Arnulf Rating
An-Witzeln gegen den Irrsinn im Herzen der EU, auf Kreuzfahrtschiffen und im Trash-TV
Schon zählen die Uhren herunter. Auch im Linksverkehr. Es dauert nur noch ein knappes halbes Jahr, bis das Vereinigte Königreich die EU verlassen möchte. Doch wie wirkt sich der bedrohliche Brexit auf das Leben ganz normaler Familien aus? Wie schief hängt der Haussegen auf den Inseln? Unter dem rührigen Motto „Hauptsache Europa! Jetzt erst recht“hat man sich auch in der Landeshauptstadt und beim Europe Direct Informationszentrum München dem Großprojekt Europarettung verschrieben. Dafür kommt als Experte mit Sebastian Schnoy ein Kabarettist in den Gasteig, der gern in der Historie wühlt. Immerhin hat er ja schon drei „Spiegel“-Bestseller geschrieben. Und auf der unernsten Schiene ist er nicht nur auf Kleinkunstbühnen, sondern auch als Moderator im Quatsch Comedy Club flott unterwegs. (Gasteig, 19.9.)
Wo wir schon beim Thema sind: Mit Luke Ryan kommt ein echter Europäer in die Stadt. Immerhin ist der gute Mann gebürtiger Ire, lebt aber selbstverständlich in Prag. Mit Auftritten in der Mitte des Kontinents, aber auch in Argentinien und Kolumbien konnte er sein Publikum regelmäßig für sich begeistern. Und das ganz einfach: durch seine Unfähigkeit zu akzeptieren und zu verstehen, was im Leben wirklich vor sich geht. Nun ist Ryan Stargast im Comedy Club München – auf Englisch, my dear! (Drehleier, 15.9.)
Gut, das muss aber auch gesagt sein: Arnulf Rating, der weise Zausel aus Berlin, legt im neuen „Tornado“Programm seine Finger in die Wunden des EU-Irrsinns. Sein neues Solo versteht er als Reise in die Welt der Manipulation. Von jedem Ort der Erde aus können wir uns Blutfettwerte und den aktuellen Spielstand der Bundesliga anzeigen lassen. Nur in welcher Lobby gerade der von uns gewählte Abgeordnete in Brüssel entscheidet, was demnächst bei uns auf dem Tisch landet, muss natürlich hinter verschlossenen Türen bleiben. Trump regiert per Twitter, Putin lässt seine Trolle toben: Die Demokratie ist in Gefahr. Gut, dass Rating Rat weiß. (Lach- und Schießgesellschaft, 14./15.9.)
Es zieht eben ein rauer Wind über den Dampfer Europa. Und darüber können auch die „All inclusive“-Verlockungen nicht hinwegtäuschen. Das weiß Karsten Kaie, der „Caveman“, ganz genau. „Ne Million ist so schnell weg“ist sein Gala-Programm mit Captain’s Dinner, erotischer Bord-Lesung, Karaoke in der Sansi-Bar und allen weiteren Hemmungen, die über die Reling gehen. Immerhin tobt nicht nur rund um Kap Hoorn der Sturm. (Drehleier, 19.9.)
Der Palästinenser Amjad nimmt den Leuten gern gleich zu Beginn den Wind aus den Segeln. Klar, sein Name erinnert an „Anschlag“. Und das ist ja nur der Vorname, sein Nachname, den er wohlweislich kleinschreibt, ist angeblich länger als ein arabisches Festtagsgebet. Sympathisch kokettiert er mit den gängigen Vorurteilen, nimmt seine Landesleute und sich selbst aufs Korn. „Lachen verbreiten – Angst ver-
meiden“lautet das wohlmeinende Motto seines neuen Comedy-Solos. Und vielleicht kommt es sogar zum Knall: Dann lüftet Amjad nämlich das gut gehütete Geheimnis um den Inhalt seines Rucksacks. (Schlachthof, 19.9.)
Auf seinem Weg nach ganz oben – dem Gewinn des „Scharfrichterbeils“im vergangenen Jahr – hatte Thomas Steierer, der sich Metromadrid nennt und sich etwas griffiger selbst als „urbanen Dorfdeppen“bezeichnet, immer wieder mal Selbstzweifel. Dass sich die Karriere wie von selbst entwickelt, davon kann natürlich keine Rede sein. Harte Arbeit steckt dahinter. Immerhin. Er ist ja auch der moderne Sisyphos. (Fraunhofer, 19.9.)
Eines der erklärten Vorbilder von Steierer ist der Wiener Philosoph namens Gunkl. Selbiger arbeitet weiter emsig am Großprojekt der allgemeinen Horizonterweiterung. So auch im neuen Programm „Zwischen Ist und Soll – Menschsein halt“. Dabei tritt er auch den Wohlmeinenden und Betulichen auf die Füße. Recht so. (Lach- und Schießgesellschaft, 13.9.)
Dagmar Schönleber stellt auch gern grundsätzliche Fragen. „Alle fordern ihn, niemand hat ihn zu verschenken, und angeblich ist er auch nicht käuflich: Respekt“, philosophiert sie mit halboffenem Mund. Doch wer hat selbigen wirklich verdient? Und was, wenn die Oma, der man brav den Sitzplatz anbietet, in Wirklichkeit eine üble Hetzerin ist? Oder wenn die Eltern auf dem Fußballplatz den Schiri verprügeln, obwohl doch der eigene Sohn zuvor gefoult hat? „Die beste Aussicht“, so Schönleber, „hängt nicht von der Wetterlage ab, sondern von einem klaren Kopf.“(Lach- und Schießgesellschaft, 20.9.)
Nah verwandt mit dem Respekt sollte ja eigentlich die duldende Mitmenschlichkeit sein, von der die Münchner Liedermacherin Astrid Hofmann in ihrem Programm „Toll – Toller – Tolerant“singt. Sie spickt ihre Revue mit bissigen Zitaten von Originalen wie Karl Valentin und Thomas Mann. (Hofspielhaus, ab 27.9.)
Wie also auf dem Teppich bleiben? Thorsten Otto schafft das ganz gut. Er setzt seine unaufgeregte Talkreihe „Mensch Otto“mit einem bemerkenswerten Stargast fort: Micky Beisenherz, die Lästerzunge, die mit ihren Moderationstexten Jahr und Jahr das RTL-„Dschungelcamp“nicht nur erträglich, sondern zum Pflichtprogramm macht. (Schlachthof, 19.9.)
Durcheinandergewirbelt wird man im „Remix“-Solo von David Scheid, der Schnipsel aus TV- und Radiosendungen, Vogelstimmen und sogar Volksmusik auf seinen Plattenspieler legt. Sampling ist ja einer der besten Strategien, trotz allem noch den Überblick zu bewahren. (Fraunhofer, 20.9.)
Bleibt zum Schluss der Marschbefehl für den Abend mit den Herren Hauck und Bauer. Selbige kennt man als Cartoonisten, die in der „FAS“, der „Titanic“oder bei Spiegel Online veröffentlichen. Auf der Bühne – im genialen „Ist das noch Entspannung oder noch Langeweile“– lernt man sie richtig kennen. Höchste Zeit! (Vereinsheim, 27.9.)