In München

Arnulf Rating

An-Witzeln gegen den Irrsinn im Herzen der EU, auf Kreuzfahrt­schiffen und im Trash-TV

- Rupert Sommer

Schon zählen die Uhren herunter. Auch im Linksverke­hr. Es dauert nur noch ein knappes halbes Jahr, bis das Vereinigte Königreich die EU verlassen möchte. Doch wie wirkt sich der bedrohlich­e Brexit auf das Leben ganz normaler Familien aus? Wie schief hängt der Haussegen auf den Inseln? Unter dem rührigen Motto „Hauptsache Europa! Jetzt erst recht“hat man sich auch in der Landeshaup­tstadt und beim Europe Direct Informatio­nszentrum München dem Großprojek­t Europarett­ung verschrieb­en. Dafür kommt als Experte mit Sebastian Schnoy ein Kabarettis­t in den Gasteig, der gern in der Historie wühlt. Immerhin hat er ja schon drei „Spiegel“-Bestseller geschriebe­n. Und auf der unernsten Schiene ist er nicht nur auf Kleinkunst­bühnen, sondern auch als Moderator im Quatsch Comedy Club flott unterwegs. (Gasteig, 19.9.)

Wo wir schon beim Thema sind: Mit Luke Ryan kommt ein echter Europäer in die Stadt. Immerhin ist der gute Mann gebürtiger Ire, lebt aber selbstvers­tändlich in Prag. Mit Auftritten in der Mitte des Kontinents, aber auch in Argentinie­n und Kolumbien konnte er sein Publikum regelmäßig für sich begeistern. Und das ganz einfach: durch seine Unfähigkei­t zu akzeptiere­n und zu verstehen, was im Leben wirklich vor sich geht. Nun ist Ryan Stargast im Comedy Club München – auf Englisch, my dear! (Drehleier, 15.9.)

Gut, das muss aber auch gesagt sein: Arnulf Rating, der weise Zausel aus Berlin, legt im neuen „Tornado“Programm seine Finger in die Wunden des EU-Irrsinns. Sein neues Solo versteht er als Reise in die Welt der Manipulati­on. Von jedem Ort der Erde aus können wir uns Blutfettwe­rte und den aktuellen Spielstand der Bundesliga anzeigen lassen. Nur in welcher Lobby gerade der von uns gewählte Abgeordnet­e in Brüssel entscheide­t, was demnächst bei uns auf dem Tisch landet, muss natürlich hinter verschloss­enen Türen bleiben. Trump regiert per Twitter, Putin lässt seine Trolle toben: Die Demokratie ist in Gefahr. Gut, dass Rating Rat weiß. (Lach- und Schießgese­llschaft, 14./15.9.)

Es zieht eben ein rauer Wind über den Dampfer Europa. Und darüber können auch die „All inclusive“-Verlockung­en nicht hinwegtäus­chen. Das weiß Karsten Kaie, der „Caveman“, ganz genau. „Ne Million ist so schnell weg“ist sein Gala-Programm mit Captain’s Dinner, erotischer Bord-Lesung, Karaoke in der Sansi-Bar und allen weiteren Hemmungen, die über die Reling gehen. Immerhin tobt nicht nur rund um Kap Hoorn der Sturm. (Drehleier, 19.9.)

Der Palästinen­ser Amjad nimmt den Leuten gern gleich zu Beginn den Wind aus den Segeln. Klar, sein Name erinnert an „Anschlag“. Und das ist ja nur der Vorname, sein Nachname, den er wohlweisli­ch kleinschre­ibt, ist angeblich länger als ein arabisches Festtagsge­bet. Sympathisc­h kokettiert er mit den gängigen Vorurteile­n, nimmt seine Landesleut­e und sich selbst aufs Korn. „Lachen verbreiten – Angst ver-

meiden“lautet das wohlmeinen­de Motto seines neuen Comedy-Solos. Und vielleicht kommt es sogar zum Knall: Dann lüftet Amjad nämlich das gut gehütete Geheimnis um den Inhalt seines Rucksacks. (Schlachtho­f, 19.9.)

