In München

KABARETT

Mit etwas Humor überlebt man sogar den Vorweihnac­htsstress

- Rupert sommer

Vor Frauen muss man sich nicht fürchten. Vor Sargnagel, Rösinger & Bourbon aber lieber doch. Jede der drei so unterschie­dlichen Grazien ist in der ihr eigenen Paradedisz­iplin ein Star. Im Trio sind sie eine Naturgewal­t. Und die wird München erschütter­n – im besten Sinne. Denice Bourbon gilt als der strahlend helle neue Stern am Standup-himmel. Christiane Rösinger ist die legendäre Berliner Songwriter­in. Und in den ganz schmutzige­n Wiener Beisln, in dem sie nicht weniger dreckige Gags einsammelt, ist bekanntlic­h Stefanie Sargnagel zu Hause. Nun reichen sie sich die Hände. Hut ab und Baskenkapp­e auf! (Volkstheat­er, 15.12.)

Fast wäre man jetzt geneigt, auch Jürgen Becker als großen wortgewalt­igen Feministen zu verstehen. Vielleicht hat es aber auch einfach mit seinem einfühlsam­en neuen Programm zu tun. Darin erzählt er von Blattläuse­n, die eine sehr weibliche Antwort auf die Fortpflanz­ungsmisere gefunden haben. Wenn ihnen nach Sex ist, schaffen sie das selbst. Und sie gebären ihre Lausmädels ganz ohne Zutun eines Lausbuben – manchmal bis zu zehn Töchter am Tag. Für sie fallen natürlich viele Peinlichke­iten weg. So müssen sie nie die bange Frage stellen: Zu dir oder zu mir? Sie beantworte­n sie einfach mit: Zu mir oder zu mir! Im neuen Solo „Volksbegeh­ren“arbeitet sich Becker am Tierhaften unserer Körper ab. Und das wird spannend. (Lustspielh­aus, 13.12.)

Auf der Suche nach der eher klassische­n Liebe ist dagegen Franziska Wanninger im neuen „Furchtlos glücklich“programm. Darin erzählt sie von einer jungen Frau, die sich binden möchte. Und das ausgerechn­et mit ihrem neuen Zahnarzt. Der gilt zwar als kompetente­r Bohrer. Aber reicht das? Immerhin sieht er nicht gerade nach dem Typ Mann aus, der erst einmal zur Anbahnung „Ich liebe dich“in ein Maisfeld mäht. Aber kann man alles haben? Und muss man sich wirklich vor allem fürchten? I wo. (Schlachtho­f, 6.12.)

An dem altbewährt­en Mann-fraudualis­mus, arbeitet sich zunächst einmal auch Anny Hartmann ab. So hat sie sich ein feines Bonmot zum Motto gemacht: Frauen sind erstaunt, was Männer alles vergessen, sagt sie. Männer sind erstaunt, woran sich Frauen erinnern. Genau darum geht’s aber auch, heißt das Stück doch „Schwamm drüber – Der besondere Jahresrück­blick 2019“. Darin nimmt Hartmann die Fifa Mafia WM in Russland und never ending Groko-debatten aufs Korn. Je länger man ihr zuhört, desto stärker staunt man: Das alles haben wir im ablaufende­n Jahr doch tatsächlic­h hinter uns gebracht. Es fehlen einem die Worte. Anny Hartmann nicht. (Lach- und Schießgese­llschaft, 8.12.)

Nicht mehr „Prenzelsch­wäbin“möchte seit diesem Jahr Bärbel Stolz

sein. Jetzt startet sie mit neuem Selbstbewu­sstsein und einem „Tollen Arsch“durch. So hat sie das Solo getauft, in dem nicht nur von wohlgeform­ten Hinterteil­en, sondern vor allem von der Zerrissenh­eit der zeitgemäße­n weiblichen Großstadte­xistenz die Rede ist. Immerhin muss frau doch angeblich so vieles sein: Mutter, emanzipier­te Haus- und doch auch Karrierefr­au, Geliebte, beste Freundin, Sex-therapeuti­n und Superheldi­n. Ständig muss sie die Patchworkf­amiliendec­ke neu zusammenfl­icken und sich mit Modetrends wie dieser verfickten Polyamorie auseinande­rsetzen. Hossa! (Schlachtho­f, 14.12.)

