Peng! Peng! Peng!
„Redest du mit mir? Du laberst mich an? Du laberst mich an? Kann es sein, dass du mich meinst? Du redest mit mir? Ich bin der Einzige, der hier ist. Mit wem kannst du Arsch in diesem Ton reden?“Die D-Fassung von Robert de Niros „You talkin’ to me?“Solo in Taxi Driver hätte locker zum „Oh, oh!“werden können, zum Epic Fail. Aber da war dieser Typ. Christian Brückner. Genauso alt wie de Niro. Und mit einem Sound im Hals wie eine fucking Harley. Ein Sound, der einen von der Straße ins Kino katapultiert und mit Bildern vermöbelt, so breit und hoch wie New York. Macht er immer noch. Zum Dreivierteljahrhundertjubiläum zieht CB75 fünf selbst gelesene Lieblingsbücher aus der Kehle wie einen Colt und ballert sie in ins Hörerhirn. Peng! Peng! Peng! Dabei sind die ausgewählten Figuren gar keine klassischen De-Niro-Charaktere. Herman Melvilles Bartleby (1853) arbeitet in einem Anwaltsbüro. Anfangs eifrig, verweigert er sich mehr und mehr den gestellten Aufgaben mit den Copy-Paste-Lyrics „Das möchte ich lieber nicht.“Irgendwann reicht es dem Chef (und Erzähler) und er geht. Sein Nachfolger lässt Bartleby vergittern. Auch dort möchte er „lieber nicht ...“ essen etc. und stirbt nach kurzer Zeit. Dieses so stoische wie zerbrechliche Wesen und Albtraum neoliberalen Produktivitätsgetöses benötigt einen Stimmanzug, der sich mit seinem Träger auflöst, verschwindet. CB75s Bartleby-Sound ist Resignation im Endstadium. Ganz anders bei Baudelaires Gedichtband Die Blumen des Bösen. Hier lauert in jeder Zeile die Apokalypse spuckende Berserker-Referenz Klaus Kinski. CB75 wählt eine eher nüchterne, distanzierte Version, als wolle er dem Dichter nicht zu nahe treten, wo sein Leben dem Gang des entlüfteten Albatros gleicht. Dann wieder sprüht er Sternschnuppen: Als dumbledoriger Wisdomizer vercheckt er seiner Enkelin das Weltall. Wo ist das Universum zu Ende? von Hubert Reeves. Brückners Auswahl – komplettiert durch J. M. Coetzees Schande und Walter Benjamins Berliner Kindheit um Neunzehnhundert – mag willkürlich erscheinen auf den Schnellziehblick, doch steht sie für die kosmopolitische Neugier eines Mannes, der sich von aufgeklärten Geistern gerne ansprechen lässt. Christian Brückner: Da Capo. 5 Mp3-CDs, ca. 20 Std., www.argon-verlag.de