KABARETT
Mit diesen Programmen wird so etwas wie Durchblick denkbar
Harte Zeiten für Kabarettisten. Wie soll man schon anwitzeln gegen Politclowns wie Trump und Johnson? Was machen, wenn die Realität stets die durchgeknallteren (häufig dann aber doch nicht wirklich lustigen) Pointen schreibt? Was kann man überhaupt noch zum Thema Österreich sagen? Eine ganze Menge, meinen zumindest der Ibiza-skandalaufdecker Michael Nikbakhsh vom Magazin „Profil“und der Satiriker sowie „Wir sind Kaiser“-autor Klaus Oppitz. Die beiden Wiener haben den gar nicht mal so ganz langen Weg nach München auf sich genommen, um den Bayern deren Lieblingsnachbarland zu erklären. Dabei werden natürlich – zack, zack, zack – die wichtigsten Fragen beantwortet. Was geschah wirklich in dieser Finca auf Ibiza? Wie geht es jetzt mit der FPÖ weiter? Wie mit HC Strache, wie mit Kurz? Und wann marschieren die Österreicher endlich in Deutschland ein? Ihr Kabarettprogramm „mit Wodka, Glock und Sonnenschein“taucht tief in die Abgründe der politischen Kommunikation ein, erklärt endlich, wie man Wähler wirklich manipuliert und warum das auch unter der Sonne Ibizas dann eben doch kläglich versagt. Wie heißt es bei Nikbaksh und Oppitz so schön: „Niemand nennt uns Mitzi!“. Wo kämen wir denn da hin? (Lachund Schießgesellschaft, 23.11.)
Dass aber selbst Österreicher ihr eigenes Land längst nicht mehr richtig verstehen, beweist dieser Tage auch der grandiose Jungspund Berni Wagner. Er kam einst aus der Provinz in die Großstadt, nach „Babylon!“. So heißt dann auch sein grandios verwirrtes Programm. Denn je länger Berni in Wien wohnt, desto stärker verunstaltet sich sein Heimatdialekt und desto mehr leidet er an dem, was er das „Gegenteil von Fremdenhass“nennt: Plötzlich mag er „niemanden mehr, den er kennt“. Trotzdem: Man muss ja weitersandeln. Deswegen geht er mit Leuten, die er nicht kennt, an Orte, zu denen er nicht eingeladen ist, und unterhält sich dort in Sprachen, die er nicht spricht, über Themen, von denen er nichts versteht. Auch Berührungsängste müssen verdrängt werden. Berni Wagner muss man helfen. Also: Hingehen! (Vereinsheim, 28.11.)
Fast schon beruhigend, dass es auch im schönen Bayern großartige Chaotiker gibt. Ein besonders charmanter und vor allem ausdauernder ist Josef Pretterer, der dieser Tage gleich doppelt Grund zum Feiern hat. Er steht 20 Jahre auf der Bühne. Und 70 ist er jetzt auch noch. Kein Wunder, dass er diesmal zurückblickt und auch ein wenig hinter die Papp-kulissen kucken lässt. Pretterer verzapft abenteuerlich skurrile Geschichten – davon, wie er überhaupt zum Puppenspielen kam, was er alles an brenzligen Situationen meisterte und wie seine geniale Improvisationsfähigkeit auf der Bühne immer wieder gefordert wird. Zwischen launigen Erzählpassagen, spielt er immer wieder Szenen aus seinen acht Programmen. Und so darf natürlich auch der „Hausmeister des Universums“, der große Schöpfer mit der Suppenkelle, nicht fehlen. (Fraunhofer, 29./30.11.)
Und dann ist es natürlich auch schon wieder Zeit für das Alle-jahre-wieder-großereignis:
Django Asül blickt in den „Rückspiegel 2019“und schaut sich noch einmal die fürchterlichsten Riesenflops der vergangenen zwölf Monate an. Ausgelassen wird natürlich nichts, weder aus der Politik, aus der Gesellschaft, noch aus aus dem Sport. (Lustspielhaus, 3. bis 7.12.)
