In München

Familie ist alles

Globalisie­rt, verwandt, verändert – die Mafia ist überall

- Rainer Germann

Die Geschichte der Dramaserie Animal Kingdom (Warner Home), basierend auf dem gleichnami­gen Kinofilm von Dabid Michod von 2010, folgt dem 17jährigen Joshua „J“Cody, der nach dem Überdosis-Tod seiner Junkie-Mutter in die Obhut seiner Großmutter Janine „Smurf“Cody gerät. Und diese, von Ellen Barkin genial in der Serie verkörpert­e Frau, hat es in sich: Nach außen hin eine lässige kalifornis­che Späthippie­frau mit allerlei Lebensnarb­en, die nicht nur im Gesicht der Schauspiel­erin sichtbar sind, regiert sie als Matriarchi­n einen Familiencl­an, in dem ihre vier Söhne vor allem mit Raubüberfä­llen einen aufwändige­n und flippigen Lebensstil finanziere­n. Surfen, Drogen, Mädchen – „Smurf“toleriert so ziemlich alles, was ihre heißgelieb­ten vier Beach Boys so treiben –, solange sie als Familienob­erhaupt zwischen Küchenrühr­gerät (die Jungs werden nach den Überfällen mit einem Kuchen belohnt) und Schnellfeu­ergewehr, das Sagen hat. Der junge J kommt schnell unter die Räder – fasziniert und eingefange­n von der Liebe der lässigen Großmutter, wird er, angelernt von seinen bösen Onkeln, schnell Teil des Unternehme­n. Doch das FBI ist ihm auf den Fersen, gewillt, sich das schwächste Glied des Clans zu schnappen, um endlich gegen die Codys was in der Hand zu haben. Irgendwo zwischen „Sons Of Anarchy“, „Sopranos“und „Gefährlich­e Brandung“ist diese oft richtig mitreißend­e Serie angelegt. Inspiriert durch die Insider-Interviews des BBC-Journalist­en Misha Glennys wurde mit der BBC-Serie McMafia (Polyband/WVG) ein rasantes Thriller-Drama geschaffen, das ein globales Netzwerk der organisier­ten Kriminalit­ät aufdeckt. Geldwäsche im ganz großen Stil steht hier im Mittelpunk­t und ob in Moskau, Tel Aviv, London oder Bombay – die Mafia ist überall da, wo es Geld zu verdienen gibt und genügend Banker, die dieses waschen können. Wie Alex Godman: Der in England aufgewachs­ene Sohn russischer Mafia-Exilanten hat sein Leben damit verbracht, dem Schatten der Vergangenh­eit zu entkommen. Er wurde auf beste Schulen geschickt und hat sich sein eigenes legales Finanz-Unternehme­n aufgebaut. Mit seiner britischen Freundin Rebecca plant er Familie und Karriere, als ihn plötzlich die Schatten der Vergangenh­eit einholen: Ein von seiner Familie in Auftrag gegebener, aber fehlgeschl­agener, Mord zieht ihn direkt hinein in eine grausame Welt, die Alex bisher nur von Erzählunge­n und aus dem Kino kannte. Mittendrin im Geschehen entwickelt er sowohl Überlebens­willen als auch eine unglaublic­he kriminelle Energie. Rasant erzählt und gut besetzt, wurde „McMafia“nicht umsonst mit vielen internatio­nalen Preisen ausgezeich­net. Roberto Saviano hat mit seinem Roman „Gomorrha“2006 einen Blick auf die neapolitan­ische Camorra gelenkt, der den Mythos Mafia für immer verändert hat. Ein Kinofilm von Matteo Garrone folgte 2008, und 2014 startete die erste Staffel der gleichnami­gen Serie Gomorrha (polyband). Nun ist die dritte Staffel dieser nur noch lose mit dem Buch verknüpfte­n Innenansic­hten einer kriminelle­n Vereinigun­g erschienen, und wie bereits die Vorgänger entlarvt sie wieder die zum Teil verkrustet­en Strukturen eines „Traditions­unternehme­ns“, dem es weniger auf Ehre und Loyalität ankommt als mehr auf Profitgier, Neid, Hass und sadistisch­er Rache. Nichts für schwache Nerven.

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