Angelika Beier
Hier gibt’s wichtige Tipps, wie man sich kurz vor dem finalen Rechtsruck noch schnellstmöglich selbstoptimiert
Es ist die Frage, die immer mehr halb- bis dreiviertelausgebrannten Zeitgenossen auf den Nägeln brennt: „Lebst du noch? Oder funktionierst du schon?“Wer sich nicht gnadenlos selbstoptimiert, sollte sich kaum mehr in den zickigen Freundeskreis trauen. An jeder Ecke predigen Life-Coaches ihre Binsenweisheiten. Karrieregeile Jungunternehmer träumen den feuchten Startup-Traum. Und vom Misserfolg verwöhnte Loser suhlen sich im Selbstmitleid. Es sind offensichtlich Zeiten, die man nur mit dem schönen Neu-Wort „Beklopptimierung“beschreiben kann. Selbiges haben die Herren Max Beier und David Hang geprägt, die derzeit als die jungen Rockstar-Rotzlöffel der respektlosen Kabarettszene gefeiert werden. Beier & Hang helfen dem Publikum wirklich weiter: Gemeinsam hechelt man gelogene Wahrheiten, wahre Lügen und bedeutsame Belanglosigkeiten durch. (Drehleier, 15./16.3.)
Nur Geheimnisse, die wirklich stimmen, plaudert natürlich auch gleich noch Barbara Schöneberger, Deutschlands Fachfrau für das ganz große Sendungsbewusstsein, aus. Immerhin erfährt man auf ihrer aktuellen Bühnenshow mit dem vielversprechenden Titel „Eine Frau gibt Auskunft“all das, was nicht schon in der Barbara-Zeitschrift, in ihrer Barbara-Radioshow und bei den vielen Barbara-Moderationsarbeiten im deutschen Fernsehen verraten wurde. Allerdings: Singen kann sie wirklich sehr schön. Und mitreißend wird das sicher. (Kleine Olympiahalle, 13.3.)
Nie um einen Spruch verlegen ist Oliver Polak. Einziges Problem: Bei so manchen harten Gags bleibt dann gelegentlich doch das laute Loswiehern vorsichtshalber im Hals stecken, was zu ungesundem Krächzen im Publikum führt. „Der Endgegner“lautet die Kampfansage, die Polak für seine neue Tour gefunden hat. Und dabei trüffelt er sich nicht nur durch deutsche Befindlichkeiten, sondern auch durch den „Morast der Langeweile“. So oder so ähnlich heißt jedenfalls sein empfehlenswert großartiges Podcast bei Audible, das er zusammen mit seinem Sprüchklopferkollegen Micky Beisenherz bestückt. Die ursprüngliche Show im Dezember musste ausfallen, nun ist es endlich mit dem Nachholtermin soweit. (Freiheiz, 11.3.)
Fast eine wenig weihevoll dürfte der Abend mit Robert Palfrader werden: Sein neues Solo „Allein“ist ein Abend für Gläubiger, Agnostiker, Atheisten – und alle, die es noch werden wollen. Anschauungsmaterial hat der gute Mann genug dabei: Er erzählt aus seinen ehemaligen Klosterschulzeiten, von der Entschlüsselung seines mütterlichen wie väterlichen Gen-Materials und allem voran von seiner Fan-Post. Nur so viel: Irre Sachen sind dabei. Und dann führt Palfrader ad hoc auch noch spannende Gespräche – etwa mit einem Krankenhauskeim. (Lustspielhaus, 17.3)
So etwas wie Live-Therapiesitzungen hält bekanntlich Thomas Steierer auf der Bühne ab. Er ist ein Mann, der anders als Palfrader gar kein Österreicher ist, sondern nur so heißt und sich auch keine kabarettistische EhrenHerkunft erschwindeln möchte. Steierer ist „Metromadrid – der urbane Dorfdepp“, wie er sagt. Ein bärtiger Galgenhumorist, der das langjährige eigene Scheitern als Chance gesehen und aus der zweifelnden Selbstbetrachtung eine unwiderstehliche Kunstform gemacht hat. Und dann muss sich letztlich sogar ein Kollege wie Josef Hader ein wenig fürchten. (Fraunhofer, 9.3.)
