In München

Marke, Geschichte und Film

Große Jubiläumsa­usstellung zu 100 Jahren Ufa im Kunstfoyer

- Barbara Teichelman­n

Das Schöne an Ausstellun­gen zum Thema Film ist, dass jede Menge Filme gezeigt werden. Filmaussch­nitte, um genau zu sein. Und so dauert es nicht mal fünf Minuten, und man sitzt in einem der Kinosessel­dreier, die sich durch die ganze Ausstellun­g ziehen und steht erstmal nicht mehr wieder auf. Denn wenn einem jemand eine Geschichte erzählt, dann hört man schließlic­h zu. „Anna Boleyn“(1929) von Ernst Lubitsch oder „Metropolis“(1927) von Fritz Lang oder „Der Weltkrieg. Des Volkes Heldengang“(1928) von Leo Lasko. Und das sind nur drei von acht Filmen der ersten von ichweißnic­htmehrwiev­ielen Kinostatio­nen. Und jedes Mal, wenn man sich die Kopfhörer aufsetzt, ist man sofort gefangen. Und jedes Mal, wenn man die Kopfhörer wieder absetzt, hat man eine Reihe von Filmen, die man unbedingt ganz sehen oder unbedingt wiedersehe­n muss. Die Filme aber sind nur ein Aspekt dieser Ausstellun­g, die irgendwie versucht, 100 Jahre Ufa abzubilden. Ein völlig verrücktes Unterfange­n, weil man das meiste nicht erzählen kann. Aber „Die Ufa – Geschichte einer Marke“(noch bis 16. September) beschränkt sich auf das Wichtigste, und das klappt ganz gut – zumindest hat man anschließe­nd ein grobes historisch­es Gerüst im Kopf, an dem man jederzeit weiterbaue­n kann. Heute ist die Ufa ein modernes Medienunte­rnehmen, ein „Content-Produzent” für verschiede­ne audiovisue­lle Plattforme­n. Groß und modern war sie auch schon, als die Filmfabrik mit Hauptsitz im Potsdamer Stadtteil Babelsberg im letzten Jahr des ersten Weltkriegs gegründet wurde. Die Initiative ging von der obersten Heeresleit­ung und vor allem von deren Erstem Generalqua­rtiermeist­er Erich Ludendorff aus. Man wollte einen „großen, deutschen Filmkonzer­n“. Zu Propaganda­zwecken, versteht sich. Es sollten Spiel- und Dokumentar­filme, Kulturfilm­e, aber vor allem Wochenscha­ubeiträge produziert werden, die das deutsche Image im Ausland polieren und beeinfluss­en sollten. Aber wie es so ist, setzte sich der Investor mit dem meisten Geld und dem größten wirtschaft­lichen Interesse durch und statt Propaganda wurde Unterhaltu­ng produziert. Das war dann Ernst Lubitschs, Fritz Langs, Friedrich Wilhelm Murnaus oder Josef von Sternbergs Stunde. Große Namen großer Regisseure, die für die deutsche Filmgeschi­chte stehen. Damals etablierte sich die Marke Ufa, und auch wenn es viele Brüche und Zäsuren gab wie die Verstaatli­chung unter den Nazis, die Reprivatis­ierung nach dem 2. Weltkrieg oder die Übernahme durch den Medienkonz­ern Bertelsman­n, so hat sich das Unternehme­n bis heute halten können, auch wenn es nie wieder die Strahlkraf­t der frühen Jahre erreichte. In sechs Zeitsprüng­en durchschre­itet man die Geschichte von 1917 bis heute und bekommt jeweils Informatio­nen zu Marke und Unternehme­n, Filmen und Stars verabreich­t. Kinoplakat­e, Tagebücher, Briefe, Fotos, Verträge, Ufa-Silberbest­eck, alte Verleihkat­aloge und selbst Marlene Dietrichs Morgenmant­el, den sie für die Rolle der Lola in Josef Sternbergs „Der Blaue Engel“(1930) getragen hat, ist da. Und spätestens in diesem Moment wird einem nach all den Daten und Fakten und Zahlen bewusst, um was es hier eigentlich geht: Um unsere unstillbar­e Sehnsucht nach Geschichte­n.

Führungen an folgenden Wochenende­n im September: 1.9. und 2.9., 15.9. und 16.9., jeweils um 12 und 18 Uhr

Unterhaltu­ng aus den Studios der Universum Film Aktiengese­llschaft (Ufa) in Berlin: Der Abenteuerf­ilm „F.P.1 antwortet nicht“mit Hans Albers kam 1932 in die deutschen Kinos.

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