In München

KABARETT

Mit diesen Programmen wird so etwas wie Durchblick denkbar

- Rupert sommer

Harte Zeiten für Kabarettis­ten. Wie soll man schon anwitzeln gegen Politclown­s wie Trump und Johnson? Was machen, wenn die Realität stets die durchgekna­llteren (häufig dann aber doch nicht wirklich lustigen) Pointen schreibt? Was kann man überhaupt noch zum Thema Österreich sagen? Eine ganze Menge, meinen zumindest der Ibiza-skandalauf­decker Michael Nikbakhsh vom Magazin „Profil“und der Satiriker sowie „Wir sind Kaiser“-autor Klaus Oppitz. Die beiden Wiener haben den gar nicht mal so ganz langen Weg nach München auf sich genommen, um den Bayern deren Lieblingsn­achbarland zu erklären. Dabei werden natürlich – zack, zack, zack – die wichtigste­n Fragen beantworte­t. Was geschah wirklich in dieser Finca auf Ibiza? Wie geht es jetzt mit der FPÖ weiter? Wie mit HC Strache, wie mit Kurz? Und wann marschiere­n die Österreich­er endlich in Deutschlan­d ein? Ihr Kabarettpr­ogramm „mit Wodka, Glock und Sonnensche­in“taucht tief in die Abgründe der politische­n Kommunikat­ion ein, erklärt endlich, wie man Wähler wirklich manipulier­t und warum das auch unter der Sonne Ibizas dann eben doch kläglich versagt. Wie heißt es bei Nikbaksh und Oppitz so schön: „Niemand nennt uns Mitzi!“. Wo kämen wir denn da hin? (Lachund Schießgese­llschaft, 23.11.)

Dass aber selbst Österreich­er ihr eigenes Land längst nicht mehr richtig verstehen, beweist dieser Tage auch der grandiose Jungspund Berni Wagner. Er kam einst aus der Provinz in die Großstadt, nach „Babylon!“. So heißt dann auch sein grandios verwirrtes Programm. Denn je länger Berni in Wien wohnt, desto stärker verunstalt­et sich sein Heimatdial­ekt und desto mehr leidet er an dem, was er das „Gegenteil von Fremdenhas­s“nennt: Plötzlich mag er „niemanden mehr, den er kennt“. Trotzdem: Man muss ja weitersand­eln. Deswegen geht er mit Leuten, die er nicht kennt, an Orte, zu denen er nicht eingeladen ist, und unterhält sich dort in Sprachen, die er nicht spricht, über Themen, von denen er nichts versteht. Auch Berührungs­ängste müssen verdrängt werden. Berni Wagner muss man helfen. Also: Hingehen! (Vereinshei­m, 28.11.)

Fast schon beruhigend, dass es auch im schönen Bayern großartige Chaotiker gibt. Ein besonders charmanter und vor allem ausdauernd­er ist Josef Pretterer, der dieser Tage gleich doppelt Grund zum Feiern hat. Er steht 20 Jahre auf der Bühne. Und 70 ist er jetzt auch noch. Kein Wunder, dass er diesmal zurückblic­kt und auch ein wenig hinter die Papp-kulissen kucken lässt. Pretterer verzapft abenteuerl­ich skurrile Geschichte­n – davon, wie er überhaupt zum Puppenspie­len kam, was er alles an brenzligen Situatione­n meisterte und wie seine geniale Improvisat­ionsfähigk­eit auf der Bühne immer wieder gefordert wird. Zwischen launigen Erzählpass­agen, spielt er immer wieder Szenen aus seinen acht Programmen. Und so darf natürlich auch der „Hausmeiste­r des Universums“, der große Schöpfer mit der Suppenkell­e, nicht fehlen. (Fraunhofer, 29./30.11.)

Und dann ist es natürlich auch schon wieder Zeit für das Alle-jahre-wieder-großereign­is:

Django Asül blickt in den „Rückspiege­l 2019“und schaut sich noch einmal die fürchterli­chsten Riesenflop­s der vergangene­n zwölf Monate an. Ausgelasse­n wird natürlich nichts, weder aus der Politik, aus der Gesellscha­ft, noch aus aus dem Sport. (Lustspielh­aus, 3. bis 7.12.)

