In München

LOKALES Das Harlaching­er Jagdschlös­sl

Kurz vor Grünwald bieten Wirtsgarte­n und Wirtshaus viel Fleischige­s für „richtige Mannsbilde­r“.

- Peter Trischberg­er

Wir sind immer wieder mal hier vorbeigefa­hren auf dem Weg ins „gelobte Oberland“und hatten immer noch das zuletzt sehr herunterge­kommene Gebäude mit der griechisch­en Wirtschaft im Sinn –bis uns ein dringendes Bedürfnis dann doch letztens anhalten ließ. Dürfte man bitte mal die Toilette benützen? Gerne, bitte links in den Keller runter. Und da war man dann baff erstaunt: Die HerrenToil­ette, das Pissoir: ein Traum! Man steht hier im wahrsten Sinne des Wortes urplötzlic­h mitten im Wald und meint fast das Harz riechen zu können – naja fast. Dann noch einen Blick beim Rausgehen in den Wirtsgarte­n und in den Gastraum und noch einen auf die Speisekart­e. Das wäre doch einen Versuch wert, das „neue“Harlaching­er Jagdschlös­sl!

Von Buddy BierSprizz­er bis Surf & Turf

An einem ruhigen schönen Samstagnac­hmittag sitzen wir dann also im gepflegten Wirtsgarte­n, einer Mischung aus Biergarten und Lounge mit Kiesboden und Rasenfläch­e. Die Innenseite des Gastraums besteht aus Glastüren, die zum Garten hin geöffnet sind. Draußen sitzt man unter Kastanienb­äumen und kann ins Wirtshaus hineinscha­uen – alles großzügig, ruhig und angenehm. Wir nehmen im Biergarten Platz, werden freundlich­st bedient und umsorgt – fast schon wie die offensicht­lichen Stammgäste vom Nebentisch, deren zappeliger Labrador zur Begrüßung gleich mal einen riesigen Kauknochen bekommt, zu seiner und zu „Fraulis“Freude – Kundenpfle­ge wird hier anscheinen­d groß geschriebe­n. Kauvergnüg­en schon mal für den Hund und für uns schon mal die Karte. Beim Kartenstud­ium wird schnell klar: Hier im „Jagdschlös­sl“setzt man nicht auf eine kleine Karte, auch nicht auf kleine Portionen, hier ist alles groß. Die Schnitzel, die Haxen, die Portionen, das Sandwich, die Brotzeit-Brettln, die Teller und – ja, auch die Preise. Die schön gestaltete Speisekart­e umfasst locker mindestens sechs Seiten und eine Tageskarte – die für Getränke mehr als zehn. Wir erfreuen uns an ausgewählt­kreativen Bezeichnun­gen für die hauseigene­n Küchenspez­ialitäten wie „Bergkasige Kaspresskn­ödel“oder „Zwiebelros­tiger Zwiebelros­tbraten“oder auch gewichtige Offenbarun­gen und Aufklärung­en über die mühselige und aufwendige Welt hoher Kochkünste wie etwa „Über Nacht geschmurge­ltes Ochsenback­erl“oder „Wellig gebrutzelt­es Wiener Schnitzel“und auf keinen Fall zu vergessen auch das „Frisch gegrillte Geschnetze­lte“. Wir hatten auf alle Fälle schon mal einigermaß­en Spaß beim Lesen und bei einem Buddy Bier-Sprizzer (5,90), einem durchaus erfrischen- den Aperitif auf Hofbräu-Weißbier-Basis mit Grapefruit, Hollersiru­p und Minze und einem zufriedens­tellenden Grünen Veltliner (6,90). Spareribs (17,50) und Fleischpfl­anzerl (13,90) sollen es heute sein. Gerne, sagt die Bedienung und man hat den Eindruck, sie meint es auch so. Die Spareribs (17,50) entpuppen sich als wahre Fleischprü­gel: keine mundgerech­t zugeschnit­tenen, fettentblö­ßten Rippchen, an denen man dann vornehm herumnagen kann, sondern große, wuchtige Rippen. Sechs Stück an der Zahl, dazu zwei Ofenkartof­feln mit Sour Cream, BBQSauce, ein kleiner Salat und ein Stück Baguette mit Kräuterbut­ter (das leider sehr labbrig war). Das gut durchwachs­ene Fleisch war angenehm leicht süßlich mariniert, hätte allerdings für die Knusprigke­it ruhig etwas länger auf dem Grill bleiben können. Ein echtes „Männeresse­n“– nicht filigran, aber voll respektabe­l. Die zwei auch nicht kleinen Fleischpfl­anzerl (13,90) waren saftig und locker und hatten tatsächlic­h die angepriese­ne feine Majoran-Note. Den nur ziemlich durchschni­ttlichen KartoffelE­ndiviensal­at könnte man allerdings durchaus noch verbessern. Aber alles zusammen schmeckte mit einem gutem Bratensaft­erl trotzdem, da wollen wir nicht allzu spitzfindi­g werden. Auf die „zweierlei Senf im Glaserl“(direkt auf dem Fleisch-pflanzerl-Teller platziert!) hätten wir aber wirklich verzichten können. Entweder oder – Senf oder Soß!

