Gernot Hassknecht
Wie nur umgehen mit der schlechten Laune? Diese durch und durch horizonterweiternden Humorübungen schaffen Abhilfe
Mit Optimisten kann er nichts anfangen. Mit ihnen macht er kurzen Prozess. Gernot Hassknecht, der schon früher losbrüllte, als man den Schmähbegriff Wutbürger erfand, ist kein Mann für den geschmeidigen Kompromiss. Lieber spricht er Klartext. Und den am liebsten ganz laut. Wer gar nicht glauben kann, warum der glatzköpfige Wüterich immer so schnell auf die Palme klettert, der sollte sich doch einmal an den Live-Test wagen, den Gernot Hassknecht allen Zweiflern empfiehlt. Und so geht’s: Man setze sich doch mal einfach morgens beim Frühstück seinen Kindern gegenüber, schaue ihnen tief in die Augen und brabble dann die alten abgedroschenen Zeilen nach: „Wir möchten, dass ihr es einmal besser habt als wir.“Dann, so Hassknecht, kommt der schwierige Teil: Man muss die Kinder weiter anschauen – ohne dabei laut loszulachen. Voller Schmerzen, versteht sich. Im neuen Solo „Jetzt wird’s persönlich“reißt dem „heute-show“-Springteufel mal wieder der Geduldsfaden. (Lustspielhaus, 3.4.)
Ziemlich schnell grantig werden kann übrigens auch Kollege HG Butzko. Und das vor allem im neuen Programm „Echt jetzt“. Er ist fest davon überzeugt, dass die größten Gefahren für den Weltfrieden nicht von bösartigen Computerviren oder Hackerangriffen ausgehen. Sondern von den Twitter-Meldungen von Till Schweiger. Und die Drahtzieher alles Bösen sitzen – natürlich – im Silicon Valley. Weil sie dort mit dem weltweiten Schmutz viel schmutziges Geld verdienen. Also schickt Butzko einen Ausputzer dorthin. (Lach- und Schießgesellschaft, 24./31.3.)
Immer wenn Kabarettisten auch gerne mal wüten würden, aber auf die Schnelle keinen aktuellen Missstand vorfinden, dann geht’s natürlich um den Nah- und Fernverkehr. So auch im Ensemble-Programm „Was ist jetzt wichtiger: Das Leben, die Liebe oder die deutsche Bahn?“der Truppe KaBaRe, hinter der der gefeierte BR-Sprecher Burchard Dabinnus und die Schauspielerin Catalina Navarro Kirner stehen. Sie lassen sich bei ihren Späßen vom Pianoman und alten Jazz-Hasen Franz-Josef Walter und der Sängerin Katrin Bahr begleiteten. Inhaltlich geht es um die aktuellen Abfahrtszeiten – und andere Fake News. (Theater Blaue Maus, 28./29.3.)
Einen richtig dicken Hals hat Sigi Zimmerschied in seinem neuen „Heil – vom Koma zum Amok“-Programm, das auf dem besten Weg ist, zum modernen Klassiker zu werden. Konzentriert und boshaft wie immer, aber gnadenloser als in seinen jüngsten Tiraden schlüpft der wütende Passauer in die Rolle eines Kammerjägers, der den „Ungeziefer“-Fachterminus und den schlimmen Kampfbegriff „Schädling“sehr weit fasst. Selten so schön gegruselt. (Fraunhofer, 3. bis 6.4. und 23. bis 27. April)
Viel Zeit mit sich selbst und mit einer unerschrockenen Nabelschau hat zuletzt offenbar auch Constanze Lindner, das Senkrechterstarter-Gaudinockerl, verbracht. Und dabei ist ihr offenbar selbst die Spucke im Rachen hängen geblieben. „Miss Verständnis“nennt sie ihr neues Solo. Aber dem Titel darf man natürlich nicht trauen. Denn das neue Programm ist im Kern eine Litanei, eine detaillierte Liste, in der Lindner all die Fälle aufführt, in der sie sich zuletzt missverstanden fühlte. „Vom ersten Schrei bis zum letzten Witz“, resümiert sie bitter, „nichts kommt so an, wie es gemeint war.“Alles gerät in falsche Hälse und schlägt dann auf die Mägen. (Lach- und Schießgesellschaft, 2. bis 6.4.)
Nicht mehr alles auftischen lassen möchte sich übrigens auch Teresa Rizos. Und auch sie hat gelernt, dass man nicht alles schlucken darf. Schon gar nicht die von ihrer einäugigen Mutter in die Brotzzeitbox geschmuggelte Zyankali-Kapsel statt des Wurstbrots. Musik war für sie immer schon Trost. Und Jodeln mehr als nur lautstarke Lebensbejahung. (Volkstheater, 1.4.)
Wenn man seinem deutlich brachialeren Kollegen Peter Vollmer einfach so zuhören würde, flöge man schnell mal vom Stuhl. Vor Schreck. Der Möchtegern-Götter-Gatte deckt nämlich schonungslos seine eigene Schwächen auf. So erfährt man, was Mann natürlich immer schon gefürchtet hat: Die Luft wird dünn für den Herren des 21. Jahrhunderts. Das Auto fährt von alleine. Den Kuschelex übernehmen Roboter. Und dank der neuesten Smart-HomeApp findet man auch bei fortgeschrittener Demenz Navi-unterstützt den Weg zum verschwundenen Socken. Es ist eben die schockie-
rende Erkenntnis, die auch der Programm-Titel aufgreift: „Er hat die Hosen an – Sie sagt ihm, welche“. (Schlachthof, 30.3.)
Vielleicht liegt die allgemeinmännliche Einschüchterung an Frauen wie ihr: Anja S. Gläser. In ihrem neuen Solo „Ego ist in“bricht sie eine Lanze für die selbstbewusste Selbstliebe. Oder wie sie es tückisch unschuldig und bewusst verharmlosend formuliert: „Kann der kleinlich-persönliche Egoismus nicht auch seine postiven Seiten haben und offen ausgetragen für die eigentlichen Glanzpunkte in unserer Wunderwelt Alltag sorgen?“Kann man dieser Schlange trauen? Nicht wirklich. Aber anhören muss man sie sich. (Hofspielhaus, 4.4.)
Mit seinem Frauenbild, zum Glück, überhaupt keine Probleme hat der Ausnahmeverwandlungskünstler Chris Kolonko, der dieser Tage besonders viel Rouge auflegen darf. Immerhin gilt es ein stolzes Jubiläum zu feiern: 30 Jahre Entertainment. Und damit ist gemeint: hochprofessionelles, prickelnd gekonntes, sinnenschärfendes Entertainment! „I am what I am“, sagt Kolonko. Und erfreulicherweise liegt er damit goldrichtig. (Gasteig Carl-Orff-Saal, 28.3.)
Und dann muss man den Abschluss dieser Empfehlungsfeierlichkeiten am besten noch sportlich nehmen: Der GTD Comedy Slam ist die sinnfällige Übertragung der Impro-Theatersportund PoetrySlam-Idee auf die humorige Zunft. Angeleitet von Andy Sauerwein in der launigen Conferencier-Rolle bleiben maximal sechs Comedians jeweils nur zehn Minuten – „Deine zehn Minuten“selbstverständlich –, um das Publikum in den Boden zu witzeln. Über den Sieger entscheidet der Spontanapplaus! (Schlachthof, 26.3.)