Hot Stuff im Überfluss
Entertainment, ernste Dinge
Alte Schule. Daniel (Daniel Auteuil) trifft seinen alten Kumpel Patrick (Gérard Depardieu) auf der Straße, lädt ihn spontan zum Abendessen ein. Obwohl er weiß, dass seine Frau Isabelle (Sandrine Kiberlain) wenig begeistert sein wird, da dieser Patrick seine Frau, ihre beste Freundin, für eine jüngere Frau verlassen hat. Eben diese 30-jährige Emma (Adriana Ugarte) bringt Patrick zum Dinner mit. Bei Isabelle klingeln sofort sämtliche Alarmglocken. Und Daniel ist vom ersten Moment an dermaßen verknallt, ergeht sich in erotischen Fantasien, so, dass er kaum noch der Unterhaltung folgen kann. Verliebt in meine Frau (Auteuil führt auch Regie) ist ein amüsantes Kammer- und Vexierspiel zwischen Realitätsverlust und Männerphantasien. (Ab 11.10.)
In der Tundra. Rentierhirte Nanouk (Mikhail Aprosimov) und seine Frau Sedna (Feodosia Ivanova) leben in einer Jurte, irgendwo im herben Jakutien. Ihre erwachsenen Kinder sind längst fortgezogen. Das traditionelle Leben wird immer schwieriger. Der Klimawandel sorgt dafür, dass der Schnee immer früher schmilzt,. Die Wildtiere werden von einer mysteriösen Krankheit dahin gerafft. Als Sohn Chena (Sergej Egorov) die beiden mit seinem Schneemobil besucht, begleitet ihn Nanouk auf der Rückfahrt, weil er sich mit seiner Tochter Ága (Galina Tikhonova) versöhnen will, die die Eltern einst verlassen hat, um ein angenehmeres Leben zu führen. Für Nanouk wird das zu einer gefahrvollen Reise in eine ihm fremde Welt … Nanouk des bulgarischen Regisseurs Milka Lazarov ist eine bewegende, bildstarke, sehr intime Erzählung, im Original heißt der Film, viel zutreffender „Ága“, denn um sie und die nachfolgenden Generationen geht es eigentlich – und mit Robert Flahertys Dokumentarfilmklassiker „Nanuk“hat er lediglich die traditionelle Lebensweise gemein. (Ab 18.10.)
Rauschend. TV-Produzentin Natalie (Léa Drucker) lädt zur Gartenparty. Der egomanische und ziemlich abgehalfterte TV-Moderator Castro (Jean-Pierre Bacri) begegnet hier seiner Freundin Vanessa (Héléna Noguerra), seiner Ex Helene (Agnès Jaoui), seiner Tochter Nina (Nina Meurisse), die mit einem Buch über ihre Eltern Erfolge feiert – und hadert schwer mit seinem Schicksal, während die Party mit all den (Halb-) Prominenten allmählich aus dem Ruder läuft. Agnès Jaouis Champagner & Macarons – Ein unvergessliches Gartenfest ist eine arg routinierte Tragikomödie voller Klischees. (Ab 18.10.)
Eklat. Stephan (Christoph Maria Herbst) und Elisabeth (Caroline Peters) laden zum Abendessen. Mit dabei Freund René (Justus von Dohnányi), Elisabeths Bruder Thomas (Florian David Fitz) und dessen schwangere Freundin Anna (Janina Uhse). Der gemütliche Abend kippt, als die beiden verkünden, ihr Sohn werde Adolf heißen. Nun hagelt es Beleidigungen, schlimmste Jugendsünden kommen ans Licht – das Ganze eskaliert zu einer familiären Generalabrechnung. Sönke Wortmanns Der Vorname ist das Remake eines französischen Films von 2012, der wiederum auf einem Theaterstück beruht. Präzise Pointen, präziser Witz, gelungene Schauspielerleistungen – eine deftig-flotte Boulevardkomödie. (Ab 18.10.)
