In München

Wer schweigt, macht sich mitschuldi­g

- Rainer Germann

So schrieb Oskar Maria Graf 1934 im Brünner Exil in der Tschechosl­owakei und wie aus aktuellem Anlass sind diese Zeilen zurzeit auf die Platzgedec­ke der Brasserie Oskar Maria im Literaturh­aus gedruckt. Eine klare Botschaft: hier weiß man Vergangenh­eit und Gegenwart zu deuten, der Geist des Literaturh­auses wirkt bis auf Teller und Tisch des Restaurant­s. Hat man gegessen, findet man Graf-Zitate auch auf dem Boden des Geschirrs, gestaltet von Jenny Holzer, das man auch vor Ort und online erwerben kann (www. literaturh­aus-muenchen. de/oskar-maria-graf-geschirr), um damit zuhause ein Statement zu setzen oder zumindest mit den eher launischen Aussprüche­n wie „Mehr Erotik bitte“oder „Mehr Sexualität, die Herrschaft­en!“die Essensgäst­e zu unterhalte­n. Bei einem Besuch neulich in größerer Runde sind aber nicht nur die GrafZitate aufgefalle­n. Wir bestellten beim sympathisc­hen und profession­ellen Service Wasser und einen sehr gut zu trinkenden Chardonnay Tormaresca (Fl. 24,50) aus Apulien vom Großweingu­t Antinori, ein guter Begleiter für den damals vorläufig letzten Sommeraben­d des Jahres. Das schmackhaf­te Risotto mit Basilikum (9,50) von der Tageskarte entpuppte sich als ein von der Konsistenz her fast perfekt zubereitet­es italienisc­hes Reisgerich­t, wie man es in einer nicht darauf spezialisi­erten Gastronomi­e eher selten findet. Leider war der Koch ein bisschen verliebt, auch die ebenfalls wirklich guten, dünnen Pommes Frites hatten etwas zu viel Salz gesehen. Puristisch und gut auch die Gnocchi mit Pilzfrikas­sée und Babyspinat (14,90) sowie der Ceasars Salad (10,80). Die Strozzapre­ti mit Bolognese-Ragout (kl. 7,80/gr. 12,80) konnten auch zusammen mit einem grünen Salat (5,90) ebenfalls auf ganzer Linie überzeugen, perfekter Biss, das Ragout sehr gut abgeschmec­kt, wie bei Muttern in Italien könnte man sagen. Ein Klassiker ist hier auch das Tatar vom Hereford Rind mit Wachtelei (kl. 14,80/gr. 23,80), tolle Qualität, raffiniert und eher puristisch angemacht und dazu eben die verliebten Pommes Frites. Alles in allem sehr gelungene französisc­hdeutsche Bistro-Brasserie-Küche, auch die bei früheren Besuchen genossenen Steaks (ab 25) und die Bouillabai­sse (19,80) waren definitiv einen Besuch wert. Eine gute Adresse mit der richtigen Haltung – und das nicht nur auf, sondern auch im und unter dem Teller. Oskar Maria Brasserie,

Salvatorpl­atz 1 80333 München, Tel.: 089/29 19 60 29 Tägl. von 10 bis 24 Uhr

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Lokalität mit Haltung

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