In München

Angelika Beier

Hier gibt’s wichtige Tipps, wie man sich kurz vor dem finalen Rechtsruck noch schnellstm­öglich selbstopti­miert

- Rupert Sommer

Es ist die Frage, die immer mehr halb- bis dreivierte­lausgebran­nten Zeitgenoss­en auf den Nägeln brennt: „Lebst du noch? Oder funktionie­rst du schon?“Wer sich nicht gnadenlos selbstopti­miert, sollte sich kaum mehr in den zickigen Freundeskr­eis trauen. An jeder Ecke predigen Life-Coaches ihre Binsenweis­heiten. Karrierege­ile Junguntern­ehmer träumen den feuchten Startup-Traum. Und vom Misserfolg verwöhnte Loser suhlen sich im Selbstmitl­eid. Es sind offensicht­lich Zeiten, die man nur mit dem schönen Neu-Wort „Beklopptim­ierung“beschreibe­n kann. Selbiges haben die Herren Max Beier und David Hang geprägt, die derzeit als die jungen Rockstar-Rotzlöffel der respektlos­en Kabarettsz­ene gefeiert werden. Beier & Hang helfen dem Publikum wirklich weiter: Gemeinsam hechelt man gelogene Wahrheiten, wahre Lügen und bedeutsame Belanglosi­gkeiten durch. (Drehleier, 15./16.3.)

Nur Geheimniss­e, die wirklich stimmen, plaudert natürlich auch gleich noch Barbara Schöneberg­er, Deutschlan­ds Fachfrau für das ganz große Sendungsbe­wusstsein, aus. Immerhin erfährt man auf ihrer aktuellen Bühnenshow mit dem vielverspr­echenden Titel „Eine Frau gibt Auskunft“all das, was nicht schon in der Barbara-Zeitschrif­t, in ihrer Barbara-Radioshow und bei den vielen Barbara-Moderation­sarbeiten im deutschen Fernsehen verraten wurde. Allerdings: Singen kann sie wirklich sehr schön. Und mitreißend wird das sicher. (Kleine Olympiahal­le, 13.3.)

Nie um einen Spruch verlegen ist Oliver Polak. Einziges Problem: Bei so manchen harten Gags bleibt dann gelegentli­ch doch das laute Loswiehern vorsichtsh­alber im Hals stecken, was zu ungesundem Krächzen im Publikum führt. „Der Endgegner“lautet die Kampfansag­e, die Polak für seine neue Tour gefunden hat. Und dabei trüffelt er sich nicht nur durch deutsche Befindlich­keiten, sondern auch durch den „Morast der Langeweile“. So oder so ähnlich heißt jedenfalls sein empfehlens­wert großartige­s Podcast bei Audible, das er zusammen mit seinem Sprüchklop­ferkollege­n Micky Beisenherz bestückt. Die ursprüngli­che Show im Dezember musste ausfallen, nun ist es endlich mit dem Nachholter­min soweit. (Freiheiz, 11.3.)

Fast eine wenig weihevoll dürfte der Abend mit Robert Palfrader werden: Sein neues Solo „Allein“ist ein Abend für Gläubiger, Agnostiker, Atheisten – und alle, die es noch werden wollen. Anschauung­smaterial hat der gute Mann genug dabei: Er erzählt aus seinen ehemaligen Klostersch­ulzeiten, von der Entschlüss­elung seines mütterlich­en wie väterliche­n Gen-Materials und allem voran von seiner Fan-Post. Nur so viel: Irre Sachen sind dabei. Und dann führt Palfrader ad hoc auch noch spannende Gespräche – etwa mit einem Krankenhau­skeim. (Lustspielh­aus, 17.3)

So etwas wie Live-Therapiesi­tzungen hält bekanntlic­h Thomas Steierer auf der Bühne ab. Er ist ein Mann, der anders als Palfrader gar kein Österreich­er ist, sondern nur so heißt und sich auch keine kabarettis­tische EhrenHerku­nft erschwinde­ln möchte. Steierer ist „Metromadri­d – der urbane Dorfdepp“, wie er sagt. Ein bärtiger Galgenhumo­rist, der das langjährig­e eigene Scheitern als Chance gesehen und aus der zweifelnde­n Selbstbetr­achtung eine unwiderste­hliche Kunstform gemacht hat. Und dann muss sich letztlich sogar ein Kollege wie Josef Hader ein wenig fürchten. (Fraunhofer, 9.3.)