Mobbing. Die sensible Abigail (Quinn Shephard) hatte einen Zusammenbruch. Zurück an der Highschool, wird sie wie gehabt von ihrer Mitschülerin Melissa (Nadia Alexander) traktiert, erst recht, als Abigail die Hauptrolle in einem Schultheaterstück bekommt. Als die eifersüchtige Melissa mitbekommt, dass sich Abigail und der nette Aushilfslehrer Jeremy (Chris Messina) füreinander interessieren, nutzt sie die Gunst der Stunde für weitere perfide Gemeinheiten, um die vorsichtige Annäherung zweier einsamer Seelen zum Skandal hochzuheizen. Blame – Verbotenes Verlangen ist das gelungene Debüt der 22-jährigen Quinn Shephard, die zugleich die Hauptrolle spielt, das Drehbuch mitverfasst hat. (Ab 18.10.)
Metamorphose. Lara (Victor Polster) ist 15, und träumt davon, Ballett-Tänzerin zu werden. Als sie an der Brüsseler Akademie angenommen wird, zieht sie mit ihrem Vater Mathias (Arieh Worthalter) und ihrem Bruder Milo (Oliver Bodart) nach Brüssel. Pubertätswirren, Leistungsdruck, die bevorstehende Geschlechtsumwandlung (noch ist Lara im Körper eines Jungen) – trotz aller Unterstützung droht Lara ein Zusammenbruch, und die Ärzte verbieten ihr das Tanzen. Lukas Dhonts Regiedebüt Girl ist ein stringent erzähltes Coming-of-Age-Drama um eine Identitätsfindung. In Cannes, und gerade wieder beim Zurich Film Festival, mit Preisen ausgezeichnet. (Ab 18.10.)
Ultraspannend. Asger Holm (Jakob Cedergren) erreicht ein Anruf in der Notrufzentrale. Iben (Jessica Dinnage), eine verängstigte junge Frau, sitzt neben ihrem Entführer im Auto und tut so, als würde sie mit ihrer Tochter telefonieren. Asger will ihr unbedingt helfen. Versucht, ihren Aufenthaltsort zu ermitteln, ihre Wohnung, in der sich ein Baby und die kleine Mathilde befinden, alarmiert die Kollegen, und bricht, voller Sorge, laufend die in der Notrufzentrale geltenden Regeln … The Guilty, das Debüt des dänischen Regisseurs Gustav Möller, ist ein kunstvoll aufs Einfachste reduzierter Thriller, ein Kammerspiel und Seelendrama, bei dem der Zuschauer mitfiebert. Publikumspreis in Sundance! Nominiert für den Auslands-Oscar! (Ab 18.10.)
Hard boiled. Professor Paul Herzfeld (Moritz Bleibtreu) entdeckt bei der Autopsie einer Leiche einen Zettel mit der Handynummer seiner Tochter Hannah (Barbara Prakopenka). Deren Entführer, der sadistische Jan Erik Sadler (Lars Eidinger) schickt ihn auf eine horrible Schnitzeljagd – von Leiche zu Leiche. Eine liegt auf der durch einen Sturm abgeschnittenen Insel Helgoland. So bittet Paul die junge Comiczeichnerin Linda (Jasna Fritzi Bauer) zusammen mit Hausmeister Ender (Fahri Yardim) den Leichnam zu obduzieren, während er selbst mit Hilfe seines Assistenten weitere Spuren in Berlin verfolgt … Abgeschnitten heißt der Anatomie-affine Thriller von Christian Alvert nach dem Bestseller von Sebastian Fitzek und Michael Tsokos. (Ab 11.10.)
