AUSSTELLUNGEN Flexibel bleiben
Körperkunst, sakrale Raumgestaltung, Landschaftsspiegelungen und Alex Katz’ Suche nach dem Jetzt
Wer leben will, braucht einen Körper. Wer auch immer sich das ausgedacht hat – so ist es nun einmal. Wie dieser Körper aussieht und wie er funktioniert, hat uns schon immer interessiert. Klar, schließlich lebt man in ihm, wie in einem Haus. In einem Haus, das man zu einem großen Teil geerbt hat. Oder ist er doch eher eine vollautomatische Stoffwechselmaschine? Luft rein, Kohlendioxid raus und so weiter. Die Lehre vom Aufbau des Körpers nennt man Anatomie und so heißt die Ausstellung in der Eres-Stiftung Bodyscan – Anatomie in Kunst + Wissenschaft (bis 2. März, Katalog). Bei diesem Thema kommt die Doppelausrichtung der Stiftung an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft sehr offensichtlich zum Tragen, denn meistens entstand die Dokumentation des Körpers zu Lehrzwecken aus einer engen Zusammenarbeit zwischen bildendem Künstler und Anatom. Der eine führte das Messer, der andere den Stift. Naja, so ungefähr. Fokus der Ausstellung liegt auf der Visualisierung des menschlichen Körpers mit den jeweiligen technischen Mitteln der Zeit und den daraus sich entwickelnden künstlerischen Herangehensweisen. Bis ins 19. Jahrhundert waren Zeichnung, Kupferstich oder Holzschnitt die gängigen Methoden zur Körperdarstellung, mit Fotografie, Film, Röntgenaufnahmen oder Computeranimation kamen ganz neue Abbildungsmöglichkeiten dazu, die unser Körperbild veränderten. Unvergessen die Szene in Thomas Manns Roman „Zauberberg“, als Hans Castorp sich mit seinem Röntgenbild und somit seiner Sterblichkeit konfrontiert sieht: „... durch die Kraft des Lichts, das Fleisch, worin er wandelte, zersetzt, vertilgt, zu nichtigem Nebel gelöst ...“. Uns schockt das schon lange nicht mehr, wir lassen uns sogar am Flughafen bis auf die Knochen scannen. Mit über 50 Exponaten bietet die Ausstellung einen vielschichtigen Blick in unsere Körper und vereint Wunderkammerstücke aus Renaissance und Barock mit zeitgenössischer Kunst. Arbeiten von Ed Atkins, John Baldessari, Meret Oppenheim oder Jeff Wall werden ergänzt durch anatomische Lehrmodelle, popkulturelle Objekte und Science-Fiction-Filmsequenzen. Das begleitende Vortragsprogramm zur Ausstellung gibt es hier: eres-stiftung.de
Räume können mehr als nur da zu sein. Das ist das Thema der Überblicksausstellung Zusammenspiel: Kunst im sakralen Raum (23. November bis 9. Februar, Katalog) in der Galerie der DG. Gezeigt werden Arbeiten, die nach dem Jahr 2000 im katholischen und evangelischen Umfeld entstanden sind. Fazit: Auch heute spielt die Kirche als Auftraggeber noch eine Rolle. Ausgangspunkt der Recherchen für die Ausstellung war eine Umfrage, die 2017 unter sämtlichen Verantwortlichen der evangelischen Landeskirchen, der katholischen (Erz-)Bistümer durchgeführt wurde. Die dabei entstandene Liste mit Kunst war so umfangreich, dass der jetzige Katalog nur einen Teil der eingereichten Projekte nennen, und die Ausstellung nur einen Teil der im Katalog genannten Projekte zeigen kann.
Neue Ausstellung im Museum Brandhorst! Und die wird bestimmt ein Kassenschlager, denn Alex Katz ist immerhin einer der bekanntesten und beliebtesten Künstler. Der Titel lautet deshalb schlicht: Alex Katz (Vernissage am Mittwoch, 5. Dezember um 19 Uhr, 6. Dezember bis 22. April, Katalog). Fertig aus, da braucht es nicht viele Worte. Seine Bilder sind ja auch eher reduziert und wirken wie virtuos gemalte Schnappschüsse oder Modefotografien. Das ist wohl einer der Gründe, warum der 1927 geborene Amerikaner als wichtigster Vorläufer der Pop Art gilt. Mit ihren über 80 Arbeiten bietet die Ausstellung einen guten Überblick – von den 1950er-Jahren bis heute. Was all die Bilder aus 70 Jahren verbindet, ist die Suche nach dem Jetzt. Es geht Katz um die Unmittelbarkeit der menschlichen Wahrnehmung, er nennt es „painting in the present tense“. Oft greift er Szenen aus seinem direkten Umfeld auf, zum Beispiel seine Frau Ada oder Freunde oder Landschaften oder Blumen.
Zu den Künstlern, die der Sammler Adolf Friedrich von Schack besonders schätzte, gehörten Edward von Steinle (1810–1886) und Leopold Bode (1831– 1906). Da haben Sie jetzt so schnell kein Bild vor Augen? Kein Grund, sich zu grämen, beide Künstler sind heute nahezu vergessen. Die Ausstellung Erzählen in Bildern (Vernissage am Mittwoch, 21. November um 18:30, 22. November bis 10. März, Katalog) in der Sammlung Schack will das ändern und holt zahlreiche Werke aus dem Lager, die noch nie oder seit mehr als einem Jahrhundert nicht mehr öffentlich ausgestellt waren. Beide Maler beschäftigten sich mit literarischen Stoffen, und so gibt es einiges zu lesen bzw. zu sehen.
Natur war schon immer das, was wir in ihr gesehen haben. Eine große Projektionsfläche, in der sich ganze Weltentwürfe spiegelten. Die aktuelle Debatte um ein neues Erdzeitalter – dem Anthropozän, in dem der Mensch zum wesentlichen Gestalter der Natur und zum Akteur geologischer und atmosphärischer Veränderungen wurde – regt dazu an, die künstlerische Aneignung von Landschaften neu zu betrachten und zu befragen. Was verraten uns die Darstellungen über das Verhältnis von Mensch und Natur? Für was stehen Landschaften in unserer globalisierten und digitalisierten Weltordnung? Die Ausstellung Land_ Scope (30. November bis 31. März, Katalog) im Münchner Stadtmuseum geht dieser Frage nach und zeigt Fotoarbeiten von Roni Horn bis Thomas Ruff.
Man soll ja nicht zu weit in die Zukunft denken, aber manche Dinge wollen geplant sein. Zum Beispiel Kino der Kunst. Nächstes Jahr ist es wieder soweit, vom 30. April bis zum 5. Mai findet die Mischung aus Filmfestival und Kunstaustellung zum vierten Mal statt. Das kann man sich schon mal im Kalender anmarkern. Sicherheitshalber. Und ein bisschen geht es jetzt schon los, mit den Artist Talks zum diesmaligen Motto „Forbidden Beauty“. Am 4. Dezember kommt der britische Künstler Phil Collins ins Harry Klein. Alle weiteren Termine unter: kinoderkunst.de