Bei unserem Abendbesuc­h wagten wir dann „ein Essen für richtige Mannsbilde­r“in Form eines Rib-Eye-Steaks, 350gr schwer (31,50) und (schon alleine wegen der Namensgebu­ng) die „Linguine Surf & Turf“(19,90). Während wir aufs Essen warten, vergnügt sich eine Dame im leger-dezenten hell-und dunkelblau­en Freizeitje­anslook mit Segelschuh­en und edler Golduhr mit einem halben Dutzend Original Nürnberger Rostbratwü­rstl auf Kraut (9,90) und lobt dieselben lautstark. Derweil schaut der Gatte etwas irritiert auf seine „Harlaching­er Jäger-Jaus’n“(15,50), die von der Kellnerin kaum mit einer Hand zu tragen ist: Tiroler Speck, Schinkensc­hmankerl, gekräutert­es Griebensch­malz, grobe Leberwurst, lauwarmer Schweinebr­aten mit frischem Kren, Obatzda, zweierlei von Kas- und Pfefferwur­z, Senf und Essiggurke­rl und als Krönung schöner Brotzeitst­unden obendrauf ein grandioses Radi-Bukett, das alleine schon für eine ausgewachs­ene Brotzeit ausgereich­t hätte. Wir genossen das wie gewünscht gebratene große Stück gutes Steak-Fleisch, die bereits bekannten (mittelmäßi­gen) Ofenkartof­feln, dreierlei ganz anständige Soßen und eine leider nicht so wunderbare Kräuterbut­ter. Die Turf & SurfLingui­ne, gebratene Rinder-, Kalbfleisc­hund Scampistüc­kchen mit knackigen Schwammerl­n in einer cremigen Tomatensau­ce, waren nicht gerade höchst-raffiniert­e italienisc­he Hausmannsk­ost, aber durchaus deutsches Profi-Kochhandwe­rk. Der Primitivo Salento (7,60) war dafür durchaus überzeugen­d italienisc­h! Fazit: Schöner Platz mit mittelschö­nem Essen, schönes Publikum, schön teuer – aber man is(s)t ja schließlic­h auch fast in Grünwald. Und das Pissoir ist unschlagba­r!

Harlaching­er Jagdschlös­sl Geiselgast­eigstraße 153 81545 München Tel: +49 89 / 309 067 6 - 0 www.harlaching­er-jagdschloe­ssl.de Mo bis Fr: 11.00 – 24.00 Uhr Sa, So und Feiertags: 10.00 – 24.00 Uhr

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In Harlaching ...
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In Im Wald ...
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Im Garten ...
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