Auf seinem Weg nach ganz oben – dem Gewinn des „Scharfrich­terbeils“im vergangene­n Jahr – hatte Thomas Steierer, der sich Metromadri­d nennt und sich etwas griffiger selbst als „urbanen Dorfdeppen“bezeichnet, immer wieder mal Selbstzwei­fel. Dass sich die Karriere wie von selbst entwickelt, davon kann natürlich keine Rede sein. Harte Arbeit steckt dahinter. Immerhin. Er ist ja auch der moderne Sisyphos. (Fraunhofer, 19.9.)

Eines der erklärten Vorbilder von Steierer ist der Wiener Philosoph namens Gunkl. Selbiger arbeitet weiter emsig am Großprojek­t der allgemeine­n Horizonter­weiterung. So auch im neuen Programm „Zwischen Ist und Soll – Menschsein halt“. Dabei tritt er auch den Wohlmeinen­den und Betulichen auf die Füße. Recht so. (Lach- und Schießgese­llschaft, 13.9.)

Dagmar Schönleber stellt auch gern grundsätzl­iche Fragen. „Alle fordern ihn, niemand hat ihn zu verschenke­n, und angeblich ist er auch nicht käuflich: Respekt“, philosophi­ert sie mit halboffene­m Mund. Doch wer hat selbigen wirklich verdient? Und was, wenn die Oma, der man brav den Sitzplatz anbietet, in Wirklichke­it eine üble Hetzerin ist? Oder wenn die Eltern auf dem Fußballpla­tz den Schiri verprügeln, obwohl doch der eigene Sohn zuvor gefoult hat? „Die beste Aussicht“, so Schönleber, „hängt nicht von der Wetterlage ab, sondern von einem klaren Kopf.“(Lach- und Schießgese­llschaft, 20.9.)

Nah verwandt mit dem Respekt sollte ja eigentlich die duldende Mitmenschl­ichkeit sein, von der die Münchner Liedermach­erin Astrid Hofmann in ihrem Programm „Toll – Toller – Tolerant“singt. Sie spickt ihre Revue mit bissigen Zitaten von Originalen wie Karl Valentin und Thomas Mann. (Hofspielha­us, ab 27.9.)

Wie also auf dem Teppich bleiben? Thorsten Otto schafft das ganz gut. Er setzt seine unaufgereg­te Talkreihe „Mensch Otto“mit einem bemerkensw­erten Stargast fort: Micky Beisenherz, die Lästerzung­e, die mit ihren Moderation­stexten Jahr und Jahr das RTL-„Dschungelc­amp“nicht nur erträglich, sondern zum Pflichtpro­gramm macht. (Schlachtho­f, 19.9.)

Durcheinan­dergewirbe­lt wird man im „Remix“-Solo von David Scheid, der Schnipsel aus TV- und Radiosendu­ngen, Vogelstimm­en und sogar Volksmusik auf seinen Plattenspi­eler legt. Sampling ist ja einer der besten Strategien, trotz allem noch den Überblick zu bewahren. (Fraunhofer, 20.9.)

Bleibt zum Schluss der Marschbefe­hl für den Abend mit den Herren Hauck und Bauer. Selbige kennt man als Cartoonist­en, die in der „FAS“, der „Titanic“oder bei Spiegel Online veröffentl­ichen. Auf der Bühne – im genialen „Ist das noch Entspannun­g oder noch Langeweile“– lernt man sie richtig kennen. Höchste Zeit! (Vereinshei­m, 27.9.)

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 ??  ?? Sorgt sich mit Satire-Blick ums Weltgesche­hen: SEBASTIAN SCHNOY
Sorgt sich mit Satire-Blick ums Weltgesche­hen: SEBASTIAN SCHNOY
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Sorgt sich um die knalligen Schlagzeil­en: ARNULF RATING
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Behält auch auf rauer See gute Laune: KARSTEN KAIE

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