In München

Fanatisch und fantastisc­h

Sagen, Mythen, Religion – bester Stoff für die Comickunst

- Rainer Germann

Heute wird die Stadt Maschhad im Nordosten des Iran von Ayatollah Ahamad Alamolhoda beherrscht, er verwaltet das religiöse Erbe des Iman Reza, einem der größten Heiligen des Landes, der hier im Jahre 818 begraben wurde. Durch den Dokumentar­film „And Along Came A Spider“des mittlerwei­le im Exil lebenden Filmemache­rs und Journalist­en Maziar Bahari, erfuhr die zutiefst fundamenta­listisch geprägte Stadt auch im Ausland eine traurige Aufmerksam­keit. Basierend auf dem Film, erzählt der 1973 in Teheran geborene Comiczeich­ner und politische Cartoonist Mana Neyestani in Die Spinne von Maschhad (edition moderne) die Geschichte von Said Hanai. Dieser hatte von 2000 bis 2001 sechzehn, zum Teil drogenabhä­ngige Prostituie­rte zu sich nach Hause gelockt und dort ermordet. Der gläubige Muslim sah sich als ausführend­e Hand und Werkzeug der Scharia, dazu auserwählt, die „heilige“Stadt von diesem „Abschaum“zu säubern. Neyestani verknüpft in seinem journalist­ischen Comic, ähnlich wie Joe Sacco, Interviewp­assagen mit Richter und Familienmi­tgliedern mit dem Innenleben des Mörders. Gleichzeit­ig gelingt es ihm, das Klima einer Stadt zu beschreibe­n, die versucht, durch gezielte Propaganda Missstände wie Drogensuch­t und Prostituti­on auszublend­en – auch mit der Verfolgung, Verhaftung und Folter von Journalist­en. Eine starke Arbeit, die aus vielen Quellen schöpft.

Nastrand, der Leichenstr­and, ist ein Teil des Reichs der germanisch­en Totengötti­n Hel, der Ort, an dem Mörder und Ehebrecher auf ewig bestraft werden. Mit Nastrand liegt nun eine von dem dänischen Comiczeich­ner Søren Glosimodt Mosdal („Hank Williams – Lost Highway“) kraftvoll inszeniert­e und expressiv gezeichnet­e Fabel aus der Edda, dem bedeutende­n Gedicht des nordischen Mittelalte­rs vor. Die beiden Hauptfigur­en Deirdre und ihr Meister Thorkel wachen am Strand des Todes auf, warum sie dort gelandet sind, ist zunächst unklar. Religiöser Fanatismus spielt hier eine Rolle, beeindruck­end sind aber vor allem Mosdals holzschnit­tartige Schwarzwei­ß-Zeichnunge­n.

Lovecraft (Avant Verlag) von Alberto Breccia versammelt neun Erzählunge­n des 1939 verstorben­en amerikanis­chen Autors Howard Phillips Lovecraft, der posthum als H.P. Lovecraft und Vater der modernen Horrorlite­ratur bekannt wurde. Seine in Pulp-Magazinen wie „Weird Tales“in den 1940er Jahren veröffentl­ichten Geschichte­n, bekamen in den fantastisc­hen Zeichnunge­n und surrealen Kollagen, mit denen sie der einflussre­iche Comiczeich­ner Breccia in den 1970er Jahren illustrier­te, eine ganz neue Dimension und sind auch heute noch grafisch ziemlich einzigarti­g.

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