Letzte Chance. In den 1960ern. Treffen eines Abends sieben Fremde im heruntergekommenen Hotel „El Royale“zusammen. Priester Daniel Flynn (Jeff Bridges), Staubsaugervertreter Laramie
Seymour Sullivan (Jon Hamm), Sängerin Darlene Sweet (Cynthia Erivo) und eine geheimnisvolle Unbekannte (Dakota Johnson) fragen beim Concierge Mike Miller (Lewis Pullman) nach einem Zimmer. Sie merken bald, dass hier irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. Es gibt unzählige Abhörgeräte, die Gäste lassen sich durch die Fenster beobachten, der Priester kippt der Sängerin etwas in den Drink. Die Unbekannte bringt eine gefesselte Frau in ihr Zimmer und der Sektenführer Billy Lee (Chris Hemsworth) kreuzt auf. Drew Goddards Bad Times at the El Royale ist ein abgefahrener Mystery Thriller mit Staraufgebot, eine Hommage an Quentin Tarantino, voller schräger bis spannender Dialoge, eingeteilt in Kapitel, aus denen sich die Zusammenhänge erst ganz allmählich erschließen. (Ab 11.10.)
In einer Welt, in der Puppen und Menschen koexistieren, aber keineswegs gleichberechtigt sind, jagt Puppen-Ex-Cop Phil Philips (Deutsche Stimme Dietmar Wunder) den Mörder seines Bruders. Ihn unterstützt Detective Connie Edwards (Melissa McCarthy). Bald wird klar, dass es der Mörder auf sämtliche Mitglieder der 80er-JahreTV-Show „The Happytime Gang“abgesehen hat, Phils Ex-Freundin inklusive. The Happytime Murders stammt aus der Werkstatt von Brian Henson, dem Sohn von „The Muppets“und „Sesamstraße“-Erfinder Jim Henson, ist eine schwarze, und ziemlich zotige, aber nicht besonders witzige Krimi-Komödie für Erwachsene. (Ab 11.10.)
Im Dienste Ihrer Majestät. Ex-Geheimagent Johnny English („Mr. Bean“Rowan Atkinson) arbeitet inzwischen als Lehrer. Als sämtliche britischen Spione durch den Angriff eines perfiden Hackers (Jake Lacy) enttarnt werden, bleiben dem Geheimdienst und der Premierministerin (Emma Thompson) gar nichts anderes übrig, als ihren dilettantischen Ex-Agenten wieder in Dienst zu nehmen. Der setzt, wie schon in den beiden Vorgängerfilmen, jede Aktion gehörig in den Sand und lässt sich von Ophelia (Olga Kurylenko) den Kopf verdrehen. Johnny English – Man lebt nur dreimal (Regie David Kerr) ist der beste Teil der Reihe. Begleitet von seinem tapferen Kollegen Bough (Ben Miller) rettet Johnny English (eher zufällig) das Internet, das britische Königreich, die ganze Welt und, vor allem, die großen Traditionen des gekonnten Slapstick-Kinos. (Ab 18.10.)
Herzschmerz. Teenager Taylor (Nick Robinson) fällt angesichts der attraktiven Krystal (Rosario Dawson) einfach in Ohnmacht. Die bringt ihn ins Krankenhaus, ist froh, dass sie ihn los hat … Taylor aber lässt nicht locker, stalkt sie, spielt den Rocker, obwohl er zartbesaitet ist, den Suchtkranken, weil sie zu den Anoymen Alkoholikern geht, erfährt, dass das Leben weit komplizierter ist, als er es sich vorstellt… Krystal ist die dritte Regiearbeit von William H. Macy, der hier, zwischen Tragik und Komik, leider nicht den richtigen Ton trifft. (Ab 18.10.)
Mythos. Der junge Yeti Mito (deutsche Stimme Kostja Ullmann) entdeckt eines Tages einen Menschen – ein Wesen, das es angeblich gar nicht gibt. Keiner im Yeti-Dorf außer seiner Freundin Meechee (Aylin Tezel) glaubt ihm, dass es die „Kleinfüßler“wirklich gibt. Umgekehrt hat auch Percy, der junge Menschenmann, zunächst Zweifel an der Existenz seines weißfelligen Gegenübers … Smallfoot heißt die musikalische Fantasy-Abenteuer-AnimationsKomödie von Karey Kirckpatrick und Jason Reisig. (Ab 11.10.)
