Puls
Einfach mal Fliehen aus der Praxis von Sigmund Freud. Und dann ab über den nächsten Jägerzaun
Sie ist die wohl berühmteste „Patientin“des 20. Jahrhunderts. Mal wurde sie angefeindet, dann bemitleidet und bewundert. Und dabei hatte sie doch nur gewagt, was aus moderner Sicht eigentlich selbstverständlich gewesen wäre: Das junge jüdisches Mädchen, bei der eine „petite hystérie“diagnostiziert wurde, wagte es, die Behandlung beim damals schon fast weltberühmten Doktor Sigmund Freud vorzeitig abzubrechen und das berühmte Liegesofa zu verlassen. Katharina Adler hat erst mit Verspätung herausgefunden, dass es sich bei der widerspenstigen „Dora“, die in Wirklichkeit „Ida“hieß und Adlers Buch ihren Namen gab, um ihre eigene Urgroßmutter handelte. Die junge Münchner Autorin, bekannt geworden durch die Verfilmung ihres ersten Drehbuchs „Sunny und Roswitha“, wollte dem Zerrbild zwischen Heldin und Opfer etwas Eigenes entgegensetzen. „In mir wuchs der Wunsch, dieses Bild zu ergänzen“, sagt sie heute. Und so erzählt sie Uroma Idas Geschichte, wie sie vermutlich wirklich war – zwischen Welt- und Nervenkriegen. (Literaturhaus, 25.7.)
Über die Weltgeltung von Leonard Cohen herrscht dagegen weitgehend Einigkeit. Nicht nur seit seinen Lebzeiten, sondern vor allem posthum – traurige Nostalgie schadet nie – gilt er als einer der populärsten Singer und Songwriter und oft unerreichtes Vorbild für immer neue Generationen. Die Starschauspielerin Wiebke Puls von den Kammerspielen leistet nun sehr zupackende, rührende Erinnerungsarbeit – mit einer Lesung aus Cohens stark autobiografisch geprägtem Debütroman „Das Lieblingsspiel“, erschienen 1961. Ivica Vukelic begleitet die Sängerin dazu mit einigen frühen Songs des charmanten Melancholikers, die Puls selbst ins Deutsche übersetzt hat. (Bar Gabanyi, 12.7.)
Besser kennerlernen sollte man Amahl Khouri, die aus Jordanien stammende Theatermacherin, die in München lebt. Ihr Stück „She He Me“wurde in den Kammerspielen uraufgeführt, ihre Texte finden weltweit Beachtung – und Literaturpreise. Zusammen mit Jan Geiger vom SUB präsentiert sie neue Werke und lässt in ihre Schreibkammer blicken. (Monacensia, 12.7.)
Bereits zum fünften Mal findet im Schloss Blutenburg mit dem White Ravens Festival das spannendste internationale Treffen für Autoren von außergewöhnlicher Kinder- und Jugendliteratur statt. Ergänzt werden die Aufführungen dort durch Auftritte in Schulen und Bibliotheken in ganz Bayern. Rund 70 Chancen, innovative Autoren abseits der Zwangsverkitschung und Dei-Dei-Schreiberei zu treffen, kommen so zusammen. (Internationale Jugendbibliothek Blutenburg, 15. bis 19.7.)
Zum Abschluss sollte man die zweite Auflage der mit Sicherheit stimmungsvollsten Lese-Reihe des Sommers nicht verpassen. Für die Münchner Lesung im Privatgarten sperren nicht nur aufgeschlossene Grundbesitzer ihre Tore auf und locken Autoren über den Jägerzaun. Mit Vortragenden wie Christian Kohlbeck, Manuel Karadeniz, Katharina Muth, Denise Lapöck, Clemens Nicol und Franziska Trischler kommen Mitarbeiter vom BR, von den Hochschulen sowie von vielen Münchner Theater- und Kleinkunstbühnen zusammen, denen man wirklich gerne zuhört. Vom Summen und Zwitschern hat sich bislang noch jeder beflügeln lassen. (Freimann, 22.7.)