Auf engstem Raum
„Der Leuchtturm“von Robert Eggers
— Zwei Männer, ein älterer und ein junger, der Alte mit Erfahrung, der Junge voller Neugier. Gegensätze, die sich befruchten können – oder aber sich in einer tödlichen Auseinandersetzung entladen werden. Klar ist gleich zu Beginn, der Alte hat für den Jungen nicht viel übrig, das ist eine prinzipielle Frage, immer wieder einen Neuen anlernen ist öde, dafür hat er bestimmte Regeln entwickelt, die oberste: an das Licht des Leuchtturms darf der Frischling nicht. Punktum. Vielmehr hat er die körperlich schweren und niederen Tätigkeiten zu erledigen: die Schubkarre mit Material durch das unwegsame Gelände schieben, Kohlen in den Ofen schaufeln, die Eimer mit den Exkrementen ins Meer entleeren, den Leuchtturm anstreichen.
Der titelgebende Leuchtturm an der Küste Neuenglands gegen Ende des 19. Jahrhunderts ist der einzige Schauplatz dieses Films. Vier Wochen lang soll der Junge dem Älteren hier zur Hand gehen. Der Alte redet viel und gerne, aber können wir all das für bare Münze nehmen oder ist vieles davon Seemannsgarn? Und was ist von seiner Warnung zu halten, der Jüngere solle nicht die Möwen erzürnen, denn in ihnen lebten die gestorbenen Seeleute weiter?
Lange erträgt der Jüngere das Gebrabbel des Alten, bevor sich die aufgestaute Wut in einer langen Schimpftirade entlädt, die dem Alten Respekt abnötigt, auch wenn seine Reaktion eine gewisse Ironie nicht verbergen kann. Nach vierzehn Tagen betrinken sich beide, grölen ein Shanty, da scheinen sie plötzlich zu einer Kameraderie zu finden, doch die ist fragil, mit ihrer Beziehung geht es auf und ab, das heißt: alles ist möglich.
Gedreht in Schwarzweiß, unterstreicht der Film die Enge im Leuchtturm durch sein fast quadratisches Bildformat, das sich dem des Stummfilms annähert, die Kamera agiert dabei häufiger wie eine dritte Person, sich von den Aktionen zurückziehend, manchmal in komplizierten Bewegungen, die einen unentschiedenen Beobachter suggerieren.
Dazu arbeitet der Film mit einer sorgfältig ausgearbeiteten Tonspur, in der die Geräusche aus dem Maschinenraum ebenso Eingang gefunden haben wie die der Natur. Sie sorgt von Anfang an für eine bedrohliche Stimmung.
Worin aber die Bedrohung liegt, bleibt lange in der Schwebe. Sind es übernatürliche Elemente oder die Männer selbst? Sind die phantastischen Erscheinungen, die wir sehen, real oder nur Ausbund der Phantasie des Jüngeren? Ist es etwa das Licht des Leuchtturms, das, aus der Nähe erblickt, in den Wahnsinn treibt? Regisseur Robert Eggers hat mit seinem zweiten Film ein visuell wie inhaltlich aufregendes und zugleich höchst physisches Werk geschaffen und damit das Versprechen seines Debüts „The Witch“aufs Schönste eingelöst. Ging es dort um weibliche Selbstermächtigung aus beengenden Verhältnissen, so scheitern seine beiden männlichen Protagonisten hier auf ganzer Linie an sich selbst. Willem Dafoe kann, gerade in seinen langen Monologen, einmal mehr sein Talent unter Beweis stellen, während Robert Pattinson die Kunst des Reagierens vervollkommnet.