Goldregenpfeifer Ploey kann nicht richtig fliegen, bleibt im Winter allein auf Island und findet ein idyllisches, paradiesisches Tal. Ploey – Du fliegst niemals allein ist ein liebevoll gearbeiteter Animationsfilm für die Kleinsten. (Ab 18.10.)
UND AUSSERDEM: (siehe auch Film-ABC)
Die Kunst der Widerrede ist eine hoch unterhaltsame und spannende Doku über den Jessup Moot Court, einen Wettbewerb für angehende Völkerrechtler, mit vier Münchner Jurastudent*innen. (Monopol, Do, 11.10. mit Gästen).
In der bewegenden Doku Elternschule geht es um Schreikinder, Essstörungen, Aggression … und ihre erfolgreiche therapeutische Behandlung. (Ab 11.10.)
In der Doku Unser Saatgut – Wir ernten, was wir säen geht es um Artenvielfalt und die Monopole von Biotech-Konzernen. (Monopol, ab 11.10.)
Beim Projekt: Antarktis reisen drei junge Männer einfach mal so Richtung Antarktis, und halten das große Abenteuer mit der Kamera fest. (Monopol, Mo 15.10. mit Gästen).
Der Klang der Stimme erzählt von vier Menschen, die mit Leidenschaft die Grenzen der menschlichen Stimme neu ausloten. (MittDoks, 17.10. Monopol, mit Gästen)
In Weserlust Hotel geht es recht unterhaltsam um den Dreh des Films „All Inclusive“, bei dem Menschen mit Behinderung vor und hinter der Kamera standen. (Mit Gästen, Mi 17.10. Filmstation Gilching, Do 18.10. Breitw. Gauting).
Being Mario Götze dokumentiert Karriere, Krisen und Krankheit des Fußball-Weltmeisters. (Neues Rottmann, Do 18.10. Mit Gästen!)
Das Biopic Die Legende vom hässlichen König erinnert an den großen kurdischen Filmregisseur Yilmaz Güney (Werkstattkino, nur Fr 19.10.)
In der Doku Die Gentrifizierung bin ich. Beichte eines Finsterlings beschäftigt sich der Schweizer Thomas Haemmerli satirisch mit Wohnungsnot, Reichtum und Armut. (Werkstattkino, nur Do 18., Sa 20. und Mo 22.10.)
In Pedro Pinhos hoch gelobtem Spielfilm A Fábrica de Nada geht es um Arbeiter, die ihre schlecht laufende Fabrik besetzen, als deren Besitzer heimlich versuchen, die Maschinen zu verscherbeln. Preise u.a. in Cannes und beim Filmfest. (Werkstattkino, nur Do 18., Mo 22. Bis Mit 24.10.).
Simon(è) Jaikiriuma Paetaus, Margarita Tsomous und Thais Guisasolas The Whisper of the Jaguar ist ein Queerpunk-Roadmovie, spielt am Amazonas, dreht sich um Trance, postkoloniale Subjekte, „kuir“-Sexualität – und war zur documenta eingeladen. (Werkstattkino, Do 19. bis Sa 21.10.)
Toshio Matsumotos zeitloses Kunstwerk Funeral Parade of Roses von 1969 begründete Japans New Wave (Werkstattkino, nur Fr/Sa 20./21.10.)
In Summer of 84 versuchen vier Teens, einen Serienkiller zur Strecke zu bringen. (Werkstattkino, nur Fr 19. und So 21.10.)
Frederick Wisemans wunderbare Doku Ex Libris – Die Public Library in New York läuft zum „Tag des Buches“am Mi 24.10. im City.