Könner, Kampfgeist, Würschtl-Kino
Schöne, wichtige und fatal belanglose Filme
Kleiner Makel. Der sensible Cyril (Aaron Hilmer) steht auf Roxy (Luna Sofia Wedler), wird, wegen seines Zinkens, von seinen Mitschülern gemobbt. Auf der Klassenfahrt findet Roxy den MöchtegernSongwriter Rick (Damian Hardung) attraktiv. Cyril, der was vom Texten versteht, steht ihm bei, Hauptsache, Frauenaufreißer Benno (Jonas Ems), macht sich nicht an Roxy ran … Das schönste Mädchen der Welt, Regie Aaron Lehmann, ist eine Coming-ofAge-Liebeskomödie, eine verblüffend gelungene Version 2018 des alten „Cyrano de Bergerac“-Theaterstücks von 1897. Tolle Dialoge. Schöne Songs. Respekt! („Besonders wertvoll“!). (Ab 6.9.)
Neues Glück. Gärtner Schorsch (Elmar Wepper) ist unglücklich verheiratet (mit Monika Baumgartner), seine Tochter (Karolina Horster) mag den von der Pleite bedrohten Betrieb nicht übernehmen … da setzt er sich in seine alte Maschin‘ und fliegt auf und davon. Richtung Nordkap. Landet am Rhein, bei der quirligen Philomena (Emma Bading) und deren skurrilen Eltern (Sunny Melles und Ulrich Tukur). Muss dann aber heim, um Ordnung in sein Leben zu bringen. Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon ist ein nettes Wohl-Fühl-Air-Movie von Florian Gallenberger mit einem wie immer großartigen Elmar Wepper. (Ab 30.8.)
Im Milieu. Atris (Samuel Schneider) und Franky (Jannis Niewöhner) waren Busenfreunde. Als Franky mit fettem Lamborghini und Super-FalschgeldPlan aufkreuzt, ist Atris dabei. So käme er von seinen faden Drogendeals und seinem Boss El Keitar (Kida Khodr Ramadan) los. Gelegenheitsdiebin Marie (Ella Rumpf) erweist sich als Hilfe und tolle Liebhaberin, die Ereignisse überschlagen sich, Berlins angesagtester Gangsta-Rapper Kotti-Boss (Ssio) mischt sich ein … Asphaltgorillas ist ein knalliger Neo-Noir-Thriller Marke Detlev Buck. Basiert auf einem Text von Ferdinand von Schirach. Bedient sich fleißig aus der Filmgeschichte. Nett. (Ab 30.8.)
Strenge Sitten. Menashe (Menashe Lustig) ist ein junger Witwer. Deshalb findet seine ultra-orthodoxe Gemeinde, er solle sich schleunigst eine neue Frau suchen – oder er müsse seinen einzigen Sohn Rieven in die Obhut seines Schwagers Eizik geben. Weil chassidische Buben nicht ohne Mutter aufwachsen dürfen. Menashe lässt sich vom Kuppler ein paar Kandidatinnen zuführen – weiß aber, dass er seine geliebte Frau nicht so schnell vergessen kann. Regisseur Joshua Z. Weinstein interessierte sich für die verschlossene Welt der Brooklyner Chassidim. Suchte nach einem Stoff. Fand in Menashe einen tollen Hauptdarsteller. Menashe ist eine atmosphärisch dichte Tragikomödie, die einen fast dokumentarischen Einblick ins Leben der Chassidim gibt. Jiddisch mit Untertiteln. (Ab 6.9.)
Algerien. Sie haben genug. Wünschen sich Aufbruch und Veränderung. Die Figuren in Karim Moussaouis Episodenfilm Warten auf Schwalben. Aicha und Djalil, ein geheimes Liebespaar, auf dem Weg zu ihrer Hochzeit mit einem ihr unbekannten Ehemann. Ein Vater, der seinen Sohn zur Karriere drängt, als Zeuge einer Schlägerei sich feige versteckt, um am nächsten Morgen zu erfahren, dass sein Sohn verunglückt ist. Ein Arzt, der sich mit einem Vergewaltigungsvorwurf konfrontiert sieht, sein Opfer, das ihn entlastet – sich aber Hilfe für ihren behinderten Sohn erwartet. Noch immer: Erzählen zwischen den Zeilen. Durch Gesten, Blicke. Spannend. (Ab 30.8.)
Im Krieg. Ukrainische Regierungstruppen kämpfen gegen pro-russische Separatisten. Im Donezbecken. Seit 2014. Sergei Loznitsa findet hier seine Protagonist*innen für ein Panoptikum des Bösen. Fake News, Aggressionen, Entgrenzungen, Todesangst, Selbstverachtung, Hass. 13 aneinandergereihte Episoden in einem dokumentarisch anmutenden Spielfilm, titels Donbass. (Ab 30.8.)
Hatz. Audrey (Mila Kunis) erfährt, dass ihr fader Ex Drew (Justin Theroux) in Wahrheit ein CIA-Agent ist. Als der einem Mordanschlag zum Opfer fällt, macht sie sich zusammen mit ihrer besten Freundin Morgan (Kate McKinnon) auf nach Europa – um dort Drews letzten Auftrag zu erledigen. In Wien geraten die beiden Amateur-Agentinnen in Konflikt mit Geheimdienstlern aus Ost und West. Bad Spies ist eine misslungene Spionage-Komödie von Susanna Fogel. (Ab 30.8.)