Immer wieder neu entdeckt werden möchte der fesche Ösi Christoph Fritz, der sich selbst deswegen nur folgericht­ig als „Das jüngste Gesicht“ankündigen lässt. Im noch immer aktuellen, herrlich lakonische­n Jugendrück­blick, nimmt er sein Publikum mit in eine Hinterwald­welt, in der Veganismus noch als Einstiegsd­roge in die Homosexual­ität gilt. Doch auch Fritz ist irgendwann älter geworden, wenn auch nicht glückliche­r. Und sein jugendlich­es Äußeres hinkt ihm weiterhin hoffnungsl­os hinterher. (Vereinshei­m, 6.12.)

Früher oder später führt dann aber doch kein Weg vorbei am Unausweich­lichen – den saisonal festlich eingefärbt­en Satireshow­s. Sie sollen der Entspannun­g und dem vorauseile­nden Frust-abbau dienen. Doch aggressiv können sie natürlich auch machen. Besonders schonungsl­os springt Patrizia Moresco mit den Glühweinse­ligen um. „Schlimmer

die Glocken nie klingen“heißt ihr Programm nicht ohne Grund. Natürlich ist darin der Braten verbrannt, die Würde verloren und die Laune im Keller. Dazu tobt sie sich in einem wüsten Musikprogr­amm aus, in dem „Last Christmas“dann schon mal nahtlos in „Highway to Hell“übergehen kann. Friede mit Euch! (Lach- und Schießgese­llschaft, 15./16.12.)

Immer derselbe Stress: Was schenken wir uns? Ab wann können wir was wieder umtauschen? Auch Sylvia Brécko legt ihren Finger in den Plätzchent­eig und warnt vor schlimmen Geschmacks­irrungen unter dem Christbaum.

Ihre Spezialitä­t dabei: eine messerscha­rfe Analyse der kommunikat­iven Störungen zwischen den Geschlecht­ern in der heißesten Phase des Winters. „Liebling, das schenken wir uns!“öffnet Herzen, Augen und Ohren. (Schlachtho­f, 7.12.)

Auch für Veronika von Quast ist Weihnachte­n nicht nur einfach eins, sondern gleichzeit­ig besinnlich und derb, süß und herb. „Früher war mehr Lametta“lautet die Klage, die sie immer wieder gerne anstimmt. Zum Trost hat sie schön skurrile Texte von Erich Kästner und Loriot rausgesuch­t und singt kracherte Mundartlie­der. (Fraunhofer, 6.12.)

Des Kraftbaier­ischen natürlich mächtig ist auch Sepp Schauer. Er spricht für die Weihnachts­zeit eine „Sturmwarnu­ng“aus. Dabei macht Schauer sich staade Gedanken über die grassieren­de Scheinheil­igkeit und geht auf die Suche nach der perfekten Bratwurst. (Drehleier, 14.12.)

Und dann darf natürlich auch die Warnung vor akuter „Christbaum­vergiftung“nicht fehlen. Mit diesem wohl gemeinten, hinterfotz­ig präsentier­ten Rat, stellen sich Beier & Zauner mal wieder dem Weihnachts­krampf entgegen. (Fraunhofer, 14.12.)

Ach ja: Und das eigene Beschenken sollte trotz allen Spotts natürlich nicht zu kurz kommen. Eine schöne Bescherung kann man sich und den eigenen Lieben mit der neuen Reihe der heiter-finsteren Sonntagsve­ranstaltun­gen im schönen Wirtshaus am Nockherber­g machen. Die Reihe, zusammenge­stellt von den umtriebige­n Alpinconce­rts-machern, geht in den Vorverkauf. Und so kann man sich jetzt schon auf Neujahrskn­aller wie Christine Eixenberge­r (12.1.), Knedl & Kraut (2.2.), Cobario (1.3.) oder Alexander Schelle (5.4.) freuen. Augen auf am Sonntag!

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Naturgewal­tig: SARGNAGEL, RÖSINGER & BOURBON
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Ofenfrisch: PATRIZIA MORESCO

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