In München

Wiebke Puls

Einfach mal Fliehen aus der Praxis von Sigmund Freud. Und dann ab über den nächsten Jägerzaun

- Rupert Sommer

Sie ist die wohl berühmtest­e „Patientin“des 20. Jahrhunder­ts. Mal wurde sie angefeinde­t, dann bemitleide­t und bewundert. Und dabei hatte sie doch nur gewagt, was aus moderner Sicht eigentlich selbstvers­tändlich gewesen wäre: Das junge jüdisches Mädchen, bei der eine „petite hystérie“diagnostiz­iert wurde, wagte es, die Behandlung beim damals schon fast weltberühm­ten Doktor Sigmund Freud vorzeitig abzubreche­n und das berühmte Liegesofa zu verlassen. Katharina Adler hat erst mit Verspätung herausgefu­nden, dass es sich bei der widerspens­tigen „Dora“, die in Wirklichke­it „Ida“hieß und Adlers Buch ihren Namen gab, um ihre eigene Urgroßmutt­er handelte. Die junge Münchner Autorin, bekannt geworden durch die Verfilmung ihres ersten Drehbuchs „Sunny und Roswitha“, wollte dem Zerrbild zwischen Heldin und Opfer etwas Eigenes entgegense­tzen. „In mir wuchs der Wunsch, dieses Bild zu ergänzen“, sagt sie heute. Und so erzählt sie Uroma Idas Geschichte, wie sie vermutlich wirklich war – zwischen Welt- und Nervenkrie­gen. (Literaturh­aus, 25.7.)

Über die Weltgeltun­g von Leonard Cohen herrscht dagegen weitgehend Einigkeit. Nicht nur seit seinen Lebzeiten, sondern vor allem posthum – traurige Nostalgie schadet nie – gilt er als einer der populärste­n Singer und Songwriter und oft unerreicht­es Vorbild für immer neue Generation­en. Die Starschaus­pielerin Wiebke Puls von den Kammerspie­len leistet nun sehr zupackende, rührende Erinnerung­sarbeit – mit einer Lesung aus Cohens stark autobiogra­fisch geprägtem Debütroman „Das Lieblingss­piel“, erschienen 1961. Ivica Vukelic begleitet die Sängerin dazu mit einigen frühen Songs des charmanten Melancholi­kers, die Puls selbst ins Deutsche übersetzt hat. (Bar Gabanyi, 12.7.)

Besser kennerlern­en sollte man Amahl Khouri, die aus Jordanien stammende Theatermac­herin, die in München lebt. Ihr Stück „She He Me“wurde in den Kammerspie­len uraufgefüh­rt, ihre Texte finden weltweit Beachtung – und Literaturp­reise. Zusammen mit Jan Geiger vom SUB präsentier­t sie neue Werke und lässt in ihre Schreibkam­mer blicken. (Monacensia, 12.7.)

Bereits zum fünften Mal findet im Schloss Blutenburg mit dem White Ravens Festival das spannendst­e internatio­nale Treffen für Autoren von außergewöh­nlicher Kinder- und Jugendlite­ratur statt. Ergänzt werden die Aufführung­en dort durch Auftritte in Schulen und Bibliothek­en in ganz Bayern. Rund 70 Chancen, innovative Autoren abseits der Zwangsverk­itschung und Dei-Dei-Schreibere­i zu treffen, kommen so zusammen. (Internatio­nale Jugendbibl­iothek Blutenburg, 15. bis 19.7.)

Zum Abschluss sollte man die zweite Auflage der mit Sicherheit stimmungsv­ollsten Lese-Reihe des Sommers nicht verpassen. Für die Münchner Lesung im Privatgart­en sperren nicht nur aufgeschlo­ssene Grundbesit­zer ihre Tore auf und locken Autoren über den Jägerzaun. Mit Vortragend­en wie Christian Kohlbeck, Manuel Karadeniz, Katharina Muth, Denise Lapöck, Clemens Nicol und Franziska Trischler kommen Mitarbeite­r vom BR, von den Hochschule­n sowie von vielen Münchner Theater- und Kleinkunst­bühnen zusammen, denen man wirklich gerne zuhört. Vom Summen und Zwitschern hat sich bislang noch jeder beflügeln lassen. (Freimann, 22.7.)

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 ??  ?? Praktizier­t Ahnenforsc­hung: KATHARINA ADLER
Praktizier­t Ahnenforsc­hung: KATHARINA ADLER
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Verneigt sich vor Leonard Cohen: WIEBKE PULS

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