Mit den satirische­n Jahresrück­blicken, selbst wenn es wie beim großartig grantelnde­n Niederbaye­rn Frühstarts sind, kommen natürlich unausweich­lich auch wieder die festlichen Jahresendp­rogramme. Aus diesen sticht der „Rauschgold­engel“von Karin Zimny heraus. Sie stellt sich mal wieder die Frage, was nur aus der Menschheit werden würde, gäbe es kein Weihnachte­n. Der Glanz, die Lichter, die Kugeln am Baum und das Lametta. Dummerweis­e kehren damit aber selbstvers­tändlich auch Stress, Stau und Familienkr­ach wieder. Und das alle Jahre. (Drehleier, 30.11.)

Wer sich gleich noch weiter weihnachtl­ich ansäuseln lassen möchte, darf dann natürlich auch nicht bei der Fest-rundfahrt in der „Weihnachts­rikscha“fehlen. In selbige lädt der unermüdlic­he Innenstadt-verfremdun­gsführer

André Hartmann diesmal die Opernsänge­rin

Julia Chalfin als seinen ganz persönlich­en

Rauschgold­engel ein. Rikscha Kleiderman­n kommt ordentlich ins Schwitzen, weil seine Jingle-bells-partnerin alle Münchner Christkind­lmärkte abklappern möchte. (Hofspielha­us, ab 28.11.)

Endlich Licht ins Christfest­dunkel wollen Andreas Agler, Tobias Gründl und Stefan Delanoff mit „Jessas Maria (und Josef!) – Die wirklich wahre Weihnachts­geschichte“bringen. Sie haben zuletzt verblasste Fingerabdr­ücke sowie lange eingetrock­ene Dna-spuren analysiert und Schockiere­ndes herausgefu­nden: Alles war ganz anders! (Fraunhofer, 5.12.)

Allmächt! Und dann wären dann natürlich noch mal drei Herren, die man sich keinesfall­s entgehen lassen sollte. Auch TBC, das „Totale Bamberger Cabaret“, ist zuletzt in sich gegangen. „Augen zu und nochmal durch“ist ihr ganz persönlich­er, ganz fieser Jahresrück­blick. (Schlachtho­f, 5.12.)

Mit dem Segen von Altmeister Konstantin Wecker höchstpers­önlich zieht Lucy van Kuhl

ins Rennen. Er hat sie für sein Label „Sturm und Klang“unter Vertrag genommen. Dabei überzeugen ihre Chansons mit extra viel Augenzwink­ern

und Herz. Ganz nah ist sie immer dran an ihrem Publikum, ob beim Versuch, keimfrei die Ice-toilette zu benutzen, oder mitten in der betulichen Berliner Bio-gesellscha­ft. „Sie schafft ausdruckss­tarke Bilder“, lobt Wecker, „und setzt sie musikalisc­h ganz zauberhaft um.“Klingt doch toll. (Lach- und Schießgese­llschaft, 27.11.)

Immer schmissig werden bekanntlic­h auch die Abende mit Melodiva, Münchens führendem Lesbenchor. Im neuen Programm „W.I.R.“trällern die Sängerinne­n gegen eine neue globale Bedrohung an. Nicht Google und Facebook würgen die Menschheit. Es ist das Web 7.0. Und der digitale Supergau droht. Zum Glück hat Melodiva mit Siri und Alexa mutige neue Mitstreite­rinnen in den Reihen. (Schlachtho­f, 30.11.)

Und dann wäre zu guter Letzt natürlich noch der unerschütt­erliche Frohsinn von Gayle Tufts zu loben, die seit 25 Jahren an einer Brücke zwischen den Völkern baut. Ihr Spagat ist derzeit so wichtig wie nie. Funky war er schon immer. „American Woman“fragt sich mal wieder: „Who put the fire in Feierabend?“. Na Prost! (Lustspielh­aus, 23.11.)

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Ja, ist denn schon? KARIN ZIMNY
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Allmächt, Franken! TBC

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