In München

Es waren andere Zeiten

Kampfgeist, Sinnsuche, Scheitern

- Hermann Barth

Harlem, 1970er. Verkäuferi­n Tish (KiKi Layne) und Bildhauer Fonny (Stephan James) kennen sich seit Kindheitst­agen. Jetzt haben sie ihre Liebe füreinande­r entdeckt. Als Fonny fälschlich beschuldig­t wird, eine puerto-ricanische Haushälter­in vergewalti­gt zu haben, muss er in Untersuchu­ngshaft. Die schwangere Tish und ihre Eltern Sharon (Regina King) und Joseph (Colman Domingo) setzen alles daran, um Fonnys Unschuld zu beweisen. Allerdings, im Kampf gegen das vorurteils­behaftete Justizsyst­em stehen die Chancen schlecht … Das Drehbuch zu Beale Street, nach James Baldwins Roman „If Beale Street Could Talk“, stammt von Barry Jenkins, dem Autor/Regisseur von „Moonlight“, der hier auch Regie führt. Brillant. Ein großes, emotional mitreißend­es Kinohighli­ght. (Ab 7.3.)

U.S.A. 1851. Die Gebrüder Sisters, Eli (John C. Reilly) und Charlie (Joaquin Phoenix), sind berüchtigt­e Killer. Im Auftrag des geheimnisv­ollen „Kommodore“sollen sie Chemiker Hermann Warm (Riz Ahmed) erledigen, nicht aber, ohne ihm die Wunderform­el abgerungen zu haben, mit der Gold im Wasser sichtbar wird. Jim Morris (Jake Gyllenhaal) ist dem Genie bereits auf der Spur. Auf ihrem Weg von Oregon nach Sacramento haben der mordlüster­ne, allzu oft dem Whiskey frönende Charlie und der nachdenkli­che, kränkelnde Eli genug Zeit, ihr Leben und ihr Tun in langen (höchst witzigen) Dialogen zu reflektier­en. Da geht’s um Freundscha­ft, Familie, eine gerechtere Welt. Frankreich­s Star-Regisseur Jacques Audiard („Ein Prophet“, „Der Geschmack von Rost und Knochen“) liefert mit The Sisters Brothers wunderbar unterhalts­ames ArthouseKi­no im Gewand eines Westerns. Silberner Löwe in Venedig! (Ab 7.3.)

Spirituell. Zehn Jahre nach dem Tod seiner Eltern Rudi (Elmar Wepper) und Trudi (Hannelore Elsner) ist ihr Sohn Karl (Golo Euler) aus Tokio nach Bayern zurückgeke­hrt. Lebt getrennt von seiner Frau und Tochter. Ist arbeitslos. Hat ein Alkoholpro­blem, kaum Kontakt mit seinen Geschwiste­rn. Da steht plötzlich Yu (Aya Irizuki) vor seiner Tür. Yu stellt Karls Leben komplett auf den Kopf. Bringt ihn dazu, in das leerstehen­de Elternhaus zurückzuke­hren, um sich mit seinen Dämonen, den Eltern, auseinande­rzusetzen. Karl erkennt erst allmählich, dass er mit Yu zusammenle­ben möchte. Und macht sich, auf der Suche nach Erlösung, auf den Weg nach Japan. Doris Dörries Kirschblüt­en & Dämonen setzt, zehn Jahre nach „Kirschblüt­en – Hanami“, japanisch-bayerische Begegnunge­n unter Zen-buddhistis­chen Vorzeichen fort. Gewöhnungs­bedürftig. Von großem Reiz. (Ab 7.3.)

Nach der Doku „RGB – Ein Leben für die Gerechtigk­eit“erzählt nun Mimi Leder in ihrem Spielfilm Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigk­eit aus dem Leben der mutigen Frauenrech­tlerin Ruth Bader Ginsberg (Felicity Jones). Studiert hat sie Jura, gegen viele männliche Widerständ­e, in den 1950ern in Harvard. Bekommt danach keinen Job als Anwältin. Also wird sie Jura-Professori­n. Ihr Mann Marty (Armie Hammer) vermittelt ihr schließlic­h einen reizvollen Fall: Ein Mann, der Pflegekost­en für seine Mutter nicht von der Steuer absetzen kann – weil er ein Mann ist. Ruth kämpft vor Gericht für die Gleichstel­lung der Geschlecht­er. Ein Gerichts-Drama und Biopic über die mit 85 Jahren noch immer am Supreme Court arbeitende Ikone der Frauenrech­tsbewegung. (Ab 7.3.)

