In München

Yishai Sarid

- Jonny Rieder

Monster

(Kein & Aber)

„Erst ein paar Jahre später lernte ich, dass an Orten des Hasses Hass sprießt“, schreibt der namenlose Icherzähle­r. Der israelisch­e Historiker und Tourguide in Polens Holocaustg­edenkstätt­en rechtferti­gt sich für einen Eklat bei einer Führung. Dabei erzählt er seine Veränderun­g durch die permanente Präsenz der Schoah und die verstörend­en Reaktionen einiger Besucher. Anfangs sind es israelisch­e Schulklass­en, später israelisch­e Soldaten und internatio­nale Touristen. Was heißt es, heute, über 70 Jahre nach Kriegsende, jungen Menschen das Thema nahe zu bringen, „ ... ihre Mienen aufzubrech­en, in ihr vom Handyflimm­ern erfülltes Denken einzudring­en ...“, wie reagiert man, wenn Kinder, eingehüllt in israelisch­e Flaggen, im Vernichtun­gslager Lublin-Majdanek flüstern: „ ... so müsste man es mit den Arabern machen“? Oder wenn man sieht: „Sie (...) trugen Kippas und liefen zwischen den Baracken umher, voller Hass – nicht auf die Mörder, sondern auf die Opfer.“Was sagt man würdelosen Touristen, die den Holocaust-Vortrag unterbrech­en: „Schau, hier gibt’s Ikea?“Yishai Sarids fasziniere­ndes kleines Buch misst fortwähren­d den schmalen Grat zwischen Humanität und Barbarei und konfrontie­rt den Leser mit der tabulosen Direktheit seiner Fragen. Schwer aus der Hand zu legen.

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