Brust raus, Klampfe auf Halbmast
Dem trostlosen Alltag mit all seinen Verlogenheiten entkommt man nur mit einem naiven Bekenntnis zu nackten Tatsachen.
Es ist ja nicht so, als ob sich die Zeiten nicht dramatisch ändern würden: So hat das Wirken des Weltgeists und die emanzipatorischen Anstrengungen allerorten die bis dato weit verbreitete Spezies der „Waschweiber“in eine existenzielle Krise gestürzt. Und das völlig zu Recht. Doch wie soll es nun weitergehen? Nun ist ein neues starkes Geschlecht herangewachsen – die „Waschmänner“. Als solche verstehen sich die Herren Flo & Wisch – zwei putzmuntere Prachtexemplare ihres Fachs. Sie machen die Wäsche, bügeln brav die Blusen ihrer Liebsten, kochen Cremesüppchen und haben auch aus allerlei anderen Gründen immer sehr feuchte Gedanken. „Selbst ist der Mann“lautet ihr Motto für ihre zwerchfellstrapazierende Gesangsshow. (Fraunhofer, 8. und 9.11.)
Mit der Frage, was ein zeitgemäßer Mann ist, hält sich Jan Philipp Zymny gar nicht mehr lange auf. Er denkt größer. Es muss schon um ganzheitliche Fragen gehen, wie er im aktuellen Titel seines Programms zu Ausdruck bringt: „How to human?“. Kann man sich wirklich schon damit zufrieden geben, im alltäglichen Miteinander nur als Mensch aufzutreten? Wie wäre es mal als Roboter? Der mehrfache Meister im deutschsprachigen Poetry Slam ist ein echter Stand-up-Könner. (Lustspielhaus, 3.11.)
Es war ein fulminantes Comeback, als Andreas Martin Hofmeir 2013 wieder einen Fuß auf eine Kabarettbühne setzte. Seitdem berichtet er in seinem typischen trockenen Stil von seinen tragikomischen Erfahrungen als Tubist und Weltenbummler. In bester Tradition eines Gerhard Polt oder Karl Valentin erzählt er in seinem Programm „Kein Aufwand!“skurrile und wahre Geschichten aus seinem Leben: über Weltrekordversuche im Pausemachen und im Tubaweitwurf, über das weltweit einmalige Duo Tuba und Pornodarstellerin, den Untergang einer ganzen Legion durch einen wehrpflichtigen Pianisten, Instrumentenkunde auf Starckdeutsch und seine Zeit bei LaBrassBanda. (4.11. Fraunhofer, 11 Uhr)
Weit weniger Verstellung haben der Keller Steff, der aus dem genialen „Mia ned“-Video bayernweit weltberühmte Roland Hefter und Glatzkopf Michi Dietmayr nötig. Die 3 Männer nur mit Gitarre kommen einfach gleich nackt. Bodenständige Lieder, Geschichten, durchdacht und aus der Mitte des Lebens. Gradaus und ungeschminkt, dargeboten im dreistimmigen Chorgesang, begleitet von legendären Akustikgitarren, auf Mundharmonika und Trompete. (Circus Krone, 3.11.)
Trotz aller kulturellen Unterschiede sind sich zum Glück auch noch Stefan Leonhardsberger und Stephan Zinner rechtzeitig zum Tourneestart doch noch einig geworden. Wie 95 Prozent aller Österreicher schätzt Leonhardsberger, aufgewachsen im Mühlviertel, das Kaffeehaus, vor allem ein solches Wiener Prägung, als schützenswerte Institution von Weltgeltung. Ähnlich sieht das der Trostberger Zinner. Allerdings favorisiert er das Wirtshaus, insbesondere das münchnerische. Beide eint, dass sie gern pappen bleiben – bei „Kaffee und Bier“. Wer tut das nicht? (Deutsches Theater, 7.11.)
Überhaupt: München. Eigentlich ist das ja – Kenner wissen das – eine perfide Erfindung des viel zu früh verstorbenen Stadtpoeten, Film- und Serienmachers Helmut Dietl. Und wer wäre der gewesen ohne seinen Monaco Franze und das Spatzl? André Hartmann, Rikscha-Sightseeing-Fahrer, hat das ganz gut erkannt. Deswegen nimmt er seine treue Fangemeinde, die ihm ebenso schmachtend zu Füßen liegt wie einst dem Lebemann auf der Picknickdecke im Englischen Garten, mit zu den Original-Schauplätzen von „Monaco & Fränz“. Und so dürfen Abstecher zur berühmten Treppe vor der Oper, aber auch die Absturzkneipen des „Herrn der sieben Meere“nicht fehlen. Regisseurin Christiane Brammer und Hofspielhaus-Hausherrin hat daraus ein musikalisch fein abgestimmtes Singspiel gemacht. (Hofspielhaus, ab 7.11.)
Die Herren Korff und Ludewig wissen auch, wie man das Leben genießt. Sie „gehen baden“, wie das neue Programm verkündet. Sehr gerne. Sie plaudern oder singen nämlich nicht nur, sie baden in den schönsten Themen, die das wilde Treiben da draußen so hergibt. Heraus kommt ein gut abgeschmeckter Cocktail aus knalligem Pop-Konzert, melancholischen Chansons und Kabarett mit Köpfchen. (Lach- und Schießgesellschaft, 28.10.)
Etwas ernster – zumindest an der Oberfläche – dürfte es im „Amen“-Abend von und mit Andreas Rebers zugehen, der damit nach „Predigt erledigt“und „Rebers muss man mögen“sein Trilogie des Glaubens abschließt. Er war zuletzt viel unterwegs und hat beispielsweise in Bagdad als Reverend Rebers vor durchgeladenen Kalaschnikows Akkordeon gespielt. Das wird er nun auch in München machen: allerdings ohne Sturmgewehre, dafür mit Gequetsche. (Volkstheater, 2.11.)
Ein wenig militaristisch klingt dann gleich auch die Ankündigung von Benjamin Eisenberg, seinen Münchner Fans ohne Hemmungen „Pointen aus Stahl“um die Ohren pfeifen zu lassen. Doch keine Sorge: Er hat auch ganz besonders friedliche „Aphorismen auf Satin“im Marschgepäck. Der Mann kommt aus Bottrop. Und allein schon das ist lustig. (Schlachthof, 3.11.)
Nachdenklich wirkt dieser Tage Horst Evers, der mit seinem neuen Solo-Titel „Früher war ich älter“etwas verwirrt-verwirrend wirkt. Die Lösung: Im neuen Programm blickt der Politsatirenschmied auf die Zukunft zurück. Also auf die, die mit der er selbst einmal für sich gerechnet hatte. Nun endlich werden die großen Fragen beantwortet: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Muss ich da mit? Aber ja doch! (Lustspielhaus, 6.11.)
Nicht viel schief gehen kann schließlich auch bei Fee Badenius und Stefan Ebert. Beide präsentieren diesmal nur das Feinste: hintergründige Satiren, beißenden Humor und melancholische Dichtkunst. (Vereinsheim, 1.11.)
Und zum Schluss darf man natürlich auch die neue GOP-Produktion mit dem um Verständnis werbenden Titel Trust Me nicht schwänzen. Die kreist diesmal varietétypisch um Künste, bei denen sich die Akteure – Athleten wie Komiker – ganz und gar aufeinander verlassen können müssen. (GOP Theater, ab 31.10.)