Manche Freunde tragen Fell
Das Bayerische Nationalmuseum erforscht die Beziehung zwischen Mensch und Hund
Es gibt unzählige Mythen und Sagen, aber keiner weiß genau, wie und wo es anfing. Wann schuf sich der Mensch den Hund? Wie gesagt: Man weiß es nicht. Deshalb kann man getrost behaupten: Er war schon immer da, nicht sofort in Mopsform, aber ganz sicher seit vorgeschichtlicher Zeit mit Fell, Schnauze, Herz und Pfote. Selbst Odysseus hatte einen, und als er nach seiner lebenslangen Irrfahrt dann doch wieder nach Hause zurückfand, war es der Hund, der ihn als erstes erkannte. Der vierbeinige Freund hatte ihn nicht vergessen. Die Ausstellung „Treue Freunde. Hunde und Menschen“im Nationalmuseum nähert sich diesem emotionalen Thema mit über 200 Werken aus verschiedensten Epochen, von der Antike bis zur Gegenwart. Es gibt Malerei, Fotografie, Film, Zeichnungen, Schmuck, Altartafeln, Skulpturen – und Geschichten. Los geht es mit Thomas Mann, dessen Buch „Herr und Hund“vor hundert Jahren im Herbst 1919 erschienen ist, und quasi Anlass und Auftakt gleichermaßen darstellt. Mann setzte damit einem seiner Hunde – Bauschan war sein Name – ein literarisches Denkmal. Dass sich sogar der streng durchdisziplinierte Thomas Mann von einem Hund hat um die Pfote wickeln lassen, ist irgendwie beruhigend. Wie vielfältig die Beziehung zwischen Mensch und Hund ist und wie sie sich im Lauf der Zeit verändert hat, verdeutlichen 12 Kapitel, in denen sich die Ausstellung organisiert. Es geht um Freundschaft, um Befremdlichkeiten, um den Hund als Status- und Machtsymbol, als Helfer oder Jagdgefährten, um Spiel, um Mode, um Bisse, um Gefahr und um Erotik. Gegen Ende der Ausstellung begegnet man einem Hundeporträt, das der Simplicissimus-karikaturist Thomas Theodor Heine im Jahr 1921 in Dießen am Ammersee gemalt hat. Mopswelpe Siegfried sitzt alleine auf einem roten Samtsessel. So klein er ist, er ist der alleinige Bildmittelpunkt. Und es ist klar, dass da eine große, wenn auch haarige Persönlichkeit sitzt. Ganz im Sinne von Loriot, der ja bekanntlich ein Leben ohne Mops für sinnlos hielt. Wer gerade das Glück hatte, der Mops an seiner Seite zu sein, der durfte auch in seinen Filmen oder Karikaturen mitwirken. Andy Warhol hatte zwar „nur“einen Dackel, aber er liebte ihn nicht minder: „I just got a dog and I think I’m falling in love with him. I think about him all the time, and I know he does, too.“Der kleine Hund mit dem weichen Blick und den weichen Ohren wurde sein Alter Ego, das er in Interviews gerne aufforderte, für ihn zu antworten: „Talk, Archie, talk.“Aber Archie blieb stumm. Und genau das ist eine der größten Besonderheiten bei Freundschaften mit Tieren. Man verbringt viel Zeit miteinander, man kennt sich unglaublich gut, man kommuniziert unablässig miteinander – aber eben nicht mit Wörtern. Herrchen oder Frauchen schon, aber der Hund bleibt stumm. Er bellt zwar und wedelt mit dem Schwanz, er quietscht, er schnarcht, er jault auch mal. Aber er sagt nichts. Erklärt nichts. Hinterfragt nicht. Gibt keine Ratschläge. Zieht nicht ironisch die Augenbrauen nach oben (obwohl?). Er diskutiert nicht. Er ist einfach da. Kein Wunder, dass er in der westlichen Kultur vor allem für Freundschaft und Treue steht.