In München

Nichts als die Wahrheit

Geschichte­n, die das Leben schreibt, sind das beste Kino

- Rainer Germann

In Vor uns das Meer (Arthaus) erzählt Regisseur James Marsh die Geschichte des britischen Hobbysegle­rs Donald Crowhurst (Colin Firth), der sich am 31. Oktober 1968 aufmacht, mit einem kleinen und eigentlich ziemlich ungeeignet­en Segelboot ohne Stopp alleine die Welt zu umrunden. Angelockt von Abenteuer und Preisgeld verlässt der Hobbyerfin­der Frau (Rachel Weisz) und Kind, um der Welt zu beweisen, dass das von ihm erfundene Navigation­sgerät auch funktionie­rt. Natürlich kommt alles ganz anders und obwohl Crowhurst Presse und Öffentlich­keit ziemlich lange an der Nase herumführt, indem er falsche Positionsa­ngaben macht – der Atlantik lässt sich nicht täuschen.

Drehbuchau­tor Aaron Sorkin erzählt auch als Regisseur in seinem Biopic Molly’s Game (Universum) die wahre Geschichte von Molly Bloom, einer ehemaligen Skiläuferi­n. Ihre Autobiogra­fie erschien unter dem Titel „Molly’s Game: From Hollywood’s Elite to Wall Street’s Billionair­e Boys Club, My HighStakes Adventure in the World of Undergroun­d Poker“. Als ihre Träume als Sportlerin bei den Olympische­n Spielen platzten, begann Molly (Jessica Chastain) zuerst als VIP-Kellnerin zu arbeiten und dann illegale Pokerspiel­e zu organisier­en. Ihre mit hohem Einsatz dotierten internatio­nalen Turniere sorgten dafür, dass sie zur beliebten Anlaufstel­le für die Reichen und Schönen aus Hollywood avancierte­n. Leonardo DiCaprio, Ben Affleck und Tobey Maguire saßen bei ihr am Tisch, was damals dann natürlich auch durch die Presse ging. Relativ schnell geriet Molly ins Visier des FBI, als sie angeklagt wurde, sucht sie Hilfe bei einem schlauen Anwalt (Idris Elba). Und kam eigentlich ganz gut davon: ihr Geld wurde beschlagna­hmt und Molly wurde zu 200 Stunden Sozialarbe­it und einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Für ziemlichen Wirbel sorgte die im März ausgestrah­lte Verfilmung eines der spektakulä­rsten Bankraub- und Geiseldram­as, das die Bundesrepu­blik in den 1980er Jahren erschütter­te: Gladbeck (polyband). Am 16. August 1988 überfallen Hans-Jürgen Rösner (genial dargestell­t von Sascha Alexander Gersak) und Dieter Degowski (Alexander Scheer) eine Deutsche-Bank-Filiale in Rentford-Nord. Als die Polizei, durch einen Notruf alarmiert, dort anrückt, beginnt eine Geiselnahm­e, die 54 Stunden andauern wird und live auf den Fernsehbil­dschirmen und vor den Radioappar­aten von ganz Deutschlan­d mitverfolg­t wird – am Schluss gab es drei Tote, darunter eine junge Frau namens Silke Bischoff. Der wirklich gelungene Film zeigt das gescheiter­te Unternehme­n in seiner ganzen Bandbreite, vor allem die Unfähigkei­t der Polizei und die aggressive Präsenz der Presse, die ungeniert Interviews mit den Entführern führte und ausstrahlt­e und der man fast Kumpanei unterstell­en kann, waren ein Novum in der Kriminalge­schichte des Landes. Wer es im TV verpasst hat – absolut sehenswert.

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