Angela Lehner
Vater Unser (Hanser Berlin)
Unzuverlässige Erzählstimmen sind die gefürchteten Zufallsbegegnungen, die selbst bei sonst unerschrockenen Lesern vor allem nachts für große Verwirrung und Panikanfälle sorgen. Ein besonders windiges Biest ist die IchStimme aus Angela Lehners furiosem Debüt-Roman. Man lernt sie kennen, als sie eben in einem Polizei-Transporter in eine Wiener Psychatrieanstalt eingewiesen wird, die wie eine eigene Welt wirkt und mit Blick auf die Stadt auf einem der Vororthügel thront. Was die alles andere als unschuldige Eva schon alles angestellt haben soll: Eine Schulklasse soll sie mit dem Tod gedroht haben. Zwischenzeitlich klingt es so, als ob sie den kettenrauchenden Vater und die böse Mutter auf dem Gewissen hat. Doch kann man ihr trauen? Was pocht wie ein fieser Schmerz in ihrem Kopf? Womit will sie die wenigen Gesprächspartner, die sie an sich heranlässt, noch erschrecken? Eva ist mehr als nur einmal über das Kuckucksnest geflogen. Sie weiß, wie man eigentlich wohlmeinende Therapeuten durch geschickte Widerworte und rabiate Flirts in den Wahnsinn treibt. Sie verunsichert ihre ohnehin verschreckten Mit-Patienten. Und ihr Bruder Bernhard, der selbst in der Irrenanstalt gelandet ist, hat große Angst vor ihr. Doch Eva hat einen Plan. Und Bernhard muss mitmachen. Vielleicht ist ja eben doch die Welt jenseits der Anstaltsmauern die wirklich verrückte. Wer Psychospiele und Hirnficks liebt sowie guten alten, abgründig zynischen Ösi-Humor schätzt, wird von diesem Buch schneller abhängig als von den bunten starken Pillen.