LITERATUR
An diese Autoren sollte man sich halten, wenn man die Augen geöffnet bekommen möchte
Es ist ein wirklich großes Thema. Die sogenannte „BÖF“, die bayerisch-österreichische Freundschaft. Vermeintlich meint man alles über sie zu wissen. Doch der Mann, der sich Austrofred nennt, und der als weltweit bester Freddie-mercury-wiedergänger natürlich ein wandelnder Superlativ ist, weiß es besser. Was viele bislang gar nicht so genau wussten: Der Wiederbeleber des Austropops ist auch ein ernstzunehmender Literat. Und seine Spezialität liegt für den Mann mit Zweitwohnsitz München natürlich auf der Hand. Es sind die subtilen Unterschiede in allen Fragen rund um Liebe, Tod, Kunst, Humor, Bier und Esoterik, die beide Völkchen mehr trennen als verbinden. In seiner augenöffnenden
Lesung streift der Austrofred nebenbei auch die Gastronomie, obwohl das für ihn eher unergiebig ist. Dann daran, dass ein Schnitzel ein der Weißwurst um Lichtjahre überlegenes Nationalgericht ist, sollte kein Zweifel bestehen. (Vereinsheim, 5.12.)
Wer mehr über das eigene Hoamatl erfahren möchte, muss Andreas Lechner mehr als nur ein Ohr leihen. Der ehemalige Gründer der Gruppe Guglhupfa, der auch Regisseur und Produzent ist, erzählt in seinem „Heimatgold“roman von seinem Großvater, der als Kraftsportler Josef Straßberger sogar Olympiasieger im Jahr 1928 wurde. Dabei streift er seinen wirtschaftlichen Aufstieg zum Hotelbesitzer im München der 20er Jahre, die Gräuel der Nazi-zeit und sein bittersüßes Karriereende als heute fast vergessener Gewichtheber. (Café am Beethovenplatz, 6.12.)
Nicht vergessen ist natürlich Michael Ende, der dieser Tage seinen 90. Geburtstag feiern würde. Michaela May, Angela Hundsdorfer, Jürgen Fischer und Charlotte Roth erinnern an den „Momo“-autor, dessen Lokomotivführer Lukas noch immer durch ganz viele Kinderzimmer tuckert. (Literaturhaus, 6.12.)
Daran, dass Joachim Meyerhoff,
spät berufener Absolvent der Otto-falckenberg-schule, einst sehr großartige Jahre in München verbrachte und mit seinen exzentrischen Großeltern in Nymphenburg um die Wette süffelte, muss man sich immer wieder erinnern. Der Schaubühne-schauspieler ist ein begnadeter Schnurrenerzähler. Seine Erinnerungsromane rund um „Alle Toten fliegen hoch“, wurden völlig zurecht zu Bestsellern. Was noch großartiger ist: Meyerhoff live beim Lesen zuzuhören. (Kammerspiele, 10.12.)
Wenige Tage zuvor schneit es dort mit Fernanda Melchor eine der wichtigsten jungen Stimmen Lateinamerikas herein. Die Mexikanerin rechnet in ihrem Roman „Saison der Wirbelstürme“eindringlich mit der Gewalt gegen Frauen nicht nur in ihrer unruhigen Heimat ab. (Kammerspiele, 7.12.)
Ebenfalls äußerst beklemmend: das Schicksal der Chibok-schulkinder, die 2014 von Terroristen in Nigeria entführt und lange verschleppt wurden. Stefan Klein hat sich für die Lesung „Boko Haram. Terror und Trauma“tief in das Thema einrecherchiert. (Bellevue di Monaco, 11.12.)
Mit Unernst dem Horror möchte sich der amtierende „Titanic“-chefredakteur Moritz Hürtgen stellen. Er weiß von den vielen Ängsten seiner Mitmenschen. Vor der Politik. Vor dem Druck. Vor der Hochkultur. „Angst vor Lyrik“heißt sein Gedichtband, bei dem er sich von besonders schönen und furchterregenden Ängsten heimsuchen lässt. (Heppel & Ettlich, 12.12.)
Furchtlos durch die Vorweihnachtszeit, kommt man übrigens mit den spannend ausgewählten Lesungen im Kultlokal Deutsche Eiche in der Reichenbachstraße.
Dort trägt unter anderem Michaela Karl die pikantesten Passagen aus ihrem neuen Werk „Ich würde so etwas nie ohne Lippenstift tragen“über die New Yorker Ikone und Autorin Maeve Brennan vor (8.12.). Bizarr wird’s, wenn Doris Fuchsberger an die schmierigen Kulturfeste der Nazis im braunen München erinnert. So erfährt man von nackten Frauen, die auf sattellosen Pferden durch den Nymphenburger Park stolzieren. In ihrem Buch „Nacht der Amazonen“hat sie das nachgeforscht. Clou der Reihe: Zu jeder Lesung gibt es einen Glühwein auf der Dachterrasse. (Deutsche Eiche, 15.12.)
Ganz viel zu erzählen hat schließlich noch Angela Winkler, die mit Filmen wie „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“und „Die Blechtrommel“zum Kinostar wurde. Ihre Liebe gehört aber seit jeher dem Theater, wo sie mit Regielegenden wie Peter Zadek, Luc Bondy und Robert Wilson zusammengearbeitet hat. In ihrer Biografie „Mein blaues Zimmer“lässt sie ihre vielen Fans ganz nah ran. (Literaturhaus, 15.12.)