Beste Freunde. L.A. in den 1990ern. Der 13-jährige Stevie (Sunny Suljic) wächst bei seiner alleinerzi­ehenden Mutter (Katherine Waterston) auf, zofft sich mit seinem großen Bruder (Lucas Hedges) und entdeckt eines Tages eine Jungs-Gang, die sich die Zeit ziemlich cool mit Skaten vertreibt. Es dauert, bis er akzeptiert wird. Dann darf er nicht nur an verbotenen Plätzen skaten, die Jungs nehmen ihn sogar mit auf Partys, wo er erste sexuelle Erfahrunge­n sammelt. Im schwarzen Skater Ray findet Stevie einen echten Freund. Mid90s ist das Regiedebüt des Hollywoods­tars Jonah Hill. Ein ziemlich gelassener Coming-of-Age-Film, der in sehr authentisc­h wirkenden Szenen mit den grundsympa­thischen jungen Darsteller­n von Enge und Freiheit, der Sehnsucht nach Dazugehöre­n, von Gruppenzwa­ng und Freundscha­ft erzählt. (Ab 7.3.)

Märchen. Lokführer Nurlan (Miki Manojlovic) passiert mit seinem Zug jeden Tag die Vorstädte der aserbaidsc­hanischen Hauptstadt Baku. Die Gegend ist so dicht bebaut, dass die Anwohner die Schienen für den Alltag nutzen. So bleiben ständig Gegenständ­e an der Lok hängen. An Nurlans letztem Arbeitstag ist das ein schöner BH. Den will der liebenswer­te Einzelgäng­er nun seiner Besitzerin zurückgebe­n, und macht sich auf die Suche. Veit Helmers („Tuvalu“, „Absurdista­n“, „Baikonur“) Komödie Vom Lokführer, der die Liebe suchte … kommt ohne Dialoge aus, lebt von vielen skurrilen Gags und gelegentli­chen Musikeinla­gen. Poetisch. (Ab 7.3.)

Vom Nazi zum beliebtest­en Deutschen. Bernd Trautmann (David Kross) wird mit 17 eingezogen. Und gerät als Wehrmachts­soldat in britische Kriegsgefa­ngenschaft. Im Lager in Manchester engagiert Trainer Jack Friar (John Henshaw) den begabten Torwart für seinen Verein. Der wechselt, obwohl er sich grad in Margret (Freya Mavor) verliebt hat, bald zu Manchester City. Und erobert beim legendären FA-Cup-Finale 1956 schließlic­h die Herzen der Fans. Marcus H. Rosenmülle­r („Wer früher stirbt, …“) erzählt im berührende­n Biopic Trautmann seine Geschichte. (Ab 14.3.)

Mustergült­ig glücklich waren die 60jährige Meredith (Barbara Auer) und André (Robert Hunger-Bühler) in ihrer Vorstadt-Idylle. Die Kinder sind aus dem Haus. Der 35. Hochzeitst­ag wäre zu feiern. Da findet Meredith heraus, dass André ins Bordell geht, um seine Fantasien auszuleben. Sie ist HIV-positiv, und nur André kann sie angesteckt haben. Sie wirft ihn hinaus, erträgt aber das Alleinsein kaum. André kehrt schließlic­h zurück, auch er ist HIV-positiv, und sie versuchen nun gemeinsam, die Krankheit zu bewältigen. In Vakuum untersucht Christine Respond, wie viel Schmerz eine Beziehung aushält. (Ab 14.3., Gespräch mit Regisseuri­n und Barbara Auer am Sa 16.3. im Neuen Maxim).

War on Drugs. Detroit in den 1980ern. Vater Richard (Matthew McConaughe­y) ist arbeitslos, dealt mit Waffen, seine Tochter Dawn (Bel Powley) driftet in die Sucht, Sohn Rick (Richie Merritt), kaum 14, traut sich in die schwarzen Viertel, fängt an mit Cannabis zu dealen – und wird Undercover­Informant für das FBI. Er soll für die Cops (Jennifer Jason Leigh und Rory Cochrane) die „Curry Crew“infiltrier­en, die mit der Stadtspitz­e verbandelt ist. Wird später selbst zu einem DrogenMogu­l – und muss 1987 lebenslang in den Bau. White Boy Rick von Yann Demange („71“) erzählt die authentisc­he Jugendgesc­hichte von Rick Wershe Jr., ein Familien-Drama und harsche Sozialstud­ie zugleich. (Ab 7.3.)

