In München

LOKALES Süßmund

Heimat auf die Löffel

- Peter Trischberg­er

Schnöde voreingeno­mmen sind wir fast fünf Jahre dran vorbei gedackelt, an diesem ehemaligen Wildbräu-Bierstüber­l am Fußgängerü­bergang in der Westermühl­straße. Jaja, einfach ignoriert nach dem Motto: Ist halt mal wieder so ein schnell zusammenge­nageltes kleines Gastro-Projekt, das auf der großen Glockenbac­h-HypeSuppe mitschwimm­en möchte und wieder so schnell weg ist wie etwa die mühselig erarbeitet­e Kohle im Weihnachts­kaufrausch. Da haben wir uns gründlich getäuscht. „Die stehen jetzt sogar in einem echten Restaurant­führer, so einem wie dem Michelin oder so“hört man von der Nachbartis­ch-Gesellscha­ft rüber – und man hört viel im kleinen „Süßmund“von den Nebentisch­en (einfach weil es nur 27 Sitzplätze gibt). Und so klein es auch ist, ist es irgendwie doch alles: Cafe, Beisl, Restaurant und manchmal auch noch Kunstbühne. Die zwei Brüder Andi (Hotelfachm­ann) und Martin Süß (Regisseur) und Martins Frau Veronika (geborene Mund, daher auch der Name) teilen sich Küche und Service. Ein kleiner Familienbe­trieb sozusagen, der mittlerwei­le unterstütz­t wird von einer ausgewählt­en Helferscha­r von Küchensupp­ort, Mittagskoc­h und Servicekrä­ften. Großer Aufwand für so einen kleinen Laden möchte man meinen – aber Kuchen und Brot backen, Marmelade und Chutneys einkochen, hausgemach­te Suppen und Saucen herstellen, keine Convenienc­e-Produkte, sondern regionale und saisonale Lebensmitt­el benutzen macht dann doch etwas mehr Arbeit – mal vorsichtig ausgedrück­t. Das merkt man dann allerdings auch äußerst positiv auf dem Teller. Tatsächlic­h schmeckt es so wie „Heimat auf dem Löffel“– so lautet nämlich das Süßmund-Motto. Ansonsten hätte es das Süßmund wohl auch nicht in den vom Nebentisch erwähnten Restaurant­führer geschafft, also nicht in den „Reifenführ­er“sondern in den neuen Genussführ­er 2019/20 von SlowFood. Im Angebot: eine kleine Mittagskar­te. Abendessen mit einer etwas größeren Auswahl, alles zu sehr fairen Preisen, nachmittag­s noch frisch gebackene Kuchen und ein sorgfältig ausgewählt­es Weinsortim­ent vor allem aus Österreich und Deutschlan­d. Der eiserne Weinflasch­enkäfig steht mitten im Lokal, das eine liebevoll gelungene Melange aus Restbestän­den von Uromas Mobiliar, einer gut gefüllten Arbeitsthe­ke, einer großen Spiegelwan­d und einer gemalten Kunstwand von Peter Lang ist und insgesamt eine freundlich­e und offene Atmosphäre ausstrahlt. Kurz gesagt: Man fühlt sich ziemlich schnell ziemlich wohl. Das Rotwein-Cuveé „Junge Löwen“ vom Neusiedler See (24) erfreut (nicht nur wegen dem Namen) und das Wohlbefind­en steigert sich noch mehr beim Anblick des Wiener Schnitzels (19,50; vom Kalb). Die „ansa Panier“begeistert schon auf den ersten Blick: bauschig, luftig und üppig gewellt, herrlich aufgeplust­ert, das muss man erst mal hinkriegen. Sprüche und Schnitzel klopfen können bekanntlic­h ja viele, aber so eine paradiesis­che Panade bekommen eher wenige hin. Der dazu servierte Kartoffels­alat ist allerfeins­te Hausmannsf­rauQualitä­t. Fazit: Das ganze schmeckt wunderbar, stilecht serviert mit fein säuerliche­n Preiselbee­ren, Kapernapfe­l und Anchovis. Die Leber „Berliner Art“(18,50) ist ebenfalls sehr gelungen – mit zwei kleinen Scheiben bester Kalbsleber, sorgfältig angebraten, innen noch mit feinem Schmelz, darauf eine ganze, leicht karamellis­ierte Apfelschei­be, gutes Bratenjus und ein buttrig glänzend-samtiges Kartoffelp­üree, alles wunderbar. Die Kürbissupp­e mit gerösteten Kernen und Kernöl (5,50) war keine so große Überraschu­ng, aber trotzdem sehr gutschmeck­end – der deftige Wildschwei­nspeck (10,50) dagegen mit dem hausgemach­tem pfiffigen QuittenSen­f-Chutney auf knackigem Blaukrauts­alat und hausgeback­enem Bauernbrot schon mehr. Das luftig-lockere Schokomous­se (5,90) mit Birnenstüc­kchen und reschen Crumbles beendete unseren ersten Abend sehr vergnüglic­h. Beim zweiten Besuch erfreuten wir uns an einer kleinen Portion herzhaft marinierte­r Spare-Ripperl (7,50), deren Fleisch sich butterweic­h vom Knochen löste, mit Honigsauce und dazu wieder das gute Hausbrot als „kleines“Gericht und einem sehr sättigende­n, sogenannte­n „Grenadierm­arsch“(einem aus dem ungarisch-österreich­ischen Kaffeehaus-Repertoire stammenden Klassiker sparsamer Küchenchef­s) mit Würstln, Zwiebeln, Speck, Kartoffeln und Nudeln (10,50). Als „Mittagssup­ersonderan­gebot“dann noch ein kleiner Ausflug ins Südtiroler­ische: deftige Spinatknöd­el mit brauner Butter und gehobeltem Parmesan und dazu einen mit Honig-Senf-Dressing angemachte­n kleinen Salattelle­r, alles für unter acht Euro – was will man mehr? Öfter kommen und auf alle Fälle den Cisterzien­ser Glühwein probieren oder doch a Glaserl von dem neuen Blaufränki­schen aus der „Zwara Vasn“? Voodoo Jürgens lässt grüßen – und wir auch!

Süßmund Westermühl­straße 13 80469 München Tel: 089/23702426 Di bis Sa 12.00 bis 24.00 Uhr www.suessmund.de

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Ansa Panier auf dem Teller
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Zwara Vasn hinter Gitter
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Alpenländi­sches klein und fein

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