Mit den satirischen Jahresrückblicken, selbst wenn es wie beim großartig grantelnden Niederbayern Frühstarts sind, kommen natürlich unausweichlich auch wieder die festlichen Jahresendprogramme. Aus diesen sticht der „Rauschgoldengel“von Karin Zimny heraus. Sie stellt sich mal wieder die Frage, was nur aus der Menschheit werden würde, gäbe es kein Weihnachten. Der Glanz, die Lichter, die Kugeln am Baum und das Lametta. Dummerweise kehren damit aber selbstverständlich auch Stress, Stau und Familienkrach wieder. Und das alle Jahre. (Drehleier, 30.11.)
Wer sich gleich noch weiter weihnachtlich ansäuseln lassen möchte, darf dann natürlich auch nicht bei der Fest-rundfahrt in der „Weihnachtsrikscha“fehlen. In selbige lädt der unermüdliche Innenstadt-verfremdungsführer
André Hartmann diesmal die Opernsängerin
Julia Chalfin als seinen ganz persönlichen
Rauschgoldengel ein. Rikscha Kleidermann kommt ordentlich ins Schwitzen, weil seine Jingle-bells-partnerin alle Münchner Christkindlmärkte abklappern möchte. (Hofspielhaus, ab 28.11.)
Endlich Licht ins Christfestdunkel wollen Andreas Agler, Tobias Gründl und Stefan Delanoff mit „Jessas Maria (und Josef!) – Die wirklich wahre Weihnachtsgeschichte“bringen. Sie haben zuletzt verblasste Fingerabdrücke sowie lange eingetrockene Dna-spuren analysiert und Schockierendes herausgefunden: Alles war ganz anders! (Fraunhofer, 5.12.)
Allmächt! Und dann wären dann natürlich noch mal drei Herren, die man sich keinesfalls entgehen lassen sollte. Auch TBC, das „Totale Bamberger Cabaret“, ist zuletzt in sich gegangen. „Augen zu und nochmal durch“ist ihr ganz persönlicher, ganz fieser Jahresrückblick. (Schlachthof, 5.12.)
Mit dem Segen von Altmeister Konstantin Wecker höchstpersönlich zieht Lucy van Kuhl
ins Rennen. Er hat sie für sein Label „Sturm und Klang“unter Vertrag genommen. Dabei überzeugen ihre Chansons mit extra viel Augenzwinkern
und Herz. Ganz nah ist sie immer dran an ihrem Publikum, ob beim Versuch, keimfrei die Ice-toilette zu benutzen, oder mitten in der betulichen Berliner Bio-gesellschaft. „Sie schafft ausdrucksstarke Bilder“, lobt Wecker, „und setzt sie musikalisch ganz zauberhaft um.“Klingt doch toll. (Lach- und Schießgesellschaft, 27.11.)
Immer schmissig werden bekanntlich auch die Abende mit Melodiva, Münchens führendem Lesbenchor. Im neuen Programm „W.I.R.“trällern die Sängerinnen gegen eine neue globale Bedrohung an. Nicht Google und Facebook würgen die Menschheit. Es ist das Web 7.0. Und der digitale Supergau droht. Zum Glück hat Melodiva mit Siri und Alexa mutige neue Mitstreiterinnen in den Reihen. (Schlachthof, 30.11.)
Und dann wäre zu guter Letzt natürlich noch der unerschütterliche Frohsinn von Gayle Tufts zu loben, die seit 25 Jahren an einer Brücke zwischen den Völkern baut. Ihr Spagat ist derzeit so wichtig wie nie. Funky war er schon immer. „American Woman“fragt sich mal wieder: „Who put the fire in Feierabend?“. Na Prost! (Lustspielhaus, 23.11.)