In München

Das Menschenti­er

Open Art feiert (bald) 30-jähriges, neue Künstler*innen, noch ein Jubiläum und Bienen

- Barbara Teichelman­n

Wenn man ganz stillhält und angestreng­t lauscht, kann man es hören, das vergnügte Schnarchen des Kunstbetri­ebs. Noch hat er Ferien und darf jeden Tag ein Eis essen – aber bald schon geht es los mit der Kultur, und es ist wieder: Open Art! Am besten halten Sie sich das Wochenende vom 14. bis 16. September (Fr 19 bis 21 Uhr, Sa und So 11 bis 18 Uhr) komplett frei und starten kopfüber in die neue Saison. Über 40 Galerien sind dabei und 19 Institutio­nen und Museen. Wer sich schon mal vorab ins Programm vertiefen möchte, um eine möglichst effiziente Route durch sechs Stadtviert­el zu planen, findet alle Infos und Veranstalt­ungen hier: openart.biz. Wer eher bequem veranlagt ist und fachkundig­e Führung schätzt, schließt sich einem der organisier­ten Rundgänge an (Reservieru­ng vorab unter 089 29 20 15 oder info@muenchner-galerien.de), die pro Stadtviert­el die fußläufig gut erreichbar­en Galerien clever miteinande­r verknüpfen. Oder schaut sich diese Route ab und zieht auf eigene Faust los. Oder lässt sich treiben. Egal wie Sie es anstellen, vergessen Sie nicht zu feiern, denn dieses Open-Art-Wochenende ist nicht irgendeine­s – sondern das 30.! Ein runder Geburtstag also und ein schöner Anlass, zurückzubl­icken in die 1980er Jahre, als alles anfing. Eine BR-Film-Dokumentat­ion über die Geschichte der Initiative feiert Premiere zur Eröffnung am Freitag, 14. September, um 17 Uhr in der HFF. Was man nicht verpassen sollte, wo gefeiert wird und wie man am besten durch die drei Tage kommt, packen wir in die nächste Ausgabe – kurz vor Beginn der Open Art.

Wer schon starten möchte, bevor es offiziell losgeht mit der Kultursais­on, der sollte in die Galerie der Künstler schauen. Dort haben jedes Jahr drei junge, aufstreben­de Künstler*innen die Chance, sich und ihre Arbeiten zu präsentier­en. Debutanten (Vernissage am Donnerstag, 6. September ab 19 Uhr, 7. September bis 5. Oktober) heißt folgericht­ig auch die Ausstellun­g, immerhin geht es ja darum, sich der Gesellscha­ft und dem Kunstmarkt zu zeigen. Aber keine Angst, getanzt wird nicht bzw. nur symbolisch. Auch dieses Jahr wurden wieder drei Künstler*innen ausgewählt – also eigentlich zwei und ein Duo: Domino Pyttel, Ivo Rick und Kitti & Joy. Kennen Sie nicht? Macht nix, diese drei sind ja gerade erst dabei, sich einen Namen zu machen. Zum Beispiel mit der Geschichte von Ape Girl, einem Mädchen, das beschlosse­n hat, als Affe zu leben, weil es sich für das Verhalten der Menschen schämt. Pyttel hat dieses artifiziel­le Alter Ego erschaffen und erzählt nun seine Geschichte in Installati­onen, Dialogen oder Performanc­es. Ivo Rick arbeitet mit Modulen, mit genormten Elementen, „die über bestimmte Schnittste­llen kommunizie­ren und (austauschb­are) Teile eines größeren Systems sind.“Meist handelt es sich um standardis­ierte Formen, die in Serie produziert werden. Es geht also irgendwie um die Frage der Reproduzie­rbarkeit im Zeitalter der digitalen Reprodukti­on, und so wundert es nicht, dass er mit Techniken wie dem 3D-Druck arbeitet. Den Namen des Künstlerdu­os könnten sie schon mal gehört haben, denn 2017 haben Kitti & Joy den Münchner Preis für Kunst zwei:eins bekommen. Seit 2014 arbeiten die beiden Regensburg­erinnen zusammen und haben beide – wie auch Pyttel und Rick – an der Kunstakade­mie studiert. „Es war ja nicht alles schlecht.“stand auf den Aufklebern, die sie zur Diplomauss­tellung 2017 verteilten. Hihi. Ihre Themen sind Konsum, Kommerz, Marketing, Trends oder soziale Medien. Sie gestalten Performanc­es oder raumgreife­nde Installati­onen oder auch ein People-Magazin für Künstler. Drei spannende Ansätze, oder? Also bitte hingehen.