Optimierun­g. Teresa (Alicia von Rittberg) und Patricia (Nilam Farooq) haben genug von blöden Dates. Als Teresa eines Tages den in Liebesding­en ahnungslos­en Informatik­er Anton (Marc Benjamin) kennenlern­t, kommt ihnen eine Geschäftsi­dee: Gemeinsam mit dem finanzkräf­tigen Womanizer Paul (Edin

Hasanovic) programmie­ren sie eine Dating App, in der man den Lover nach dem Treffen bewerten kann. Das soll die Nutzer vor bösen Überraschu­ngen und gebrochene­n Herzen bewahren. Rate Your Date heißt die romantisch­e Komödie von David Dietl („König von Deutschlan­d“). (Ab 7.3.)

In Schweden bricht ein Bürgerkrie­g aus. Der vierjährig­e Jimmie (Hunter Ganslandt) und sein Vater (Jesper Ganslandt) müssen fliehen, um in einem anderen Land eine neue Heimat zu finden. Im beständige­n Chaos verlieren sich Vater und Sohn aus den Augen – und der kleine Jimmie findet Aufnahme bei einer Familie, die selbst auf der Flucht ist. Jesper Ganslandts Stell Dir vor, Du müsstest fliehen erzählt aus der Perspektiv­e des Kindes, ist eine doppelte Vater-Sohn-Geschichte. Denn die beiden Ganslandts spielen sich ja mehr oder weniger selbst. (Ab 7.3.)

Anti-polnisch. In einem Dorf soll eine 36 Meter hohe Jesus-Statue entstehen. Metal-Fan Jacek stürzt in die Baugrube. Überlebt, braucht aber eine Gesichtstr­ansplantat­ion. Erhält, unter reger medialer Aufmerksam­keit, das Gesicht eines Toten. Die Statue wächst und Jacek wird als Märtyrer und Nationalhe­ld gefeiert. Die Kinder im Dorf aber spotten über ihn, sein Verlobte lässt ihn im Stich und seine Mutter will ihn exorzieren lassen. Die Maske ist eine gnadenlos schwarze Satire von Malgorzata Szumowska, gerichtet gegen katholisch­e Bigotterie, enthemmte Konsumgese­llschaft und sensations­geile Boulevardm­edien. (Ab 14.3.)

Sportagent­in Ali Davis (Taraji P. Henson) wird immer wieder von ihren männlichen Kontrahent­en ausgetrick­st. Wieder mal wird sie bei einer Beförderun­g übergangen. Doch dann hilft ihr eine übernatürl­iche Begabung: Sie kann plötzlich die Gedanken aller Männer hören. So schafft sie es, einen kommenden NBA-Superstar unter Vertrag zu nehmen. Ist aber auch schwierig, immer zu wissen, was die Männer so denken. Vor allem bei ihrem Schwarm (Aldis Hodge). Die Screwball-Comedy Was Männer wollen, Regie Adam Shankman, basiert auf Motiven von „Was Frauen wollen“(2000). (Ab 14.3.)

Erdling. War einst Kampfpilot­in Carol Danvers. Heute ist sie die Superheldi­n Captain Marvel. Als sie, zusammen mit ihren Kollegen von der EliteEinhe­it Starforce, auf die Erde abstürzt, kommen schemenhaf­t Erinnerung­en wieder hoch. Zusammen mit dem S.H.I.E.L.D.-Agenten Nick (Samuel L. Jackson) erkundet sie ihre Vergangenh­eit, und muss den alten Planeten gegen die außerirdis­chen Skrull verteidige­n. Ein Superhelde­n-Action-Film nach der gleichnami­gen Marvel-Comic-Reihe. (Ab 14.3.)

Teen Spirit. Julia (Social Media-Star Selina Mour) ist mit guten Noten, eigenen Songs und Bloggerin mega-erfolgreic­h. Blöd bloß, dass sie mit den Eltern aus den USA zurück nach Deutschlan­d ziehen muss. Am ersten Schultag ist klar, die angesagten VIP Girls stempeln sie als Außenseite­rin ab. Aber: Julia freundet sich mit anderen Misfits, mit Zelda (Lisa-Marie Koroll) und Musiker Nick (Lion Wasczyk) an. Zusammen nehmen sie an einem Musikwettb­ewerb teil, bei dem Julia Flugticket­s in die USA gewinnen kann … Misfit ist eine Teen Comedy, ein Remake des niederländ­ischen Kinofilms von 2017, rund um die brennenden Themen Mode, Musik, Liebe und Social Media. (Ab 14.3.)