Um wirklich ganz Fremde zu verstehen, muss man offenbar tatsächlich Jan-Peter Petersen aus dem hohen Norden einladen. Der kantige Hafenkante-Typ darf sich noch immer als „Hamburger Jung“ankündigen lassen. Und das obwohl er nun schon auch einige Jährchen auf dem Buckel hat. Oder wie es bei Petersen heißt: viel „Leben zwischen Fisch und Kopf“. Ein knuffiges Kuddelmuddel-Schmuddelwetter-Buddel-Programm! (Lach- und Schießgesellschaft, 10.3.)
Und dann wäre da natürlich noch Angelika Beier, die so langsam auf die Triumphallee einschwenkt: „Mit Vollgas in die zweite Lebenshälfte“nennt sie das. Ins Zentrum ihres neuen Programms hat sie mit Fanny eine Frau in den viel beschworenen „Besten Jahren“ge-
stellt. Kein Wunder: Die wirklich guten hat sie bereits hinter sich. Konsequenterweise lernt man Fanny bei einem wichtigen, vieles noch einmal verändernden Lebensschritt kennen: Sie eröffnet einen Second-Hand-Laden. Schließlich hat sich viel angesammelt: Second-Hand-Gefühle, abgelegte Ehemänner, gebrauchte Leidenschaften, liebgewordene Gewissheiten. Eine besonders liebenswürdige führt übrigens der Titel aus: „Höhepunkte zwischen Sex und 60“. Darauf darf man sich freuen. (Fraunhofer, 13. bis 16.3.)
Gleich eine ganze Packung Höhepunkte machen die Macher im Varieté-Theater auf. Und dabei geht es ihnen natürlich um Überwältigung. Und um die große Bandbreite: Von trockenem Slapstick, über scharfe Satire, bis hin zur Gaukelei. Und von der poetischen Heiterkeit hin zum enthemmten Losbrüllen. Der Ausflug in die Humorzone macht’s möglich. (GOP Theater, ab 21.3.)
Thomas Schreckenberger spricht seinen Anhängern dagegen noch mal ordentlich ins Gewissen. Er ärgert sich schon recht lange, dass man immer nur Sätze wie „Hätte ich nur mehr Geld“oder „Wäre ich nur schöner“hört. Wer, so Schreckenberger völlig zurecht, wünscht sich denn überhaupt noch: „Ich wäre gern schlauer“. Mein Haus, mein Auto, mein Boot. Wo bleibt nur der Traum vom Eigenhirn! Denken wird eben doch immer öfter outgesourct. Wofür hat man denn nur diese griffigen Fake News? (Lach- und Schießgesellschaft, 19.3.)
Die Aufzählung, die Andrea Bongers ihren Fans unter die Nase knallt, könnte ebenfalls ernüchternd klingen: Kind weg, Mann weg, Hund tot! Und was nun? Jetzt geht’s ab - und zwar „Bis in die Puppen“, wie der Programmtitel nahelegt. Heraus kommt eine figurenstarke Show von der Künstlerin, die für die„Sesamstraße“die Puppen tanzen ließ. (Schlachthof, 7.3.)
Mit lautem Singen, InstrumentenGetöse und Pfeifen im Wald richtet sich Josef Brustmann selbst auf. Und eigentlich lässt er sich auch erst gar nicht unterkriegen. Das Motto seiner neuen Auftrittsreihe klingt jedenfalls ziemlich bejahend: „Das Leben ist kurz – kauf die roten Schuh’“, heißt es da. Darin spielt er mal eine etwas ungewöhnlichere Variante des allseits befürchteten Weltuntergangs durch. Trump hat dafür nicht mal den gefürchteten roten Knopf drücken müssen. Wie von selbst kippte die Erde auf die rechte Seite. Viele Menschen verloren beim großen Rechtsruck das Gleichgewicht - und stürzten ins All. Brustmann, der Chronist aus Wolfratshausen, überlebte. Weil dort immer alles Wichtige erst 20 Jahre später passiert. (Lach- und Schießgesellschaft, 21./22.3.)