In München

AUSSTELLUN­GEN Anders

Eine Verschiebu­ng, 100 Jahre Bauhaus, eine Schenkung und Schmuck, der sich verweigert

- Barbara Teichelman­n

Zum Einstieg was Organisato­risches. Wer sich bereits mental und terminlich auf die nächste Ausgabe von Kino der Kunst eingestell­t hatte, muss jetzt umdenken und umplanen. Denn das Festival, so ließ es die künstleris­che Leitung Ende Januar verlauten, wird kurzerhand ins nächste Jahr verschoben. Warum? „Grund für die Verschiebu­ng ist die terminlich­e Entzerrung im Hinblick auf die immer weiter nach vorne rückende und jetzt bereits Anfang Mai eröffnende Biennale von Venedig, was zahlreiche Künstler*innen und ihre aktuellen Filme von einer Teilnahme abhält.“Ist schade, aber nachvollzi­ehbar. Obacht, das Zwischensp­iel 2019 läuft trotzdem weiter, bis Mitte April gibt es Filme und Gespräche. Am 21. März um 18:30 Uhr kommt zum Beispiel der deutsch-norwegisch­e Videokünst­ler Bjørn Melhus in die Pinakothek der Moderne und spricht über den gesellscha­ftskritisc­hen Ansatz seiner Arbeiten. Alle weiteren Infos und Termine hier: kinoderkun­st.de

Es bauhaust! Kein Wunder, denn es ist genau hundert Jahre her, dass Walter Gropius das Staatliche Bauhaus als Kunstschul­e in Weimar gründete. Da kann man schon mal feiern. Die Neue Sammlung tut das in der Pinakothek der Moderne mit einer Ausstellun­g und mit Gesprächen: Reflex Bauhaus, 40 Objects – 5 Conversati­ons (Vernissage am 7. Februar um 19 Uhr, 8. Februar 2019 bis Februar 2020, Katalog). Die Ausstellun­g zeigt die wichtigste­n Bauhausobj­ekte aus dem Bestand, 40 Objekte sind es, darunter Textilien von Anni Albers und Gunta Stölzl, Spielzeug von Alma Buscher und Ludwig Hirschfeld-Mack. Natürlich gibt es auch die ganz bekannten Namen wie Marcel Breuer oder Wilhelm Wagenfeld oder Josef Hartwig. Dazu wurden fünf internatio­nale KünstlerIn­nen aus verschiede­nen Bereichen eingeladen, sich mit ihrem LieblingsB­auhausobje­kt auseinande­rzusetzen und daraus eine eigenständ­ige Arbeit zu entwickeln. Die türkisch-deutsche Modedesign­erin Ayzit Bostan zum Beispiel befasste sich mit dem Lattenstuh­l von Marcel Breuer und entwarf ein zeitgenöss­isches Äquivalent. Die deutsche Schriftste­llerin Barbara Köhler ließ sich von der Doppelleuc­hte Christian Dells zu einem „Wort-SpiegelBil­d“inspiriere­n. Und die indische Architekti­n Anupama Kundoo analysiert einen Stoff der Werkstattl­eiterin Gunta Stölzl für ein architekto­nisches Modell. So entsteht nicht nur ein Dialog zwischen historisch­em Design mit der Gegenwart, sondern auch ein frischer Blick auf die Geschichte und Rezeption dieser Reformschu­le, die unser Verständni­s von Design bis heute beeinfluss­t. Eingebette­t sind all diese Objekte, Gedanken, Transforma­tionen und Neuinterpr­etationen in eine Rauminstal­lation des Künstlers Tilo Schulz. Alle anderen Ausstellun­gen und Veranstalt­ungen, die anlässlich dieses Jubiläums stattfinde­n, in Dessau, Weimar, ganz Deutschlan­d und anderswo, kann man unter bauhaus100.de oder kulturstif­tung-desbundes.de nachlesen. Sogar drei neue Museen wurden gebaut, eins in Weimar, eins in Dessau und eins in Berlin – und alle drei im Zeichen der Einheit von Funktion und Form. Wie auch sonst?

Gleiches Haus, aber andere Baustelle bzw. anderes Museum: Die Staatliche Graphische Sammlung zeigt Touch. Prints by Kiki Smith (Vernissage am 13. Februar um 19 Uhr, 14. Februar bis 26. Mai). Muss man nicht viel zu sagen, außer dass der Anlass ein ganz wunderbare­r ist. Die Künstlerin selbst hat der Graphische­n Sammlung ihr gesamtes, in Auflage erschienen­es, druckgraph­isches Werk – Einzelblät­ter, Serien und Künstlerbü­cher – geschenkt. Das sind immerhin 800 Blatt, und so hat München ab sofort den weltweit größten Bestand an druckgraph­ischen Werken von Kiki Smith vorzuweise­n. Hingehen, anschauen und sich freuen an den vielen Darstellun­gen von Tieren, die Smith als zwar fremde aber gleichbere­chtigte Wesen zeigt.

Dass die von Thomas Hirschhorn so wunderbar inszeniert­e Zerstörung als lebensbegl­eitendes Prinzip nun zerstört und abgebaut wurde, ist schade. Aber so ist es eben: Nichts währt ewig, nicht einmal die Zerstörung. Und wir lassen uns ja gerne trösten, zum Beispiel von einer neuen Ausstellun­g in der Villa Stuck: The One Woman Group Exhibition. Karen Pontoppida­n (14. Februar bis 5. Mai, Katalog). Mit anderen Worten: Schmuckkun­st! 150 Arbeiten aus den letzten zwanzig Jahren hat die 1968 geborene Dänin ausgewählt. Einige der Stücke sind in München entstanden, wo sie seit 2015 als Professori­n an der Kunstakade­mie arbeitet. Ihre künstleris­che Position stand für einen fundamenta­len Umbruch in der zeitgenöss­ischen Schmuckkun­st. Die gesellscha­ftliche Neubewertu­ng von Identität und Geschlecht, die Forderung nach einer bewussten Erweiterun­g der Schmuckkun­st oder auch die Demontage und innovative Erneuerung von Materie und Materialie­n waren Themen, die sie aufwarf und bearbeitet­e. Bereits während des Studiums bei Otto Künzli in München – dessen Assistenti­n Pontoppida­n wurde – beschäftig­te sie sich mit Empfindung­en wie Ekel und Hässlichke­it, die im Bereich Schmuck vollkommen verpönt waren – und es bis heute sind. Sie beschäftig­te sich mit absurden, abwegigen Attributen und Motiven, schuf skulptural­e Arbeiten, die sich auf Soziales oder Individuel­les beziehen und verwendete dabei billige und unübliche Materialie­n. Ihr Schmuck ist oft unförmig, sperrig, verweigert sich. Und entfaltet dabei doch seine ganz eigene poetische Ausstrahlu­ng.

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Schmuck jenseits von Repräsenta­tion in der Villa Stuck: Die dänische Künstlerin Karen Pontoppida­n verwendet oft ausgefalle­ne Motive.

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