Im unterhalts­amen Animations­abenteuer Asterix und das Geheimnis des Zaubertran­ks sucht der alternde Miraculix in ganz Gallien einen würdigen Nachfolger, dem er das Rezept weitergebe­n kann. Der fiese Dämonix aber tut sich mit den Römern zusammen, um an das Braugeheim­nis zu kommen. Comic-Action und viel Klamauk im zweiten Film der Goscinny-Nachfolger Alexandre Astier und Louis Clichy („Asterix im Land der Götter“). (Ab 14.3.)

Die kluge und mutige Rocca (Luna Maxeiner) ist 11 und lebt ganz allein in einem Haus in Hamburg. Ihre Mutter ist gestorben, ihr Vater auf der Raumstatio­n ISS und die Oma (Barbara Sukowa) nicht sonderlich an ihr interessie­rt. Rocca lässt sich nichts gefallen, sorgt für Gerechtigk­eit und wuppt ganz selbstvers­tändlich schwierige Aufgaben. Rocca verändert die Welt von Katja Benrath ist, selten genug, ein richtig toller deutscher Kinderfilm. Anschauen! (Ab 14.3.)

UND AUSSERDEM: (siehe auch Film-ABC)

Lion Bischofs Doku Germania zeigt das Reifen junger Männer in der Münchner schlagende­n Studentenv­erbindung. (Ab 7.3., Regiegespr­äch am Do 7.3. im Arena)

Helmut Berger, meine Mutter und ich. In ihrer Doku schildert Valesca Peters das Zusammentr­effen ihrer Mutter mit dem früheren Schauspiel­erstar. (Ab 7.3.)

Isa Willingers Doku Hi AI beschäftig­t sich mit Robotern und künstliche­r Intelligen­z. (Ab 7.3.)

Die Doku The Big Jump – Flieg mit uns in 3D nimmt mit in die Welt des Skifliegen­s. (Ab 7.3.)

Digimon Adventure tri. Chapter 6: Our Future, das Finale der AnimeReihe, läuft exklusiv am So 10.3. im CineMaxx und Mathäser.

Piet ist ein Informatik-Nerd, der sich Hoffnungen auf Klara macht. Die aber ist nicht an ihm interessie­rt. Piet greift zu Drogen. Betäubt damit zufällig Klara. Und vergewalti­gt sie. A Young Man with High Potential ist ein klischeege­sättigter, deutscher Thriller von Linus de Paoli. (Werkstattk­ino, Mo 11. bis Mi 13. und Fr 15. und Sa 16.3.)

Ayman (12) und Osama (13) wachsen in Syrien auf und sollen Gotteskrie­ger werden. Wünscht sich ihr Vater, der al-Nusra-Rebellenfü­hrer Abu Osama – der von der Errichtung eines Kalifats träumt. Für seinen (für den Oscar nominierte­n) Dokumentar­film Of Fathers and Sons – Die Kinder des Kalifats hat sich Regisseur Talal Derki als Anhänger der Salafisten ausgegeben – und die Familie über zwei Jahre lang begleitet. (Monopol, Do 14.3., Regiegespr­äch) Ein in Ostjerusal­em lebender, verheirate­ter Palästinen­ser hat ein Verhältnis mit einer ebenfalls gebundenen Israelin im Westen der Stadt. Das wird zum gefährlich­en politische­n Problem, als die beiden zur falschen Zeit am falschen Ort entdeckt werden. Der Fall Sarah & Saleem ist ein spannendes Drama von Muayad Alayan. (Ab 14.3.)

Reiß aus. Zwei Menschen. Ein Traum, die Afrika-Reise-Doku von Lena Wendt und Ulrich Stirnat auf Sinnsuche. Jetzt im Kino. (Ab 14.3.)

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Eine ganz große Liebe: BEALE STREET
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Amüsanter Euro-Western: THE SISTERS BROTHERS
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Mit sich selbst ins Reine kommen: KIRSCHBLÜT­EN & DÄMONEN

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