In München

LITERATUR

An diese Autoren sollte man sich halten, wenn man die Augen geöffnet bekommen möchte

- Rupert sommer

Es ist ein wirklich großes Thema. Die sogenannte „BÖF“, die bayerisch-österreich­ische Freundscha­ft. Vermeintli­ch meint man alles über sie zu wissen. Doch der Mann, der sich Austrofred nennt, und der als weltweit bester Freddie-mercury-wiedergäng­er natürlich ein wandelnder Superlativ ist, weiß es besser. Was viele bislang gar nicht so genau wussten: Der Wiederbele­ber des Austropops ist auch ein ernstzuneh­mender Literat. Und seine Spezialitä­t liegt für den Mann mit Zweitwohns­itz München natürlich auf der Hand. Es sind die subtilen Unterschie­de in allen Fragen rund um Liebe, Tod, Kunst, Humor, Bier und Esoterik, die beide Völkchen mehr trennen als verbinden. In seiner augenöffne­nden

Lesung streift der Austrofred nebenbei auch die Gastronomi­e, obwohl das für ihn eher unergiebig ist. Dann daran, dass ein Schnitzel ein der Weißwurst um Lichtjahre überlegene­s Nationalge­richt ist, sollte kein Zweifel bestehen. (Vereinshei­m, 5.12.)

Wer mehr über das eigene Hoamatl erfahren möchte, muss Andreas Lechner mehr als nur ein Ohr leihen. Der ehemalige Gründer der Gruppe Guglhupfa, der auch Regisseur und Produzent ist, erzählt in seinem „Heimatgold“roman von seinem Großvater, der als Kraftsport­ler Josef Straßberge­r sogar Olympiasie­ger im Jahr 1928 wurde. Dabei streift er seinen wirtschaft­lichen Aufstieg zum Hotelbesit­zer im München der 20er Jahre, die Gräuel der Nazi-zeit und sein bittersüße­s Karriereen­de als heute fast vergessene­r Gewichtheb­er. (Café am Beethovenp­latz, 6.12.)

Nicht vergessen ist natürlich Michael Ende, der dieser Tage seinen 90. Geburtstag feiern würde. Michaela May, Angela Hundsdorfe­r, Jürgen Fischer und Charlotte Roth erinnern an den „Momo“-autor, dessen Lokomotivf­ührer Lukas noch immer durch ganz viele Kinderzimm­er tuckert. (Literaturh­aus, 6.12.)

Daran, dass Joachim Meyerhoff,

spät berufener Absolvent der Otto-falckenber­g-schule, einst sehr großartige Jahre in München verbrachte und mit seinen exzentrisc­hen Großeltern in Nymphenbur­g um die Wette süffelte, muss man sich immer wieder erinnern. Der Schaubühne-schauspiel­er ist ein begnadeter Schnurrene­rzähler. Seine Erinnerung­sromane rund um „Alle Toten fliegen hoch“, wurden völlig zurecht zu Bestseller­n. Was noch großartige­r ist: Meyerhoff live beim Lesen zuzuhören. (Kammerspie­le, 10.12.)

Wenige Tage zuvor schneit es dort mit Fernanda Melchor eine der wichtigste­n jungen Stimmen Lateinamer­ikas herein. Die Mexikaneri­n rechnet in ihrem Roman „Saison der Wirbelstür­me“eindringli­ch mit der Gewalt gegen Frauen nicht nur in ihrer unruhigen Heimat ab. (Kammerspie­le, 7.12.)

Ebenfalls äußerst beklemmend: das Schicksal der Chibok-schulkinde­r, die 2014 von Terroriste­n in Nigeria entführt und lange verschlepp­t wurden. Stefan Klein hat sich für die Lesung „Boko Haram. Terror und Trauma“tief in das Thema einrecherc­hiert. (Bellevue di Monaco, 11.12.)

Mit Unernst dem Horror möchte sich der amtierende „Titanic“-chefredakt­eur Moritz Hürtgen stellen. Er weiß von den vielen Ängsten seiner Mitmensche­n. Vor der Politik. Vor dem Druck. Vor der Hochkultur. „Angst vor Lyrik“heißt sein Gedichtban­d, bei dem er sich von besonders schönen und furchterre­genden Ängsten heimsuchen lässt. (Heppel & Ettlich, 12.12.)

Furchtlos durch die Vorweihnac­htszeit, kommt man übrigens mit den spannend ausgewählt­en Lesungen im Kultlokal Deutsche Eiche in der Reichenbac­hstraße.

Dort trägt unter anderem Michaela Karl die pikanteste­n Passagen aus ihrem neuen Werk „Ich würde so etwas nie ohne Lippenstif­t tragen“über die New Yorker Ikone und Autorin Maeve Brennan vor (8.12.). Bizarr wird’s, wenn Doris Fuchsberge­r an die schmierige­n Kulturfest­e der Nazis im braunen München erinnert. So erfährt man von nackten Frauen, die auf sattellose­n Pferden durch den Nymphenbur­ger Park stolzieren. In ihrem Buch „Nacht der Amazonen“hat sie das nachgefors­cht. Clou der Reihe: Zu jeder Lesung gibt es einen Glühwein auf der Dachterras­se. (Deutsche Eiche, 15.12.)

Ganz viel zu erzählen hat schließlic­h noch Angela Winkler, die mit Filmen wie „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“und „Die Blechtromm­el“zum Kinostar wurde. Ihre Liebe gehört aber seit jeher dem Theater, wo sie mit Regielegen­den wie Peter Zadek, Luc Bondy und Robert Wilson zusammenge­arbeitet hat. In ihrer Biografie „Mein blaues Zimmer“lässt sie ihre vielen Fans ganz nah ran. (Literaturh­aus, 15.12.)

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Weißwurstv­erächter: AUSTROFRED
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Münchenken­ner: JOACHIM MEYERHOFF

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