LOKALES Das Harlachinger Jagdschlössl
Kurz vor Grünwald bieten Wirtsgarten und Wirtshaus viel Fleischiges für „richtige Mannsbilder“.
Wir sind immer wieder mal hier vorbeigefahren auf dem Weg ins „gelobte Oberland“und hatten immer noch das zuletzt sehr heruntergekommene Gebäude mit der griechischen Wirtschaft im Sinn –bis uns ein dringendes Bedürfnis dann doch letztens anhalten ließ. Dürfte man bitte mal die Toilette benützen? Gerne, bitte links in den Keller runter. Und da war man dann baff erstaunt: Die HerrenToilette, das Pissoir: ein Traum! Man steht hier im wahrsten Sinne des Wortes urplötzlich mitten im Wald und meint fast das Harz riechen zu können – naja fast. Dann noch einen Blick beim Rausgehen in den Wirtsgarten und in den Gastraum und noch einen auf die Speisekarte. Das wäre doch einen Versuch wert, das „neue“Harlachinger Jagdschlössl!
Von Buddy BierSprizzer bis Surf & Turf
An einem ruhigen schönen Samstagnachmittag sitzen wir dann also im gepflegten Wirtsgarten, einer Mischung aus Biergarten und Lounge mit Kiesboden und Rasenfläche. Die Innenseite des Gastraums besteht aus Glastüren, die zum Garten hin geöffnet sind. Draußen sitzt man unter Kastanienbäumen und kann ins Wirtshaus hineinschauen – alles großzügig, ruhig und angenehm. Wir nehmen im Biergarten Platz, werden freundlichst bedient und umsorgt – fast schon wie die offensichtlichen Stammgäste vom Nebentisch, deren zappeliger Labrador zur Begrüßung gleich mal einen riesigen Kauknochen bekommt, zu seiner und zu „Fraulis“Freude – Kundenpflege wird hier anscheinend groß geschrieben. Kauvergnügen schon mal für den Hund und für uns schon mal die Karte. Beim Kartenstudium wird schnell klar: Hier im „Jagdschlössl“setzt man nicht auf eine kleine Karte, auch nicht auf kleine Portionen, hier ist alles groß. Die Schnitzel, die Haxen, die Portionen, das Sandwich, die Brotzeit-Brettln, die Teller und – ja, auch die Preise. Die schön gestaltete Speisekarte umfasst locker mindestens sechs Seiten und eine Tageskarte – die für Getränke mehr als zehn. Wir erfreuen uns an ausgewähltkreativen Bezeichnungen für die hauseigenen Küchenspezialitäten wie „Bergkasige Kaspressknödel“oder „Zwiebelrostiger Zwiebelrostbraten“oder auch gewichtige Offenbarungen und Aufklärungen über die mühselige und aufwendige Welt hoher Kochkünste wie etwa „Über Nacht geschmurgeltes Ochsenbackerl“oder „Wellig gebrutzeltes Wiener Schnitzel“und auf keinen Fall zu vergessen auch das „Frisch gegrillte Geschnetzelte“. Wir hatten auf alle Fälle schon mal einigermaßen Spaß beim Lesen und bei einem Buddy Bier-Sprizzer (5,90), einem durchaus erfrischen- den Aperitif auf Hofbräu-Weißbier-Basis mit Grapefruit, Hollersirup und Minze und einem zufriedenstellenden Grünen Veltliner (6,90). Spareribs (17,50) und Fleischpflanzerl (13,90) sollen es heute sein. Gerne, sagt die Bedienung und man hat den Eindruck, sie meint es auch so. Die Spareribs (17,50) entpuppen sich als wahre Fleischprügel: keine mundgerecht zugeschnittenen, fettentblößten Rippchen, an denen man dann vornehm herumnagen kann, sondern große, wuchtige Rippen. Sechs Stück an der Zahl, dazu zwei Ofenkartoffeln mit Sour Cream, BBQSauce, ein kleiner Salat und ein Stück Baguette mit Kräuterbutter (das leider sehr labbrig war). Das gut durchwachsene Fleisch war angenehm leicht süßlich mariniert, hätte allerdings für die Knusprigkeit ruhig etwas länger auf dem Grill bleiben können. Ein echtes „Männeressen“– nicht filigran, aber voll respektabel. Die zwei auch nicht kleinen Fleischpflanzerl (13,90) waren saftig und locker und hatten tatsächlich die angepriesene feine Majoran-Note. Den nur ziemlich durchschnittlichen KartoffelEndiviensalat könnte man allerdings durchaus noch verbessern. Aber alles zusammen schmeckte mit einem gutem Bratensafterl trotzdem, da wollen wir nicht allzu spitzfindig werden. Auf die „zweierlei Senf im Glaserl“(direkt auf dem Fleisch-pflanzerl-Teller platziert!) hätten wir aber wirklich verzichten können. Entweder oder – Senf oder Soß!
Bei unserem Abendbesuch wagten wir dann „ein Essen für richtige Mannsbilder“in Form eines Rib-Eye-Steaks, 350gr schwer (31,50) und (schon alleine wegen der Namensgebung) die „Linguine Surf & Turf“(19,90). Während wir aufs Essen warten, vergnügt sich eine Dame im leger-dezenten hell-und dunkelblauen Freizeitjeanslook mit Segelschuhen und edler Golduhr mit einem halben Dutzend Original Nürnberger Rostbratwürstl auf Kraut (9,90) und lobt dieselben lautstark. Derweil schaut der Gatte etwas irritiert auf seine „Harlachinger Jäger-Jaus’n“(15,50), die von der Kellnerin kaum mit einer Hand zu tragen ist: Tiroler Speck, Schinkenschmankerl, gekräutertes Griebenschmalz, grobe Leberwurst, lauwarmer Schweinebraten mit frischem Kren, Obatzda, zweierlei von Kas- und Pfefferwurz, Senf und Essiggurkerl und als Krönung schöner Brotzeitstunden obendrauf ein grandioses Radi-Bukett, das alleine schon für eine ausgewachsene Brotzeit ausgereicht hätte. Wir genossen das wie gewünscht gebratene große Stück gutes Steak-Fleisch, die bereits bekannten (mittelmäßigen) Ofenkartoffeln, dreierlei ganz anständige Soßen und eine leider nicht so wunderbare Kräuterbutter. Die Turf & SurfLinguine, gebratene Rinder-, Kalbfleischund Scampistückchen mit knackigen Schwammerln in einer cremigen Tomatensauce, waren nicht gerade höchst-raffinierte italienische Hausmannskost, aber durchaus deutsches Profi-Kochhandwerk. Der Primitivo Salento (7,60) war dafür durchaus überzeugend italienisch! Fazit: Schöner Platz mit mittelschönem Essen, schönes Publikum, schön teuer – aber man is(s)t ja schließlich auch fast in Grünwald. Und das Pissoir ist unschlagbar!
Harlachinger Jagdschlössl Geiselgasteigstraße 153 81545 München Tel: +49 89 / 309 067 6 - 0 www.harlachinger-jagdschloessl.de Mo bis Fr: 11.00 – 24.00 Uhr Sa, So und Feiertags: 10.00 – 24.00 Uhr