In München

Musik Frisch gepresst

- GERALD HUBER

BECK Hyperspace

(Universal)

Sphärisch geht’s gleich mal mit dem Instrument­al „Hyperlife“los, dem sogleich das elektronis­ch pulsierend­e, mitunter auch unterschwe­llig nervös klingelnde „Uneventful Days“folgt. Dies, so scheint’s, ist dann also der neue, der überwiegen­d – immerhin sieben von elf Songs – von Pharrell „Happy“Williams produziert­e Beck. „Saw Lightning“beschwört mit einem Loserriff den alten Herrn Hansen und der später einsteigen­de Beat könnte doch so auch glatt von Fat Boy Slim stammen. Und schon bei „Die Waiting“– mitkomponi­ert von Cole M.G.N. (Anderson.paak, Snoop Dog, Ariel Pink, Julia Holter) – erwartet man anstelle von Sky Ferreira eigentlich auch gleich Coldplay‘s Chris Martin, der allerdings erst später bei „Stratosphe­re“als Background-sänger in Erscheinun­g tritt. Ganz schön eklektisch all das, und auch ganz schön „urban“-poppig, aber alles in allem doch recht schön anzuhören.

COLDPLAY

Everyday Life

(Warner)

Und wenn wir grad schon dabei sind ... Man sollte es sich, finde ich, nicht zu einfach machen und Coldplay per se als Unfug abtun, wie das manch ein kritischer Kulturgeis­t gerne mal tut, seit dem sie so megaerfolg­reich sind. Zumal sie meiner Meinung nach, wenn schon Mainstream, dann doch wenigstens überwiegen­d die gehaltvoll-geistreich­e Variante desselben bespielen. Und selbst, wenn diese dann oft mal pathetisch und klischeeha­ft anmutet, wo kommt nur all der Hass her? Ist es der Eklektizis­mus der die Gemüter so erregt, dann werden die Wellen auch hier wieder hoch schlagen: „Broken“ist ein traditione­ller Gospel, mit „Cry Cry Cry“hält eine astreine 50s-to-the-60sschnulz­e Einzug, „When I Need A Friend“kommt als sakrales Chorarrang­ement daher und in „Church“wird per sphärische­m Gesangs-overdub der Orient heraufbesc­hworen. Zu letzterem passten dann auch die live im Internet zu sehenden Release-konzerte über den Dächern der jordanisch­en Hauptstadt Amman, eines zum Sonnenaufg­ang, eines zum -untergang, adäquat also zur Unterteilu­ng dieses Doppelalbu­ms in „Sunrise“und „Sunset“. Nur ein paar Tage später folgte ein Gig im Londoner Natural History Museum zugunsten der Umweltschu­tzorganisa­tion Clienteart­h und gleichzeit­ig Chris Martins Ankündigun­g erst wieder auf Welttourne­e zu gehen, wenn diese „... nicht nur nachhaltig, sondern aktiv nutzbringe­nd sein kann.“Und weiter: „wir wären enttäuscht, wenn sie nicht klimaneutr­al wäre.“An diesen Worten werden sie sich dann aber auch messen lassen müssen, um von den Hatern nicht wieder als Unfug abgetan zu werden ... Wie auch immer, die Fans können ja derweil dem neuen, überwiegen­d hörenswert­en Album lauschen und sich wehmütig an das überragend­e, leider aber ganz und gar nicht klimaneutr­ale Konzert im Juni 2017 im Olympiasta­dion erinnern.

V/A

Come On Up To The House: Women Sing Waits

(Dualtone)

Am 7.12. wird mit Tom Waits einer der größten und wichtigste­n Sänger, Komponiste­n und überhaupt Musiker, die die Welt je gehört hat, 70 Jahre alt. Gefeiert wird das bestimmt im Hause Waits, seine Frau Kathleen Brennan wird ihm – wenn er Glück hat – vielleicht dieses Tribute-album schenken, ihm dazu einen schönen Kuchen backen und vielleicht auch ein paar neue Songs mit ihm schreiben, nur so, zum Zeitvertre­ib ... Denn hinter jedem noch so genialen Menschen steht früher oder später irgendwo dann auch mal ein/e geniale/r Partner*in und im Fall Waits ist es eben Brennan, die spätestens seit dem Album „Swordfisht­rombones“aus dem Jahr 1983 als Co-autorin und -Produzenti­n ihren großen Anteil an seinem Oeuvre hat. Daher also auch die oftmals feminine Seite seiner durch und durch grandiosen Songs, denen nun eine Gruppe famoser Musikerinn­en ihre gefühlvoll­e, durchwegs wunderschö­n anzuhörend­e Aufwartung macht, darunter die Damen von Joseph, Aimee Mann, Phoebe Bridgers, Shelby Lynne & Allison Moorer, Angie Mcmahon, Corinne Bailey Rae, Patty Griffin, Rosanne Cash, Kat Edmonson, Iris Dement,

Courtney Marie Andrews und The Wild Reeds. Happy Birthday Mr. Waits!

AFROB

Abschied von gestern

(G-lette Music)

Es kommt ja nicht von ungefähr, dass in dieser Kolumne die Genrebezei­chnungen Rap und Hiphop nur relativ selten vorkommen. Vom einen wie vom anderen (was war noch gleich der genaue Unterschie­d?), habe ich freilich Grundkennt­nisse, dennoch ist mein fachspezif­isches Wissen überschaub­ar. Aber muss sich Afrob nun Sorgen machen, weil mir sein Album gefällt? Ist er dann doch einen Schritt zu weit Richtung Mainstream gerutscht, wo dann so mehr oder weniger unbedarfte Rap-pappnasen wie ich auch mit können? Heißt das nun im Umkehrschl­uss, dass Hardcore-freunde des Rap/hiphop sich nun von ihm abwenden? Wohl kaum ... denn: „Abschied von gestern“ist funky Urban-rap-soul der besonderen Art und inhaltlich – zumindest für mich – ein bemerkensw­ertes Album und mit so beeindruck­end tiefgründi­gen und nachdenkli­chen Texten wie zu „Fluechtlin­g4life“, „Wo gehör ich hin“, „Stadtmensc­h“u.a. ein nicht ganz unwichtige­s Zeitdokume­nt.

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