In München

KABARETT Eleganz ist eben auch nur eine Art Ansichtssa­che

Silberne Matte, Gold im Herzen: Selbstdars­teller überzeugen am Wirkungsvo­llsten, wenn sie ganz authentisc­h irre bleiben.

- Rupert Sommer

Er ist der elegante Silberfuch­s der deutschen Unterhaltu­ngsbranche – ursprüngli­ch der fiese High-Society-Schurke aus zahllosen GrünwaldKr­imis, in der zweiten Karriere – spätestens seit dem „Schuh des Manitu“- der Gute-Laune-Schlacks. Erst spät durfte Fernsehdeu­tschland herausfind­en, dass er nicht nur ein großes Herz, sondern extra viel Humor sein Eigen nennt. Nun kommt Sky Du Mont – natürlich in den „Silbersaal“– und stellt sich der bangen Frage: Was ist das eigentlich, das Alter? Und wie kommt man möglichst elegant dahin? „Jung sterben ist auch keine Lösung“heißt das Buch zum Bühnenprog­ramm, und begleitet von der Klavierkab­arettistin Christine Schütze ist das ganz großer Spaß. (Deutsches Theater, 25.11.)

Wie man sich selbst viel zu früh alt macht, bekommt man warnend im neuen „Immer ich“-Programm von Ingo Börchers vorgeführt – zum Abgewöhnen. Schnell noch ein Selfie geschossen, dann nichts wie ab ins Fitnessstu­dio zur schweißtre­ibenden Selbstopti­mierung. Immer hektisch auf dem Sprung – und immer „authentisc­h“sein dabei. Was früher nur für Promis galt, ist längst in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen. Unheilvoll. (Lach- und Schießgese­llschaft, 24.11.)

Um Lars Reichow ist es dabei schon geschehen. Ihm ist unlängst der Kragen geplatzt. Und damit wurde es natürlich höchste Zeit für ein neues Programm – und klare Worte: Ein Bekenntnis zur Freiheit, zu Europa und zur Demokratie. Haltung, Anstand, Wahrheit – alles wichtig. Lars Reichow geht es jedoch um mehr: Um die „Lust“. Und so nennt er seinen neuen Aufschlag, in dem er wie üblich unnachahml­ich Klavier- und Kabarettku­nst mixt. Wo könnte das besser hinpassen? Ja genau! (Lustspielh­aus, 1.12.)

Florian Schroeder steht ebenfalls knapp vor dem Verzweifel­n. Doch er weiß sich zu helfen. Er blättert schnell noch mal eben im abgeliebel­ten Reclam-Heft nach. „Ich bin der Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“, sagt der teuflische Mephisto da zum Faust. Goethe, schön und gut. Doch was würde er heute sagen – im permanente­n Ausnahmezu­stand unserer Zeit? Gutmensch ist ein Schimpfwor­t. Gleichzeit­ig wollen alle ungebremst auf die gute Seite – am besten sogar gleich in den Himmel. Aber ob sie dort Einlass finden? Derweil sprengen sich die Bösen in die Luft und hoffen – Ironie! – auf Erlösung im Jenseits. „Ausnahmezu­stand“ist ein böse gutes neues Programm. (Schlachtho­f, 28.11.)

Nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt sich dagegen Sepp Schauer, der feine Herr „Sepp Sturm“alias Alfons Sonnbichle­r aus dem „Sturm der Liebe“. Im neuen Bühnenprog­ramm „SturmWarnu­ng – Die Achte“will er sich nicht verrückt machen lassen – schon gar nicht von der digitalen Welt. Trotzdem: Gerade im Straßenver­kehr ist natürlich auch die anbrechend­e staade Zeit nicht leise. Mit neuen Ernährungs­formen, Renovierun­gsversuche­n oder anderen Eigenheite­n der „Zuagroaste­n“in der gar nicht mehr gemütliche­n Stadt, kann man auch Schauer kirre machen. Heinz-Josef Braun hat ihm mal wieder die passend unaufgereg­ten Lieder zum Programm geschriebe­n. (Drehleier, 23./24.11.)

Wenn schon schöne Männer, dann lieber gleich auch noch den Austrofred mitnehmen, den „feschesten Österreich­er aller Zeiten“, wie er über sich selbst verbreiten lässt. Der legendäre Freddie-MercuryWie­dergänger, der in der engen Kunststoff­hose schon so manches Gemeindeze­ntrum zum Kochen gebracht hat, kreist im neuen umfassende­n Programm um die ganz großen Themen Liebe, Tod, Kunst und Humor. Mit Kulinarik hält er sich dagegen nicht lange auf. Denn, so der Austrofred, dass ein Schnitzel ein der Weißwurst um Lichtjahre über-

legenes Nationalge­richt ist, darüber braucht man eh nicht lang diskutiere­n. Stimmt eigentlich. (Vereinshei­m, 4.12.)

Von den noch ganz Jungen-Unarrivier­ten lernen kann man bekanntlic­h am besten auf dem alljährlic­hen Kabarett Kaktus-Nachwuchsf­estival, das wie immer in der Pasinger Fabrik ausgetrage­n wird. Hier drängen vielverspr­echende Newcomer in drei Wettbewerb­srunden auf die Bühne. Zwischendu­rch geben sich die Preisträge­r aus dem Vorjahr noch einmal die Ehre – Tino Bomelino mit seinem Programm „Man muss die Dinge nur zu Ende“sowie Arndt Ulrichsen mit „Ist die Realität an allem schuld?“– sowie mit Ludwig W. Müller, Karl Gschaider und Milka Blauenstei­ner „Ein Paar Wiener für München“. Außerdem gilt es natürlich mit aller Leidenscha­ft, das diesjährig­e rund 30-Jahre-Jubiläum zu feiern. Hoch die Krüge! (Pasinger Fabrik, 23.11. bis 2.12.)

Dass auf dem Tollwood mehr zu holen ist als nur Anregungen für die Geschenkek­orb, versteht sich von selbst. Besonders freuen dürfen sich die Humorwilli­gen auf das Gastspiel des Power-Duos mit dem sperrigen Namen Das Geld liegt auf der Fensterban­k, Marie aus Hannover. Wiebke Eymess und Friedolin Müller schwelgen in Endzeit-Walzerseli­gkeit und zünden dann schon weit vor Silverster ein echtes Feuerwerk ab. Mit Gag-Raketen, versteht sich. (Tollwood Wintersalo­n, 15.12)

„Dilettanz auf dem Vulkan“bietet dort übrigens auch Mathias Tretter mit seinem aktuellen „Pop“-Gastspiel. Und das knallt wirklich. (Tolllwood Wintersalo­n, 21.12.)

Bleibt zum Abschluss noch ein ganz pikanter Vor-Festtags-Kitzel: Christmas is coming versteht sich als die „Weihnachts­show der Travestie“mit Winnie Winter, Conny Condor, Tracy Dash und Dean DeVille. Andere feiern die stille Nacht leise, hier wird’s richtig laut. Und sinnlich. (Teamtheate­r Salon, 30.11./1.12.)

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Goldrichti­g im Silbersaal: SKY DU MONT & CHRISTINE SCHÜTZE
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Wer ist der Schönste im Land: AUSTROFRED

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