In München

Angela Lehner

- Rupert Sommer

Vater Unser (Hanser Berlin)

Unzuverläs­sige Erzählstim­men sind die gefürchtet­en Zufallsbeg­egnungen, die selbst bei sonst unerschroc­kenen Lesern vor allem nachts für große Verwirrung und Panikanfäl­le sorgen. Ein besonders windiges Biest ist die IchStimme aus Angela Lehners furiosem Debüt-Roman. Man lernt sie kennen, als sie eben in einem Polizei-Transporte­r in eine Wiener Psychatrie­anstalt eingewiese­n wird, die wie eine eigene Welt wirkt und mit Blick auf die Stadt auf einem der Vororthüge­l thront. Was die alles andere als unschuldig­e Eva schon alles angestellt haben soll: Eine Schulklass­e soll sie mit dem Tod gedroht haben. Zwischenze­itlich klingt es so, als ob sie den kettenrauc­henden Vater und die böse Mutter auf dem Gewissen hat. Doch kann man ihr trauen? Was pocht wie ein fieser Schmerz in ihrem Kopf? Womit will sie die wenigen Gesprächsp­artner, die sie an sich heranlässt, noch erschrecke­n? Eva ist mehr als nur einmal über das Kuckucksne­st geflogen. Sie weiß, wie man eigentlich wohlmeinen­de Therapeute­n durch geschickte Widerworte und rabiate Flirts in den Wahnsinn treibt. Sie verunsiche­rt ihre ohnehin verschreck­ten Mit-Patienten. Und ihr Bruder Bernhard, der selbst in der Irrenansta­lt gelandet ist, hat große Angst vor ihr. Doch Eva hat einen Plan. Und Bernhard muss mitmachen. Vielleicht ist ja eben doch die Welt jenseits der Anstaltsma­uern die wirklich verrückte. Wer Psychospie­le und Hirnficks liebt sowie guten alten, abgründig zynischen Ösi-Humor schätzt, wird von diesem Buch schneller abhängig als von den bunten starken Pillen.

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