Zweisam. „Safari“heißt die Münchner Dating-App. Harry (Justus von Dohnányi) trifft sich mit Lara (Elisa Schlott). Ist mit Aurelie (Sunny Melles) verheiratet. Die sorgt sich um David (Max Mauff), der ausgerechnet bei Mona (Juliane Köhler) seine Unschuld verlieren will. Die wiederum Life (Sebastian Bezzel) mit ihren sexuellen Ambitionen überfordert. Für den Fanny (Friederike Kempter) die bessere Partie wäre, die aber will Arif (Patrick Abozen). Rudi Gauls Safari – Match Me If You Can ist eine misslungene Zeitgeist-Komödie. Mei: Arthur Schnitzlers „Reigen“ist einfach große Klasse. (Ab 30.8.)
Todsünden. Anfang der 50er, in einem rumänischen Kloster, nimmt sich eine junge Nonne (Charlotte Hope) das Leben. Der Vatikan schickt einen traumatisierten Priester (Demián Bichir) und eine Novizin mit Visionen (Taissa Farmiga), um den Fall zu untersuchen. Der Dämon, der seit Jahrhunderten das Kloster heimsucht, interessiert sich auch für sie … The Nun heißt der MysteryHorror-Thriller, ein Spin-Off zum „Conjuring“-Franchise. (Ab 6.9.)
Treuer Gefährte. Vor 20.000 Jahren, während der Eiszeit, verunglückt der
junge Keda (Kodi Smit-McPhee) auf der Jagd. Nun liegt es an Keda, zurück nach Haus zu kommen. Er begegnet einem zähmbaren Wolf. Gemeinsam erleben sie einschlägige Abenteuer. Alpha heißt das Überlebenskampf-Märchen von Albert Hughes. (Ab 6.9.)
Halbe Portion. Käpt’n Sharky (Stimme: Anton Petzold) hält sich für den Schrecken der Sieben Meere – wird aber von Piraten wie dem Alten Bill (Axel Prahl) nicht ernst genommen. Als er zwei blinde Passagiere an Bord entdeckt, den zehnjährigen, schutzbedürftigen Michi und die Admiralstochter Bonnie (Jule Hermann), hätte er sie gerne schleunigst wieder los. Zumal er mit seiner Crew, dem Matrosen Ratte, dem Affen Fips und dem Papagei Coco in anderer Mission unterwegs ist … Käpt’n Sharky von der Münchner Caligari Film bringt den aus Kinderbüchern und Hörbüchern bekannten Piraten auf die Leinwand. Für die Kleinsten. (Ab 30.8.)
UND AUSSERDEM:
(siehe auch Film-ABC)
In Marleen Jonkmanns Spielfilm Messi and Maud sind Frank und Maud, wegen eines unerfüllten Kinderwunsches, in der Krise. Beim Urlaub in Chile eskaliert der Streit. Maud reist alleine weiter. Trifft Messi, einen kleinen Jungen – gibt sich als dessen Mutter aus und findet ihren inneren Frieden. (Nur Sa 8. bis Mo 10.9., Werkstattkino)
Alter Hirsch. Vater Lászlo (Zoltan Paul) begleitet seinen Sohn und dessen Band auf Japantour. Macht sich an Tourmanagerin Nahoko ran, gibt den Rock’n’Roller, sehr zum Unwillen von Sohn und Lebensgefährtin. Breakdown in Tokyo – Ein Vater dreht durch, so der Titel von Zoltan Pauls selfmade Doku-Fiction-Comedy. (Ab 30.8., Werkstattkino. Sa 1.9. Regiegespräch)
Syrische Flüchtlinge. Hussein ist in Istanbul, arbeitet in einem Friseursalon und führt ein Doppelleben, werktags in der Schwulenszene, am Wochenende in seiner konservativen Familie. Mahmood dagegen arbeitet in Berlin als LGBTI-Aktivist, der schwulen Flüchtlingen in der Türkei zur Seite steht. Mr. Gay Syria ist eine bewegende Doku der türkischen Journalistin Ayse Toprak. (Ab 30.8.)
Against stereotypes. Die Berlin Bruisers sind Deutschlands schlechteste Rugby-Mannschaft. Aber stehen für Fun, Fair Play, Toleranz, Loyalität, Kampfgeist … die Jungs aus der LGBTICommunity haben es wirklich drauf, und gewinnen, wenn schon nicht Pokale, dann die Herzen ihrer Fangemeinde. Tackling Life von Johannes List ist eine sehr unterhaltsame, menschlich bewegende Doku. BR-Publikumspreis beim Dok.Fest. (Arena, Mi 12.9.).
„Hilf mir, es selbst zu tun“. Alexandre Mourot beobachtete für seine Doku Das Prinzip Montessori – Die Lust am Selber-Lernen ein Jahr lang das Geschehen in Frankreichs ältester Montessori-Schule. (Ab 6.9.)
Robert Habeck, grüner Umweltminister in Schleswig-Holstein, will 2017 als Spitzenkandidat für Bündnis 90/Die Grünen in die Bundespolitik, kandidiert gegen Cem Özdemir und Anton Hofreiter. 18 Monate lang hat ihn Malte Blockhaus für seine Doku Following Habeck begleitet. (Ab 30.8.)
In Denis Côtés Doku A Skin So Soft geht’s um den perfekten Körper. Sechs Menschen, die ihre Muskeln in Wettbewerben zur Schau stellen. (Werkstattkino, ab 6.9.)
Arty. Die Doku Draußen porträtiert Matze, Elvis, Peter und Sergio, vier obdachlose Überlebenskünstler mit spannenden Biographien. Sie lassen Gegenstände sprechen, die für sie wichtig sind: Elvis-CDs, ein Fahrtenbuch, ein Fixerbesteck … Die Kamera führt Sophie Maintigneux. Regisseurin Johanna Sunder-Plassmann hat in Istanbul Orhan Pamuks „Museum der Unschuld“eingerichtet, Co-Regisseurin Tama Tobias-Macht beschäftigt sich mit der Visualisierung von Räumen. (Ab 30.8.)