Heinrich Steinfest
Wortspiele, fette Reime, wuchtige Beats. Und ganz viele Verbrecher, die sich in der Stadt breitmachen
Für Fans des gepflegten Nervenkitzels beginnt dieser Tage wieder die schönste Jahreszeit. Und natürlich wäre der Startschuss fürs Münchner Krimifestival eine tolle Gelegenheit, auf den Balkon zu gehen und mal wieder vorfreudig ein ganzes Magazin in den Nachthimmel zu jagen. Allerdings: Der Schatten des viel zu frühen Todesfalls von Andreas Hoh, der das Festival einst gegründet hatte und mit unglaublicher Energie und Leidenschaft groß machte, liegt noch immer über der Stadt. Im Dezember starb Hoh mit nur 52 Jahren. Vielleicht ist es aber eben doch die größte Freude, die man ihm machen kann, wenn jetzt wieder verschworenen Verbrechensfreunde in Scharen herbeiströmen.
Los geht’s mit einem Meister der schwarzen Kunst: Der Österreicher Heinrich Steinfest schickt für die 17. Auflage des Festivals mal wieder seinen kultig-skurrilen Ein-ArmErmittler Detektiv Cheng ins Rennen. (Literaturhaus, 17.3.)
Tendenziell eher schusswaffenfrei gestaltet sich das Festivalprogramm bei den rührigen, dreitätigen Wortspielen, die ebenfalls vor der Tür stehen. Johan de Blank hat mal wieder 18 junge Autoren zusammen getrommelt, die in der gemütlichen Wohnzimmer-Atmosphäre zwischen Bühne und Bar ihre neuen Werke vorstellen. Darunter sind diesmal Michel Decar, Marjana Gaponenko, Benedikt Feiten, Lola Randl, Thomas Klupp und Gerasimos Bekas, die alle ihre Protagonisten durch eine mehr oder weniger entzauberte, abgründig brüchige Gegenwart taumeln lassen. Besonderer Hingucker der Reihe: Autor, Medienkünstler und DJ Nikolai Vogel umrahmt das Festival wieder mit seiner einfallsreichen Cover-ShuffleInstallation. (Muffatwerk Ampere, 13. bis 15.3.)
Wäre David Mayonga nicht so selbstbewusst, hätte auch er reichlich desillusioniert durch sein Frühwerk schlurfen können. Immerhin bekam es der Ur-Bayer in der dumpfen Provinz, deren sprachliche Eigenheiten er als passionierter Dialektsprecher von Anfang an souverän durchschaute, immer wieder mit Alltagsrassismus zu tun. Bände spricht sein neues Buch „Ein Neger darf nicht neben mir sitzen. Eine deutsche Geschichte“. Allerdings: Schon lange bevor Mayonga zu schreiben begann, hatte er ein anders kraftvolles Ventil für sich entdeckt: den Rap. Und den hatte er immer schon würzig gepfeffert. (Münchner Volkstheater, 13.3.)
Von der Arbeit am Mikro und den flinken Zungen kennt man natürlich auch das Hamburger Trio Fettes Brot. Eh klar. Was man in diesen Breiten oft nicht so weiß: Die Jungs halten unter anderem bei Radio Bremen seit mittlerweile schon fünf Jahren eine pfiffige wöchentliche RadioSprechstunde ab. Die gesammelte Besserwisserei daraus muss jetzt endlich auch mal übers Land und unter die Leute gebracht werden. Also schnallen sich die Brote ihren Bauchladen um und touren von Halle zu Halle. Diesmal weniger mit fetten Beats dafür mit fetten Wortkaskaden. Im April kommt dann das neue Album hinterher. (Nachtwerk Club, 21.3.)
Thematisch nah bleibt schließlich die Live-Podcast-Lesung mit Jan Wehn und Davide Bortot. Sie haben über 100 Interviews mit den Großen des Rap geführt. (Muffatwerk Ampere, 16.3.) R. Sommer