Um wirklich ganz Fremde zu verstehen, muss man offenbar tatsächlic­h Jan-Peter Petersen aus dem hohen Norden einladen. Der kantige Hafenkante-Typ darf sich noch immer als „Hamburger Jung“ankündigen lassen. Und das obwohl er nun schon auch einige Jährchen auf dem Buckel hat. Oder wie es bei Petersen heißt: viel „Leben zwischen Fisch und Kopf“. Ein knuffiges Kuddelmudd­el-Schmuddelw­etter-Buddel-Programm! (Lach- und Schießgese­llschaft, 10.3.)

Und dann wäre da natürlich noch Angelika Beier, die so langsam auf die Triumphall­ee einschwenk­t: „Mit Vollgas in die zweite Lebenshälf­te“nennt sie das. Ins Zentrum ihres neuen Programms hat sie mit Fanny eine Frau in den viel beschworen­en „Besten Jahren“ge-

stellt. Kein Wunder: Die wirklich guten hat sie bereits hinter sich. Konsequent­erweise lernt man Fanny bei einem wichtigen, vieles noch einmal verändernd­en Lebensschr­itt kennen: Sie eröffnet einen Second-Hand-Laden. Schließlic­h hat sich viel angesammel­t: Second-Hand-Gefühle, abgelegte Ehemänner, gebrauchte Leidenscha­ften, liebgeword­ene Gewissheit­en. Eine besonders liebenswür­dige führt übrigens der Titel aus: „Höhepunkte zwischen Sex und 60“. Darauf darf man sich freuen. (Fraunhofer, 13. bis 16.3.)

Gleich eine ganze Packung Höhepunkte machen die Macher im Varieté-Theater auf. Und dabei geht es ihnen natürlich um Überwältig­ung. Und um die große Bandbreite: Von trockenem Slapstick, über scharfe Satire, bis hin zur Gaukelei. Und von der poetischen Heiterkeit hin zum enthemmten Losbrüllen. Der Ausflug in die Humorzone macht’s möglich. (GOP Theater, ab 21.3.)

Thomas Schreckenb­erger spricht seinen Anhängern dagegen noch mal ordentlich ins Gewissen. Er ärgert sich schon recht lange, dass man immer nur Sätze wie „Hätte ich nur mehr Geld“oder „Wäre ich nur schöner“hört. Wer, so Schreckenb­erger völlig zurecht, wünscht sich denn überhaupt noch: „Ich wäre gern schlauer“. Mein Haus, mein Auto, mein Boot. Wo bleibt nur der Traum vom Eigenhirn! Denken wird eben doch immer öfter outgesourc­t. Wofür hat man denn nur diese griffigen Fake News? (Lach- und Schießgese­llschaft, 19.3.)

Die Aufzählung, die Andrea Bongers ihren Fans unter die Nase knallt, könnte ebenfalls ernüchtern­d klingen: Kind weg, Mann weg, Hund tot! Und was nun? Jetzt geht’s ab - und zwar „Bis in die Puppen“, wie der Programmti­tel nahelegt. Heraus kommt eine figurensta­rke Show von der Künstlerin, die für die„Sesamstraß­e“die Puppen tanzen ließ. (Schlachtho­f, 7.3.)

Mit lautem Singen, Instrument­enGetöse und Pfeifen im Wald richtet sich Josef Brustmann selbst auf. Und eigentlich lässt er sich auch erst gar nicht unterkrieg­en. Das Motto seiner neuen Auftrittsr­eihe klingt jedenfalls ziemlich bejahend: „Das Leben ist kurz – kauf die roten Schuh’“, heißt es da. Darin spielt er mal eine etwas ungewöhnli­chere Variante des allseits befürchtet­en Weltunterg­angs durch. Trump hat dafür nicht mal den gefürchtet­en roten Knopf drücken müssen. Wie von selbst kippte die Erde auf die rechte Seite. Viele Menschen verloren beim großen Rechtsruck das Gleichgewi­cht - und stürzten ins All. Brustmann, der Chronist aus Wolfratsha­usen, überlebte. Weil dort immer alles Wichtige erst 20 Jahre später passiert. (Lach- und Schießgese­llschaft, 21./22.3.)

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 ??  ?? Schwindeln charmant: BEIER & HANG
Schwindeln charmant: BEIER & HANG
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Freut sich auf Höhepunkte: ANGELIKA BEIER

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