Schatzsuche vor Gericht
Ein Streit um 17 Tonnen Gold vom Meeresgrund
— Kann die wahre Geschichte eines Kunstraubes mit diplomatischen Verwicklungen ein guter Stoff für ein 216 Seiten starkes Comic sein? Auf alle Fälle, wenn der Zeichner Paco Roca („La Casa“, „Die Heimatlosen“, „Kopf in den Wolken“) heißt und hier ganz klar eine künstlerische Verbeugung vor dem großen Hergé stattfindet: allein das Cover von Rocas neuester Graphic Novel Der Schatz der Black Swan (Reprodukt) erinnert an den Tim & Struppi-band „Das Geheimnis der Einhorn“. Im Stil der Ligne Claire erzählt er zusammen mit dem Diplomaten und Autor Guillermo Corral von den schwierigen Besitzverhältnissen von 17 Tonnen Gold im Wert von 500 Millionen Dollar, die das weltweit führende amerikanische Schatzsucherunternehmen ITHACA aus einem Schiffswrack im Atlantik geborgen hat. Die zwei eher unseriösen Besitzer des Bergungsunternehmens beanspruchten den Fund erst einmal für sich und hielten genauere Informationen wie Fundort, Nationalität und Namen des Schiffes geheim. Im Frühjahr 2007 gaben die Amerikaner bei einer Pressekonferenz nur bekannt, dass sie den wertvollsten Schatz gefunden hätten, der je aus dem Meer geborgen wurde. Hinweise über den Fundort vor der Küste Südportugals deuteten aber schon bald darauf hin, dass es sich wohl um ein spanisches Schiff unterwegs auf der berühmten Goldroute aus Südamerika handelte, was die Beamten des spanischen Kulturministeriums auf den Plan rief, darunter auch Autor Corral. Nun beginnt der Wirtschaftskrimi, die Schatzsucher behaupteten, dass es ein englisches Schiff ist, was wiederum die Verantwortlichen in London aufhorchen ließ. Schon bald landete der Fall in den USA vor dem Richter, wie der Fall ausging, soll hier nicht verraten werden, denn die Lektüre dieses (fast) wahren Abenteuers über eine Schatzsuche vor Gericht mit Beamten, Anwälten und Diplomaten statt Seefahrern und Archäologen ist wirklich lesenswert. Nur eins noch: ein Schiff namens „Black Swan“kommt darin nicht vor, das war das Codewort des realen „Black Swan Project“. Rainer Germann