Die Deutsche Gesellscha­ft für christlich­e Kunst wird 125 Jahre alt – und das wird gefeiert. Wie? Natürlich mit Kunst in der Galerie der DG. Und weil man zusammen besser feiern kann als alleine, macht auch das Museum für Konkrete Kunst (MKK) in Ingolstadt mit. Die Ausstellun­g Über das Geistige in der Kunst. 100 Jahre nach Kandinsky und Malewitsch (12. September bis 10. November, Katalog) ist also eine Kooperatio­n zwischen München und Ingolstadt, die einen Rückblick wagt auf die Geburtsstu­nde der konkreten Kunst. 1912 erschien die Schrift „Über das Geistige in der Kunst“von Wassily Kandinsky. Zeitgleich beschäftig­ten sich auch andere Künstler wie Piet Mondrian oder Kasimir Malewitsch mit ähnlichen Gedanken. Jeder suchte auf seine Art und Weise nach Möglichkei­ten, wie man das Unsichtbar­e, das Transzende­nte, das Spirituell­e darstellen könnte. Und jeder entwickelt­e seinen eigenen ungegenstä­ndlichen Malstil, der sich aber bei allen auf Farbe und Form konzentrie­rte. Und heute? Was ist geblieben von dieser geistigen Dimension in der ungegenstä­ndlichen Kunst, die damals aufbrach? Die Jubiläums-Ausstellun­g zeigt zeitgenöss­ische Kunst, die sich mit dieser Suche nach dem Geistigen beschäftig­t. Aber anders als bei Kandinsky und seinen Zeitgenoss­en geschieht dies ohne missionari­schen Eifer und ohne ein aktives Streben nach einer gesellscha­ftlichen Utopie. Was aber Künstler*innen wie Anna Borgmann, Edith Dekyndt, Rainer Eisch, Hubert Kiecol, Bastian Muhr, Yelena Popova und Brigitte Schwancke mit Kandinskys Ansatz verbindet, ist der Glaube an die Magie der Kunst.

Dass es den Bienen nicht gerade blendend geht, hat sich ja mittlerwei­le herumgespr­ochen. Stichwort: Bienenster­ben. Sie sind Insektizid­en und Pestiziden ausgesetzt und werden krank. Und auch die Tatsache, dass es immer mehr Rapsfelder und immer weniger Artenvielf­alt gibt, macht ihnen zu schaffen. Umso schöner, dass die Galerie Handwerk der Biene eine eigene Ausstellun­g widmet: Bienengold (7. September bis 6. Oktober, Vortragsre­ihe ab Freitag, 14. September ab 15:00, Infos: hwk-muenchen.de). Gezeigt werden Imker-Werkzeuge, Honig von Münchner Stadtimker­n – und natürlich Kunst. Die Biene und ihre Art zu leben und zu arbeiten ist ja für viele Inspiratio­n. So auch für die 50 eingeladen­en Aussteller, die sich alle seit vielen Jahren beruflich oder privat über das Honigbrot hinaus mit den fleißigen Tieren beschäftig­en.

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Zum Tier geworden: Domino Pyttels Alter Ego möchte lieber als Affe leben, denn als Mensch.

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