Keine Angst
Jede Menge Schmuck, afrikanische Skulpturen, Münchner Jugendstil und Naturbeobachtungen
Schmuck kann schön sein oder eklig. Er kann teuer sein, Macht demonstrieren, als Entschuldigung herhalten. Er kann handgemacht sein oder in Massen hergestellt. Reaktionär kann er sein, modern oder provokativ. Schmuck kann privat sein oder politisch und beides. Und genau das ist das Tolle an Schmuck: Er kann so ziemlich alles. So zumindest versteht es die Sonderschau Schmuck (13. bis 17. März, Messegelände München) auf der Handwerkmesse und feiert heuer ihren 60. Geburtstag. Die Idee, mit dieser Messe einen Raum zu etablieren, in dem zeitgenössische Strömungen des Autorenschmucks dokumentiert und diskutiert werden, hatte der Kunsthistoriker Dr. Herbert Hofmann. Er war damals Leiter der Abteilung Handwerkspflege in Bayern und hatte die Ausstellung von Anfang an als internationalen Wettbewerb angelegt. Das Konzept ging auf, die Bewerbungen wurden immer mehr. 762 Goldschmiede aus 58 Ländern waren es dieses Jahr. 65 Teilnehmer aus 22 Ländern hat die Kunsthistorikerin und Kuratorin Dr. Sabine Runde ausgewählt. Es gibt klassische Metallbearbeitung, poetische Ansätze, Masken, Malerei, konzeptionelle Ansätze, Ironisches, Buntes – und wie immer wird zusätzlich ein Klassiker der Moderne geehrt. In diesem Jahr ist es Daniel Kruger. 1951 in Kapstadt geboren, lebt der Schmuckkünstler seit den 1970er Jahren in Deutschland und hatte von 2003 bis 2017 eine Professur für Plastik und Schmuck an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule in Halle inne.
Die Sonderschau Schmuck lockt Sammler, Galeristen und Museumskuratoren aus aller Welt an, kein Wunder also, dass im März sämtliche Museen und Galerien auf zeitgenössischen Autorenschmuck setzen. Ein eigener Schmuck-Stadtplan (zum Download hier: ihm-handwerk-design.com) mit allen wichtigen Terminen und Veranstaltungen weist den Weg durch die Stadt. Die neue Sammlung in der Pinakothek
der Moderne zum Beispiel zeigt unter dem Titel Schmuckismus (Vernissage am 15. März um 19 Uhr, 16. März bis 16. Juni) Arbeiten von 30 internationalen Schmuckkünstlern. Kuratiert hat diese Ausstellung die Dänin Karen Pontoppidan (geb. 1968), die man als Münchner kennt, weil sie seit 2015 Professorin der Klasse für Schmuck und Gerät an der Akademie der Bildenden Künste ist. Was die verschiedenen Positionen miteinander verbindet, ist das Hinterfragen von starren politischen und religiösen Dogmen. Diese kritische Haltung ist auch typisch für Pontoppidans eigene Arbeiten, die man in der Villa Stuck sehen kann. The One Woman Group Exhibition. Karen Pontoppidan (bis 5. Mai, Katalog) heißt die Ausstellung und zeigt 150 Objekte aus den letzten zwanzig Jahren. Bereits während des Studiums bei Otto Künzli in München beschäftigte sich Pontoppidan mit Empfindungen wie Ekel und Hässlichkeit, die im Bereich Schmuck bis heute verpönt sind. Ihre Arbeiten sind oft unförmig, sperrig, verweigern sich. Und sind deshalb sehenswert.
Und jetzt ab ins Haus der Kunst, es präsentiert im Ostflügel eine fulminante Überblicksausstellung mit Werken aus fünf Jahrzehnten. Von wem? Von einem ghanaischen Bildhauer, der die meiste Zeit in Nigeria lebt und 2015 den Ehrenpreis für sein Lebenswerk auf der 56. Biennale di Venezia bekommen hat Titel der Ausstellung: El Anatsui. Triumphant Scale (Vernissage am 7. März um 19 Uhr, 8. März bis 28. Juli, Katalog). Was sich wie ein roter Faden durch das Werk des 75-Jährigen zieht, ist die Frage nach einem zeitgenössischen Skulpturkonzept, das auf der traditionellen afrikanischen Kunst fußt. Seine Herangehensweise ist die Transformation von formalen und plastischen Möglichkeiten. Frühe Holzreliefs, zerbrochene Keramiken, monumentale Zementskulpturen … Die Ausstellung zeichnet seine künstlerische Entwicklung von den Anfängen bis Heute, von Skulpturen über Zeichnungen und Bücher bis zu drei Installationen, die eigens für München entstanden sind. Für eine von ihnen, die Außeninstallation „Second Wave“, wurden mehrere tausend Offsetdruckplatten gefaltet, gedrückt, gebogen und verschweißt.
Geboren wurde er 1866 in Düsseldorf, gestorben ist er 1939 in München. Die Zeit dazwischen verbrachte Carl Strathmann überwiegend in München. Als man den Sohn aus wohlhabendem Hause nach vier Jahren an der Kunstakademie Düsseldorf wegen Talentlosigkeit entließ, zog er weiter an die Kunstschule Weimar, wo er drei Jahre blieb. 1891 wanderte er nach München aus und wurde Teil der Bohème. Er zeichnete für das Berliner Kunst- und Literaturmagazin Pan und für die Münchner Zeitschriften Fliegende Blätter, Jugend und Simplicissimus. Auch einen kleinen Skandal bescherte er seiner Wahlheimatstadt und zwar mit dem Gemälde „Salambo“, das eine Szene aus Gustave Flauberts gleichnamigen Roman darstellt. Er malte Salambo, die Tochter des Feldherrn, wie sie sich den Liebkosungen einer Schlange hingibt. Und schon warf man ihm „sadistische Phantasie“vor. Heute regt sich darüber keiner mehr auf, heute schätzt man seinen originellen und skurrilen Stil. 150 Objekte zeigt die Ausstellung Jugendstil skurril. Carl Strathmann (15. März bis 22. September, Katalog) im Stadtmuseum, das meiste aus dem eigenen Bestand, immerhin verwaltet man den gesamten Nachlass. Schnell noch rüber ins Lenbachhaus, wo unter dem Titel Natur als Kunst (19. März bis 18. August) Fotografien aus dem Stadtmuseum und Gemälde aus der HeilmannSammlung aufeinandertreffen. Thema: Wie sah, malte und fotografierte man die Naturlandschaft im 19. Jahrhundert? Kurz gesagt: Indem man sie erlebte.
Arachnophobie zum Umhängen: Dass Schmuck mehr sein kann als Blingbling und Glitzerglitzer, zeigt die Ausstellung „Schmuckismus“in der Pinakothek der Moderne.